Aktuell beschäftigen wir uns im Detail mit den Möglichkeiten generativer KI und einem europäischen Standard für Nachhaltigkeitsreporting (ESRS) entlang der Anfang Januar 2023 in Kraft getretenen CSRD. Was bedeutet dies für People Analytics? Ist die nächste Entwicklungsstufe fällig?

Die eindeutige Antwort auf diese Fragen ist: JA. Über mehrere Reifegrade hinweg entwickelte sich People Analytics von einem deskriptiven Reporting, über Benchmarking und Dashboards in prädiktive und präskriptive Analytik:

Prädiktive Analytik

bezieht sich auf die Verwendung von Daten und statistischen Algorithmen, um zukünftige Ereignisse oder Trends vorherzusagen. Sie basiert auf historischen Daten und Modellierungstechniken, um Prognosen zu erstellen. Diese Analyseform hilft Unternehmen dabei, Muster und Trends zu erkennen.

Präskriptive Analytik

geht einen Schritt weiter als prädiktive Analytik. Sie nutzt nicht nur Vorhersagen, sondern gibt auch Empfehlungen für Handlungen und Entscheidungen, um ein gewünschtes Ergebnis zu erzielen. Diese Analyseform kombiniert prädiktive Modelle mit Entscheidungsregeln, um „was sollte getan werden?“ zu beantworten. Sie hilft bei der Optimierung von Entscheidungsprozessen.

Seien wir ehrlich: Wenngleich aktuelle Angaben variieren und von verschiedenen Faktoren wie Unternehmensgröße, Branche und technologischer Reife abhängen, sind es in der DACH-Region v.a. Großunternehmen und multinationale Konzerne in Branchen wie Automobil, Finanzdienstleistungen und Pharma, die solche Analysen bereits anwenden.

Systemische People Analytics als nächste Entwicklungsstufe?

In seinem Essay, in dem er die Entwicklung und den Fortschritt im Bereich People Analytics analysiert, behauptet Josh Bersin, dass „People Analytics erwachsen geworden ist“. Hierzu sind unternehmensweit integrierte Daten notwendig, um Entscheidungen über Ziele, nächste Schritte und Bedürfnisse Mitarbeitender zu treffen.

Systemische People Analytics (SPA) bedeutet, dass alle Daten, einschließlich der Zeiterfassung Mitarbeitender, des E-Mail-Verkehrs, Daten des Organisationsnetzwerks und der Fähigkeiten, an einem Ort in einem integrierten, metadatenzentrierten System zusammengefasst werden – soweit Datenschutzbestimmungen dem nicht entgegenstehen. In dieser Single Source of Truth würde man jede benötigte Information finden, nach jeder Dimension sortieren und filtern, nach oben und unten drillen oder in der Zeit zurückgehen können, um Trends zu erkennen.

Josh empfiehlt, eine integrierte People Analytics-Plattform zu kaufen; eine Entwicklung dauert zu lange und ist nicht zielführend. Diese neuen Systeme, die vor allem von Visier, Charthop, OneModel und CruncHR angeboten werden, sind von Grund auf so konzipiert, dass sie genau das leisten, was Unternehmen für systemische People Analytics benötigen. Diese Anbieter sind Spezialisten für die Integration von Personaldaten aus verschiedenen Quellen, für multidimensionale Analysen und für Endbenutzerberichte und -analysen.

SPA und ESRS

… hängen eng zusammen:

  1. SPA kann dazu beitragen, das Mitarbeiterengagement im Hinblick auf Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung zu messen. Dies umfasst die Beurteilung, wie engagiert Mitarbeiter in ESG-Zielen und -Praktiken sind.
  2. SPA ermöglicht es Unternehmen, Daten zur Vielfalt und Inklusion zu sammeln und zu analysieren. Dies ist ein wichtiger Aspekt der „sozialen“ Komponente von ESG.
  3. ESG-orientierte Unternehmen sind nachweislich erfolgreicher bei der Gewinnung und Bindung von Talenten. SPA kann dazu beitragen, die Leistung und Bindung dieser Talente in solchen Unternehmen stetig weiter zu verbessern.
  4. Unternehmen müssen ESG-Daten offenlegen. SPA hilft bei der Sammlung und Analyse dieser Daten, um die Berichterstattung transparent und aussagekräftig zu gestalten.
  5. SPA kann dazu beitragen, Risiken im Zusammenhang mit ESG, wie etwa sozialen Konflikten oder Menschenrechtsverletzungen, zu identifizieren und zu mindern.
  6. Insgesamt kann SPA dazu beitragen, das Management und die Umsetzung von ESG-Strategien in Unternehmen zu verbessern und die sozialen und personalbezogenen Aspekte in die Nachhaltigkeitsbemühungen zu integrieren. Dies trägt dazu bei, langfristigen wirtschaftlichen Erfolg und soziale Verantwortung zu vereinen.

Konkretes Praxisbeispiel: Die Personalleiterin eines Batterieherstellers konnte mittels SPA ihren Führungskräften in der Fertigung zeigen, dass ihre Überstundenvergütung, Bonusentscheidungen und Belohnungen völlig inkonsistent waren und im Widerspruch zu den Produktivitäts- und Qualitätsmaßnahmen in der Fertigung standen. Indem sie die Fertigungsdaten direkt mit den Personaldaten verknüpfte, konnte sie ihnen beweisen, dass sie ihre Teams falsch führen.

