Workforce Analytics „wird scheitern, wenn HR Verantwortliche ihre Art, Dinge anzugehen und zu vertreten, nicht ändern“; so schrieb ich vor knapp vier Jahren an dieser Stelle (11.10.2013) und stellte fünf Tipps in den Vordergrund. Einige Monate später, am 3.2.2014, folgte ein sog. Leitfaden. Was hat sich seitdem getan? Welche Erfahrungswerte haben wir seitdem hinzugewonnen?

Am 4. August publizierte ich im ersten von vier Teilen den Beitrag „Wir sollten die Grundlagen von Workforce Analytics verstehen“. Hierbei ging es mir v.a. um die Grundlagen im Thema Workforce Analytics. Bevor man mit einer WA-Initiative startet sollte man diese gründlich durchdenken und erst dann entscheiden, ob man eine Initiative startet, oder nicht.

In diesem zweiten Beitrag stehen einige Impulse im Vordergrund, wie man mit dem Thema Workforce Analytics beginnen sollte.

Geben Sie die Richtung vor

Bevor Sie loslegen, suchen Sie sich eine „ruhige Ecke“ und schauen Sie sich an, was alles bereits vorliegt; z.B. an Daten, Technologien, Prozessen und Mitarbeitenden. Hören Sie zu; insbesondere den Menschen, die Ihnen die Aufgabe übertragen haben. Nehmen Sie sich Zeit, über Ihre Langzeitziele nachzudenken. Erstellen Sie einen Entwurf Ihrer Vision und Mission; diskutieren Sie diese mit einflussreichen Personen im Unternehmen. Tauchen Sie nicht „blind“ und hektisch in die erste WA-Initiative ab, sondern bauen Sie ein stabiles, tragfähiges Fundament.

Nun halten Sie nach möglichen Projektsponsoren Ausschau. Hierauf bin ich bereits im Beitrag „Fünf Tipps zum Einstieg“ eingegangen. Verwenden Sie dabei das Schneeballprinzip und sprechen Sie mit möglichst vielen Menschen. Fragen Sie diese nach weiteren Gesprächspartnern und nehmen Sie deren Empfehlungen bewusst auf. Auf diese Weise erhalten Sie weiteres „Rohmaterial“ für Ihre Vision und Mission.

Bauen Sie nun Ihre Beziehungsnetzwerke aus. Je mehr Konversationen Sie mit potenziellen Projektsponsoren frühzeitig haben, desto wahrscheinlicher werden Sie in der Lage sein, gute Projekte von wirklich außergewöhnlichen Projekten zu trennen. Diese Gespräche werden dazu beitragen, dass Sie die Informationen erhalten, die Sie benötigen, um Projekte zu priorisieren, welche eine klare Sichtverbindung von der geschäftlichen Ausgangsfrage zu den Auswirkungen auf das Geschäft haben.

Aus diesen Gesprächen werden Sie im Wesentlichen sieben Antriebskräfte der Nachfrage nach Workforce Analytics identifizieren (Seven Forces of Demand). Diese kann ich des Umfanges wegen an dieser Stelle nur nennen; in den Tagungen und Workshops der STRIMacademy werden diese ausführlich vertieft:

  • Wunsch nach einem Wettbewerbsvorteil,
  • Anfragen kommen top down,
  • regulatorische Anforderungen,
  • Notwendigkeit der betrieblichen Effizienz,
  • Druck zur Kostenreduktion,
  • Bedenken einer humanistischen Natur, und
  • Workforce Analytics für die Personalfunktion.

Der Aufbau eines WA-Teams findet also von außen (Stakeholder, Projektsponsor, etc.) nach innen statt. In einer CANVAS-Logik würde man von rechts nach links vorgehen. Viele fangen immer noch mit Strukturen und Prozessen an, ohne die o.g. Antriebskräfte verstanden und verinnerlicht zu haben.

Verwenden Sie die Vision und Mission Statements, um die Identität Ihrer Funktion dem Team und der breiteren Organisation zu kommunizieren und Ihre Projekte zu priorisieren.

