Diversity, Equity and Inclusion (DEI) sind aus mehreren Gründen entscheidend für die Nachhaltigkeit von Unternehmen.

Erstens fördern sie Innovation und Kreativität durch vielfältige Perspektiven und Erfahrungen. Zweitens stärken sie das Engagement der Mitarbeitenden und reduzieren Fluktuation, was die Kontinuität und Effizienz des Unternehmens fördert. Drittens verbessern sie das Image und die Reputation des Unternehmens, was Kundenbindung und Markenloyalität unterstützt. Schließlich tragen sie zur Schaffung einer gerechteren und integrativeren Gesellschaft bei, was langfristig zu stabileren und widerstandsfähigeren Gemeinschaften führt.

Gute Gründe, um in diesem Blogbeitrag anhand folgender Leitfragen tiefer in die Materie einzusteigen:

  1. Wo werden in ESRS S1 DEI-Aspekte thematisiert?
  2. Welche Erkenntnisse können aus der Analyse dieser Aspekte gewonnen werden?
  3. Warum ist eine integrative Führung im Thema DEI so wichtig?

DEI-Aspekte in ESRS S1 – Eigene Belegschaft

Mit dem Ziel der Förderung von Vielfalt sowie Gleichstellung haben Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der CSRD fallen sowie mindestens 250 Mitarbeitende beschäftigen, nach ESRS S1-9 auch bestimmte Diversitätskennzahlen offenzulegen. „Vielfalt“ im Sinne der ESRS wird definiert als Repräsentanz von:

  • Frauen und/oder
  • ethnischen Gruppen oder Minderheiten in der eigenen Belegschaft,
  • Altersverteilung in der eigenen Belegschaft,
  • Prozentsatz der Menschen mit Behinderungen in der eigenen Belegschaft.

Konkrete Angaben werden gemäß ESRS S1-9 allerdings nur zur Geschlechterverteilung auf Ebene des Topmanagements und zur Altersverteilung innerhalb der Belegschaft gefordert.

Ausgewählte interessante Erkenntnisse zur Geschlechterverteilung:

Ausgewählte interessante Erkenntnisse zur Altersverteilung:

  • Untersuchungen von Stela Lupushor zufolge positionieren sich Unternehmen, die sich für eine altersdiverse Belegschaft einzusetzen, aus im Wesentlichen drei Gründen für langfristigen Erfolg und Wettbewerbsvorteile:
    (1) Produktivere Teams – Steigerung der Gesamtproduktivität um bis zu 12 Prozent! (2) Bessere Entscheidungen – in 73 Prozent der Fälle! (3) Höhere Mitarbeiterbindung.
  • Eine Studie von Bain & Company zeigt, dass in der G7-Ländergruppe bis 2031 ältere Arbeitnehmer mehr als ein Viertel der Erwerbsbevölkerung ausmachen werden (s. Folie 3 in beiliegender Präsentation). Nur wenige Unternehmen verfügen aktuell der Studie zufolge über Programme zur Integration älterer Arbeitnehmer in ihre Talentsysteme.
  • Damals …: 2006 oder 2007, also vor knapp 20 Jahren, arbeitete ich an einem Human Capital Effectiveness Report bei PwC mit. Eines der Ergebnisse war: Ältere Mitarbeitende (55+) erzielen eine deutlich kürzere „time to full productivity“ bei gleichzeitig deutlich höherer „retention rate“. Leider konnte ich keinen Link zu diesem Bericht mehr finden.

Erkenntnisse aus der Datenanalyse

(1) Eine organisationale Netzwerkanalyse (ONA) ist nicht nur für hybride Arbeitsmodelle nützlich. Mit ONA können Fragen beantwortet werden wie z.B.:

  • Sind Männer stärker mit leitenden Führungskräften vernetzt als Frauen?
  • Haben weiße Mitarbeitende mehr Interaktionen mit ihren Vorgesetzten als nicht-weiße Mitarbeitende im selben Team?
  • Haben Mitarbeitende der Gen-Z enge Beziehungen zu ihren Millennial- oder Gen-X-Managern?

Ein Dienstleistungsunternehmen stellte mit einer solchen Analyse fest, dass Frauen weitgehend von den Netzwerken für Entscheidungsfindung, Ideenaustausch und emotionale Unterstützung ausgeschlossen waren (s. Folie 4 in beiliegender Präsentation).
Paul Rubenstein schlägt in diesem Zusammenhang vor, den Anwendungsbereich auch auf ethnische Gruppen oder Minderheiten und auf Menschen mit Behinderungen auszuweiten.

(2) Zahlreiche Unternehmen führen A/B-Tests durch, um die Wirksamkeit von DEI-Initiativen zu ermitteln. Folgende Schritte werden empfohlen:

  • Bestimmen Sie Ihr Ziel. Was ist das Problem, das Sie lösen möchten? Beispiel: Geschlechts- und rassistische Vorurteile im Beförderungsprozess reduzieren.
  • Finden Sie heraus, wie Sie den Erfolg messen können. Dabei sollten Sie eine Bestandsaufnahme aller Prozessschritte und nicht nur des Endergebnisses vornehmen, damit Sie Knackpunkte identifizieren können. Konzentrieren Sie sich auf Ergebnisse, die es Ihnen ermöglichen, Verhaltensänderungen zu quantifizieren, und nicht nur auf Gefühle oder Absichten.
  • Randomisieren Sie. Weisen Sie einige Mitarbeitende nach dem Zufallsprinzip der DEI-Initiative zu. Dies ermöglicht Ihnen einen Vergleich zwischen Gruppen.
  • Bewerten Sie Ihre DEI-Initiativen. Vergleichen Sie Ihre Behandlungsgruppe mit der Kontrollgruppe anhand der von Ihnen angegebenen Maßnahmen und prüfen Sie dann, ob Ihre Initiative bei Ihren Messgrößen etwas bewirkt hat.