SPA und generative KI

… eröffnen komplett neue Potenziale:

  1. GenKI kann dazu verwendet werden, personalisierte Schulungsmaterialien oder Karriereempfehlungen basierend auf den Ergebnissen von SPA zu erstellen.
  2. SPA kann die Anforderungen an neue Mitarbeitende identifizieren. GenKI kann dann dabei helfen, personalisierte Stellenausschreibungen zu erstellen, um die richtigen Kandidat:innen anzuziehen.
  3. SPA kann Frühwarnsignale für Mitarbeiterfluktuation erkennen. GenKI kann personalisierte Anreize oder Maßnahmen vorschlagen, um die Mitarbeiterbindung zu erhöhen.
  4. GenKI kann Prozesse zur Erfassung und Analyse von Mitarbeiterdaten automatisieren, was Zeit und Ressourcen spart.
  5. SPA kann helfen, Muster der Vielfalt und Inklusion zu erkennen. GenKI kann dazu beitragen, Botschaften und Initiativen zur Förderung dieser Werte zu gestalten.
  6. In Zeiten von Veränderungen am Arbeitsplatz kann GenKI verwendet werden, um personalisierte Kommunikation für Mitarbeitende zu erstellen, während SPA hilft, die Auswirkungen auf das Personal zu bewerten.

Ein konkretes Beispiel zum Heben dieser Potenziale ist Vee, Visiers KI-gestützte Konversationsintelligenz für das Personalwesen. Vee kombiniert generative KI mit der Visier People Plattform, so dass dazu befugte Mitarbeitende einfach Fragen stellen können, um systemische Analyseinformationen zu erhalten.

Voraussetzungen für systemische People Analytics

Systemische People Analytics-Plattformen greifen auf den Kern der Transaktionsdaten selbst zu und ermöglichen es, mithilfe von Statistiken und Analysen dringende Probleme anzuzeigen, zu analysieren und darüber zu berichten, sobald sie auftreten. Entscheidende Grundlage hierfür ist eine umfassende Data Governance. Durch die Aufrechterhaltung der Datenintegrität, Datenqualität und Datenverfügbarkeit können Unternehmen mit größerer Sicherheit fundierte Entscheidungen treffen, strategische Initiativen leiten und letztlich erfolgreicher sein.

Steven Comingdeer, Head of Global People Analytics und HR Data Governor bei Accenture, definiert Data Governance wie folgt:

  • Data Governance bezieht sich auf eine Reihe von Standards, Richtlinien und Best Practices, die Unternehmen einführen, um die ordnungsgemäße Handhabung, Sicherheit und Qualität ihrer Daten zu gewährleisten.
  • Im Gegensatz dazu umfasst das Datenmanagement die Aktivitäten, die diese Standards und Best Practices unterstützen, z. B. die Identifizierung von Metadaten, die Einrichtung von Datenqualitätskontrollen, die Überprüfung von Geschäftsanforderungen, die Erstellung von Datenarchitekturdokumenten und die Unterstützung des Änderungsmanagements.
  • Data Governance und Datenmanagement gehen Hand in Hand und sind gleichermaßen wichtig, um ein wiederholbares, zugängliches und effizientes End-to-End-Datenökosystem zu fördern.

Was bewirkt eine erfolgreiche Data Governance?

  1. Standardisierung von Daten und Kennzahlen: Vereinbarte, zentral definierte Beschreibungen für Datenelemente und Kennzahlen.
  2. Operative Konsistenz: Gleich hoher Anspruch in allen Geschäftsbereichen bei der Eingabe, Formatierung und Angleichung von Datenanforderungen.
  3. Vertrauen in die Berichterstattung: Geringeres Risiko, aufgrund von schlechter Datenqualität verzerrte Schlussfolgerungen zu ziehen.
  4. Datendemokratie: Minimierung von Datensilos und Ermöglichung des Zugriffs, hochwertiger Einblicke und Analysen für alle.
  5. Schutz der Daten: Vertrauen in die Beschränkung des Zugriffs – insbesondere auf sensible Daten – auf diejenigen, die ihn haben sollten.

Durch die Konzentration auf die richtigen Investitionen, eine Kultur der Datenverantwortung, solide Prozesse und die Einbeziehung der richtigen Mitarbeitenden können Unternehmen eine Umgebung schaffen, in der Data Governance gedeiht und das Potenzial von Daten zur Wertschöpfung freisetzt.

Fazit

Das WHY von People Analytics wird u.a. damit begründet, datenbasierte Entscheidungen im Personalmanagement zu treffen, um unter Berücksichtigung relevanter Personalrisiken die Effizienz und Produktivität zu steigern. Wie wir in den letzten Monaten gelernt haben ist das nicht hinreichend. Alle ESG-Faktoren sind einzubinden. Ein gerade publizierter Artikel von Brian Eastwood befasst sich beispielsweise mit einem dreistufigen Ansatz für nachhaltige Produktivität.

Das HOW von People Analytics ist hinlänglich beschrieben und bekannt.

Mit Blick auf das WHAT von People Analytics habe ich in diesem Beitrag versucht darzulegen:

  • Prädiktive und präskriptive Analytik können Unternehmen dabei helfen, besser informierte und datengesteuerte Entscheidungen zu treffen.
  • Dafür ist eine integrierte, systemische People-Analytics-Plattform notwendig. Diese gibt Managern und ihren Analysten Echtzeitdaten an die Hand, so dass sie Probleme sofort erkennen können, ohne die Analyse zu einem „strategischen Projekt“ zu machen.
  • Damit diese Plattform ihre Potenziale entfalten kann ist ein Data Governance-Framework erforderlich, wie es beispielsweise von Alteryx zur Verfügung gestellt wird.

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