Die letzten Monate haben die Verbreitung bzw. Vertiefung des Themas Workforce Analytics (WFA) – oder auch People Analytics – nicht gerade einfacher gemacht, obwohl die Ausrichtung der Ressourcen gerade aktuell sehr wichtig und von immenser Bedeutung für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit ist. Woran liegt das? Liegen zu wenig Daten vor? Fehlt es uns an ausreichender Expertise in deren Analyse? Ist die strategische Ausrichtung der Organisation unklar?

Wenn ich die jüngsten Publikationen in diesem Blog Revue passieren lasse dann überwiegen Ausführungen zu Geschäftsmodellen, zur Strategieumsetzung, sowie zu Kultur und Führung. All das ist meiner Meinung nach derzeit nicht nur von hoher Relevanz, sondern hängt direkt mit einem Fortschritt oder Rückschritt im Thema WFA zusammen. Ich verweise in diesem Zusammenhang auch auf den Beitrag vom 16. Januar 2020: Rolle des 9D-EiPA model. Also konkret: Was machen weise Innovatoren im Thema WFA anders? Ich orientiere mich im Folgenden wieder an „meiner Masteragenda„.

Grundlagen von WFA

Voraussetzung dafür, dass WFA „auf fruchtbaren Boden fallen kann“, ist das Selbstverständnis von Bereichen wie Personal und Unternehmens-/Organisationsentwicklung. Die Geschäftsbereiche forcieren ihrerseits drei D´s (Daten, Design und Digital) und erwarten eine proaktive Rolle der o.g. Bereiche. Konkret erwarten Führungskräfte und Mitarbeiter die Art an Technologieunterstützung, die sie als Verbraucher z.B. von Amazon und anderen kennen.
Für die Bereiche Personal und OE ist es jetzt entscheidend, einen auf Geschäftsauswirkungen basierenden Ansatz zu fokussieren, der sich darauf konzentriert, kommerzieller, daten- und evidenzbasierter und analytischer zu sein, um damit die Evidenzlücke zu schließen.
Die Rolle beider Bereiche besteht in der Evaluierung, proaktiven Analyse und der Entwicklung robuster Strategien, die eindeutig auf sich schnell ändernde Geschäftsanforderungen ausgerichtet sind. Dabei spielen sowohl Einkünfte und Wachstum als auch Kosten eine wichtige Rolle. Der stärkere Hebel von beiden sind neue Einnahmequellen und neue Wege zur Verbesserung der Produktivität.

Die Verbindung von WFA zu Geschäftsmodellen und zur Strategie kann m.E. einfach am 3-Horizonte-Modell von McKinsey erklärt werden. In der Strategieumsetzung spreche ich in diesem Zusammenhang auch gerne von den drei Strategiefenstern:

  • Horizont 1 bietet kurzfristig kontinuierliche Innovationen für das bestehende Geschäftsmodell und die Kernkompetenzen eines Unternehmens (Optimieren und Automatisieren).
  • Horizont 2 erweitert das bestehende Geschäftsmodell und die Kernfunktionen eines Unternehmens mit Hilfe der Digitalisierung auf neue Kunden, Märkte oder Ziele (vgl. Ansoff: Geschäftsmodell(e) ausbauen und wachsen).
    Horizont 3 schafft neue Funktionen und Geschäftsmöglichkeiten, um disruptive Gelegenheiten zu nutzen oder darauf zu reagieren (Transformation und Innovation – neue Geschäftsmodelle).

Der Versuch, ohne Plan oder Struktur eine WFA-Initiative durchzuführen, funktioniert nicht. Auch nach Studium neuerer Vorgehensmodelle (vgl. Khan/Millner, S. 220 ff.) favorisiere ich nach wie vor das 8-Step-Model von Josh Bersin [mehr Informationen], an dem sich auch Partner wie VISIER orientieren.

Stellenwert der Kultur

Das Verständnis der Organisationskultur kann Mitarbeitenden helfen, viele organisatorische Phänomene zu erklären, da Kultur entweder die organisatorische Wirksamkeit unterstützen oder beeinträchtigen kann. Es ist wichtig zu verstehen, dass Führung der grundlegende Prozess ist, durch den Organisationskulturen gebildet, verändert oder zerstört werden.
Kultur und Führung sind zwei Seiten derselben Medaille, und keine kann von sich aus wirklich verstanden werden. Mit das Wichtigste, was Führungskräfte tun können, ist die Schaffung und das Vorleben von Kultur, und es ist essenziell, dass die Mitarbeiter die zentrale Rolle des Kulturmanagements als eine ihrer strategischen Initiativen anerkennen.

Vertiefende Denkanstöße finden Sie im Beitrag „Kultur entscheidet über den Erfolg von Workforce Analytics“.

Ein Kulturprogramm dreht sich im Wesentlichen um sieben Themen, die zu berücksichtigen sind. Kontaktieren Sie mich gerne, wenn Sie mehr darüber wissen möchten.

Einstieg in WFA

Bereits in Unternehmen vorliegende Datenbestände, wie z.B. Finanzdaten sowie Lohn- und Gehaltsdaten, liefern i.d.R. weitaus mehr Erkenntnisse, als in deskriptiven Berichten abgebildet sind. Aufgrund fehlender analytischer Ansätze unter Einbindung geschäftlicher Herausforderungen werden diese Erkenntnisse leider selten transparent.