(3) Der Übergang zu einer kompetenzbasierten Organisation kann zu einer weitaus integrativeren und vielfältigeren Belegschaft führen. Generative KI kann dabei den Arbeitskräftemangel lindern, indem sie qualifiziertere Kandidaten identifiziert; grundsätzlich unabhängig von Geschlecht und Alter.
Anstatt sich auf Bildungs- und Erfahrungsanforderungen zu konzentrieren, kann generative KI große Datenbanken mit Lebensläufen oder Social-Media-Profilen durchsuchen, um Kandidaten zu finden, die über die Fähigkeiten und Kompetenzen verfügen, die für eine bestimmte Stelle erforderlich sind.

Unabhängig von den skizzierten Methoden und Verfahren ist es wichtig, sich über das „WARUM“ von DEI-Initiativen im Klaren zu sein. Daraus abgeleitet stellt Shujaat Ahmad in einem lesenswerten Beitrag seinen Plan vor, der Führungskräften dabei helfen soll, Fortschritte beim „WAS“ zu bewerten und sinnvolle Veränderungen voranzutreiben.

Bedeutung integrativer Führung

Im vierten Bericht der McKinsey-Reihe „Diversity Matters“ werden sog. „Hebel“ vorgestellt, um vom Engagement zum Handeln überzugehen und dadurch den avisierten Geschäftsnutzen zu erzielen (s. Folie 5 in beiliegender Präsentation). Bei den Hebeln geht es u.a. um die Einbettung der Strategie in unternehmensweite Geschäftsinitiativen bei gleichzeitiger Anpassung an den lokalen Kontext, um die Bereitstellung angemessener Ressourcen und Unterstützung, sowie um die Reaktion auf Feedback; auch auf abweichende Meinungen.

Diese Hebel wirken als Frühindikatoren und haben einen Wirkzusammenhang zu Ergebnisgrößen resp. ESRS-Datenpunkten. Führungskräfte sollten auch im Thema DEI ein solches Vorgehen üben, Erkenntnisse gewinnen und ihr Handeln danach ausrichten. Im März 2020 habe ich hierzu einen Praxisleitfaden publiziert.

Ein McKinsey-Beispiel, um mit Hilfe quantitativer Analysen mehr Klarheit über DEI-Initiativen zu gewinnen, findet sich in Folie 6 in beiliegender Präsentation.

Inklusion ist für Führungskräfte besonders wichtig. Einer Bain-Umfrage zufolge, können dadurch im Wesentlichen drei Ziele erreicht werden:

  • Mitarbeitende, deren Unternehmen in Inklusion investiert haben, fühlen sich im Vergleich mit denjenigen, deren Unternehmen solche Investitionen nicht getätigt haben, mit dreimal höherer Wahrscheinlichkeit vollständig integriert.
  • Die Kombination von Vielfalt und Inklusion maximiert die Innovationsfähigkeit eines Unternehmens um das Vierfache!
  • Mitarbeitende mit integrativer Führung fühlen sich bei der Arbeit mit neunmal größerer Wahrscheinlichkeit vollständig einbezogen (s. Folie 7 in beiliegender Präsentation)

In einem Beitrag für HBR stellen Kimberley Lewis Parsons und Shea O’Neil Adelson ihr Konzept des Inclusive Teaming vor. Der wirkungsvollste Ausgangspunkt besteht darin, sich der Kritikermuster des Teams bewusst zu werden, diese offen zu besprechen und gezielt das entsprechende Verstärkermuster auswählen, um das Kritikermuster zu beheben. Ein Überblick über die fünf Muster, die bei Kunden am häufigsten beobachtet wurden, findet sich in Folie 8 in beiliegender Präsentation.

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Fazit

Mit dem Ziel der Förderung von Vielfalt sowie Gleichstellung in der Belegschaft und den Leitungs- und Aufsichtsgremien haben Unternehmen nach ESRS S1-9 definierte Diversitätsparameter offenzulegen. Diese ergänzen die Angabepflichten in ESRS 2 GOV-1, insbes. ESRS 2.21.

Während der Aspekt „Menschen mit Behinderungen“ Gegenstand der Offenlegungspflicht gem. ESRS S1-12 ist, wird die Darlegung von Informationen zu „ethnischen Gruppen oder Minderheiten“ gem. ESRS S1 nicht gefordert.

Die Formulierung von messbaren, quantitativen Zielen für wesentliche Diversitätsaspekte fördert i. d. R. eine geschlechter- und diversitätsorientierte Unternehmenskultur. Ein multidimensionaler und intersektionaler Managementansatz erweist sich als besonders geeignet, um Potenziale und Wirkungen der unterschiedlichen Dimensionen der Vielfalt zu erfassen und wirksam zu steuern.

DEI ist im Thema Environmental, Social, and Governance (ESG) besonders wichtig, da sie verschiedene Aspekte der sozialen Verantwortung eines Unternehmens berührt. Eine diverse Belegschaft repräsentiert eine breite Palette von Perspektiven, Hintergründen und Erfahrungen, was zu besseren Entscheidungen und langfristiger Wertschöpfung führen kann.