Tauschen Sie sich intensiv mit den Stakeholdern aus

Stakeholder sind auf verschiedenen Ebenen in der Organisation tätig, sogar ausserhalb organisatorischer Grenzen. Obwohl es eine Tendenz gibt, sich auf diejenigen zu konzentrieren, die höher in der Hierarchie angesiedelt sind, insbesondere solchen, die Finanzierungsentscheidungen kontrollieren oder beeinflussen, ist es ebenso wichtig, die Beziehungen zu Einzelpersonen und Teams zu pflegen, von denen Sie in gewisser Weise abhängig sind; z.B. mit Blick auf Daten, Fachwissen, sowie Umsetzung von Massnahmen. Haben Sie zudem die Mitarbeitenden „im Auge“, deren Arbeitsumgebungen sich durch Ihre Projekte ändern werden.

Drei wesentliche Kategorien sind damit zu unterscheiden:

  • Kunden (Stakeholders Served): Führungskräfte im Personalwesen, Führungskräfte in den Geschäftsfeldern, obere Führungskräfte, Mitglieder des Kaders, Geschäftsführung und/oder Vorstand sowie Aufsichts- resp. Verwaltungsrat.
  • Menschen, von denen Sie abhängig sind (Stakeholders Dependent On): Eigentümer von Daten und Informationen, Technologieinhaber, die Rechtsabteilung, die Finanzabteilung, Sachverständige, sowie Gewerkschaften und Betriebsräte.
  • Diejenigen, deren Arbeitsumgebung und/oder Berufserfahrung sich infolge Ihrer analytischen Empfehlungen verändern werden (Stakeholders Impacted): Mitarbeitende und Führungskräfte.

Erzielen Sie einen Quick Win

Nach den beiden vorgenannten Schritten ist es nun an der Zeit, diejenigen Projekte auf einer Shortlist zu notieren, die sich auf die KPIs Ihrer Organisation beziehen und auf die Art und Weise, wie Menschen diese Indikatoren beeinflussen. Für die schlussendliche Auswahl empfiehlt sich eine Vier-Felder-Matrix mit den zwei Achsen „Niveau der erwarteten Auswirkungen“ und „Höhe involvierter Komplexität“; eine sog. Komplexitäts-Wirkungs-Matrix.

Komplexität kann an fünf Faktoren festgemacht werden: Unternehmenspolitik, Fähigkeiten, Daten, Technologie und Umsetzung; (Aus-)Wirkung an drei Faktoren: RoI, Zeitplanung und Opportunitätskosten.

Die Initiierung eines Projektes mit moderaten bis hohen Auswirkungen macht am meisten Sinn; ein Projekt, das nicht mindestens eine moderate Wirkung hat, wird wahrscheinlich unbemerkt bleiben. Ein Projekt mit geringer bis mittlerer Komplexität ist auch ein guter Kandidat; hochkomplexe Projekte nehmen mehr Zeit in Anspruch, und Stakeholder könnten am Ende fragen, warum das Projekt so lange dauert.

Dieser Matrix folgend ist ein Quick Win also ein Projekt mit niedriger bis mittlerer Komplexität und moderaten bis hohen Auswirkungen.

Fazit

In diesem zweiten von vier zusammenhängenden Beiträgen zum Thema Workforce Analytics ging es mir v.a. um den richtigen Einstieg. Die „Key Take-Aways“ sind:

  • Um langfristig erfolgreich zu sein müssen Sie langsam starten!
  • Anstatt eine Funktion als reif zu betrachten, weil sie eine bestimmte Art von Analytics verfolgt
    [mehr], ist eine Funktion reif, wenn sie das Geschäft in der Art und Weise, die das Unternehmen benötigt, bedienen kann.
  • Der Grund, warum Workforce Analytics in der Vergangenheit in HR gestoppt hat, ist, weil es keine Stakeholder aus dem Geschäft gab. Wenn es diese nicht gibt, dann ist Workforce Analytics zwar interessant, aber unwesentlich.
  • Vergessen Sie das HIPPO-Prinzip: highest-paid person´s opinion is the most important.
  • Seien Sie sich der Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen bewusst und binden Sie juristisches Fachwissen mit ein.
  • Entwickeln Sie einen nach Zielgruppen segmentierten Kommunikationsplan und treiben Sie dessen Umsetzung aktiv voran.
  • Meist sind Kostensenkungen schneller zu realisieren als Produktivitätsgewinne. Daher könnte die Fokussierung von Quick Wins auf Kostenreduktion sinnvoll sein.

Der dritte Beitrag handelt von notwendigen Daten, Technologien und Fähigkeiten. Im vierten und letzten Beitrag gehe ich auf den Aufbau einer Analytics-Kultur ein.