Daten allein liefern allerdings noch keine klaren Antworten. Es braucht einen Kontext, um die Daten/Zahlen/Fakten richtig interpretieren zu können. Deshalb setzen wir in unseren Unternehmensbefragungen zu relevanten Fokusthemen immer zwei Fragebögen ein: Der Kontext wird im Fragebogen „Einflussfaktoren“ ermittelt, die eigentlichen Daten im Fragebogen „Outputgrößen“.

Daten mit Kontext, Informationen und Wissen können uns Einblicke geben, um Entscheidungen zu treffen, aber es sind unsere eigenen Fähigkeiten und Weisheiten – diese tauschen wir häufig in Webinaren oder Fachtagungen aus -, die es uns ermöglichen, effektivere Entscheidungen zu treffen!

Eine an den skizzierten Erkenntnissen orientierte, organisatorische Gestaltung der Bereiche Personal und OE ist komplex und sollte den Prinzipien eines guten Organisationsdesigns folgen. In der VUCA(R)-Welt, in der wir uns befinden, funktioniert es nicht, Vorgehensweisen und Modelle anderer Organisationen isoliert zu kopieren und Organigramme zu malen.

Zur Vertiefung empfehle ich Ihnen den Beitrag „So wählen Sie den richtigen Einstieg in Workforce Analytics“.

Notwendige Fähigkeiten für WFA

Es ist bereits wichtig und es wird künftig noch wichtiger werden, eine outputorientierte und auf Wirkung ausgerichtete Denkweise zu entwickeln, welche die finanziellen Herausforderungen der Organisation berücksichtigt; z.B. Gesamtkostenergebnis, Beitragswachstum, Gesamtverzinsung.
Das isolierte Streben nach Strategie ist nicht genug; zahlreiche Bereiche haben die Verzahnung in den letzten 10-15 Jahren noch nicht erfolgreich vollzogen!
Mit der Diskussion rund um Purpose [mehr Informationen] wird seit einigen Monaten m.E. ein neuer Anlauf unternommen, um dies zu bewerkstelligen.

Dabei stehen für mich grundsätzlich folgende Fähigkeiten im Vordergrund: Neugierde, Glaubwürdigkeit, Vertrauen, Mut, Zusammenarbeit, sowie kontinuierliche Weiterentwicklung.
Diese untermauern eine evidenzbasierte Praxis, die sich auf die Wertschöpfung für die Organisation konzentriert. N. Khan und D. Millner haben hierfür ein solides Self-Assessment entwickelt.

Konkret notwendige Ausprägungen eines WFA-Experten – vgl. HCA capability wheel (Patrick Coolen, Auke Ijsselstein), Six skills for success (John Boudreau) – habe ich im Beitrag „Bauen Sie die für Workforce Analytics notwendigen Fähigkeiten auf!“ dargelegt. Sicherlich wird nicht jeder Experte alle Fähigkeiten in sich vollständig vereinen. Wichtig ist, dass das WFA-Team – nicht zwingend in einer Organisationseinheit – diese Fähigkeiten mitbringt.

Fazit

Ein weiser Innovator handelt besonnen und hat eine Strategie; d.h. er weiß, wohin er will. Er verfällt bei Innovationen nicht in Hektik, sondern prüft zügig und handelt – wenn nötig – schnell. Innovationen müssen zu den Plänen passen, nicht umgekehrt.

Bezogen auf WFA bedeutet das meines Erachtens folgendes:

  • Im Vordergrund steht ein Geschäftsproblem, das gelöst werden muss.
  • Kultur und Führung sind auf die Lösung dieses Problems ausgerichtet.
  • Gut recherchierte Hypothesen liegen vor, die dann entlang eines praxistauglichen Vorgehensmodells validiert und verifiziert werden.
  • Ein iterativer Prozess des Sammelns und Analysierens von Daten sowie dem Gewinnen von Erkenntnissen führt zur Identifizierung einer klaren Empfehlung.
  • Dafür notwendige Fähigkeiten sind unternehmensintern und/oder -extern verfügbar.
  • Prozess und Empfehlung werden mit den Stakeholdern ausführlich diskutiert.
  • Empfehlungen, die mit starken statistischen Daten und quantifizierten finanziellen Auswirkungen untermauert sind, wirken sich positiv auf die Ertragslage aus.

Ist diesen Innovatoren die strategische Ausrichtung der Organisation klarer als ihrer Vergleichsgruppe? Grundsätzlich ja; sie beginnen eine WFA-Initiative nämlich erst dann, wenn die Ausrichtung klar ist und laufen nicht „blind“ los.

Haben diese Innovatoren mehr Daten als andere vorliegen? Nicht zwingend. Sie starten erste Use Cases i.d.R. auf Basis vorhandener Daten und sammeln zusätzliche Daten nur dann, wenn es die Qualität der Empfehlung zur Lösung des Geschäftsproblems steigert (smart data statt big data!).

Haben diese Innovatoren eine höhere Expertise darin, Erkenntnisse aus Daten zu gewinnen? Zu Beginn einer WFA-Initiative häufig nicht; aber aufgrund der strategischen Ausrichtung und der damit einhergehenden Fokussierung machen sie schnellere Fortschritte und entwickeln damit über die ersten drei Jahre eine deutliche höhere Expertise als ihre Vergleichsgruppe.

Es gibt zwar keinen „One Size Fits All“-Ansatz; sehr wohl aber aus der Praxis gewonnene Erfahrungen über Erfolgsfaktoren, die unternehmensübergreifend feststellbar sind.