Zusammenfassung: Eine Analytics-Initiative ist ein multidisziplinäres Programm, geht einher mit externer und interner Evidenz, erzielt seine Durchschlagskraft durch Kausalitäten und prognostizierende Analysen und richtet die Optimierung entlang von Frühwarnindikatoren messbar nach RoI-Gesichtspunkten aus.

 

Schlagwörter: Evidenz, KPI, Scorecard, Benchmarking, Kausalität, Kausalzusammenhänge, Data Mining, Prognose, Regressionsanalyse, Leading Indicators, Measurement Map

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In meinen Blogbeitrag „Fünf Tipps zum Einstieg in HR Analytics“ vom Oktober 2013 bin ich auf Gründe eingegangen, warum (leider) zahlreiche Unternehmen bisher keine Analytics-Initiative gestartet haben oder diese nicht mit voller Überzeugung umsetzen. Im Folgenden möchte ich deshalb einen praxiserprobten Leitfaden vorstellen und darum werben, diesen mutig anzuwenden. Bitte teilen Sie Ihre Fragen bzw. Ihre Erfahrungen mit mir und den LeserInnen dieses Beitrags, indem Sie mit Kommentaren nicht geizen. Bereits an dieser Stelle lade ich Sie sehr herzlich dazu ein!

Folgende Fragen stehen in diesem Beitrag im Vordergrund:

  • Warum sollte man jetzt mit (HR) Analytics beginnen?
  • Was ist beim Start einer Analytics-Initiative zu beachten?
  • Welches Vorgehen hat sich in der Praxis bewährt?

Bevor ich auf diese Leitfragen eingehe sind mir folgende Anmerkungen wichtig:

(1) Eine Analytics-Initiative ist kein IT-Projekt, auch wenn „big data“ darin eine Rolle spielen. Analytics ist eine Komponente eines „evidenz-basierten Managements“. Hierauf bin ich im Februar 2013 in meinem Blogbeitrag „Evidenz-basiertes Handeln tut Not!“ eingegangen. Jac Fitz-enz definiert Analytics wie folgt: „Analytics is a mental framework, a logical progression first and a set of statistical tools second.“ Pfeffer und Sutton ergänzen: „If taken seriously, evidence-based management can change how every manager thinks and acts. (…) understanding the dangerous half-truths that constitute so much conventional wisdom about management, and rejecting the total nonsense that too often passes for sound advice will help organizations perform better.“

Daten sind dabei Mittel zum Zweck. Der eigentliche Zweck besteht darin, bei Investitionen in Humankapital bessere Entscheidungen zu treffen! (vgl. Blogbeitrag „Messen Sie noch, oder entscheiden Sie schon?„)

(2) Die Beteiligten sollten als Team ein Set an Fähigkeiten mitbringen; ohne diese wird die Initiative nicht gelingen. Lt. Davenport, Harris und Morison (vgl. Analytics at Work) gehören hierzu quantitative und technische Fähigkeiten, geschäftlich-inhaltliches Wissen und Wissen über Wirkzusammenhänge, betriebliche Netzwerke, Coaching und Mitarbeiterentwicklung.

(3) Aus den bisherigen Erfahrungen möchte ich folgende Stolperfallen hervorheben:

  • Messen was wichtig ist und nicht, was leicht zu messen ist. So liefert eine Scorecard beispielsweise keine Einsicht darüber, warum Kennzahlen wichtig sind, welche auszuwählen sind, oder was sie bezogen auf Wertschöpfung aussagen.
  • Im Gegensatz zu Benchmarking gibt HR Analytics Aufschluss darüber, wie individuelle und organisatorische Leistungsfähigkeit gesteigert werden kann. Benchmarking misst „nur“ Effizienz.
  • Um einzigartige, mitarbeiterbezogene Treiber für Geschäftsergebnisse zu identifizieren, ist eine individuelle, unternehmensbezogene Analyse notwendig („interne Evidenz„). Es gibt keine „one-size-fits all“-Lösung.
  • Wenn die perfekte Lösung nicht möglich ist, dann ist dies keine Entschuldigung dafür, die weniger perfekte, trotzdem gute Lösung nicht umzusetzen.
  • HR Analytics ist keine isolierte Initiative des Personalwesens, sondern eine multidisziplinäre Aktivität mit zahlreichen Beteiligten innerhalb und sogar ausserhalb des Unternehmens.

 

Leitfaden für Analytics-Initiativen

Warum sollte man jetzt damit beginnen? Bei der Beantwortung dieser Frage stehen für mich zwei Gründe im Vordergrund:

  1. Die entwickelten Hochlohn-Länder gründen ihre Wettbewerbsstrategien auf ein einzigartiges Human Capital Management. Das Humankapital muss hoch profitabel eingesetzt werden; dies in einer VUCA world und deshalb einer Kultur hoher Agilität und Innovation (vgl. Blogbeitrag vom März 2013 „Mit Analytics zu mehr Agilität und Innovation„). Hierzu sind neue Denkweisen notwendig, alte Denkmuster sind wertlos.
  2. Bisher verwendete Kennzahlen, wie z.B. Kopfzahlen, Vergütung und Zusatzleistungen sowie Fluktuation, reichen in einer Welt hoher Rechenschaftspflicht nicht mehr aus. Sie gehen nicht weit genug, um Wert für Aktionäre zu schaffen bzw. nachzuweisen und um Entscheidungen auf Mitarbeiterebene mit Zielen auf Unternehmensebene abzugleichen. Um dies zu bewerkstelligen ist es notwendig, sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse und Modelle einzulassen und sich mit Frühwarnindikatoren, wie z.B. der Bindung von Leistungsträgern, dem Commitment der Mitarbeitenden oder der Führungskultur (vgl.: Führungskultur der Daimler AG), zu befassen; sei es in Form von Korrelationen oder – wenn möglich – von Kausalzusammenhängen. Auf diese Weise kann Verhalten prognostiziert und Nachfrage in Humankapitalinvestitionen über das Jahresbudget hinaus sinnvoll allokiert werden.

Was ist beim Start einer Analytics-Initiative zu beachten?

  • Nach Durchführung der strategischen Analysen – an anderer Stelle bereits erläutert – muss die strategische Ausrichtung klar sein. Hierunter verstehe ich einen Plan, der explizit und entlang definierter Kennzahlen geplante/aktuelle Investitionen in Humankapital mit strategischen Unternehmenszielen verbindet. Diese Anpassung ist dann erfolgreich, wenn die relevante Unternehmensfunktion (z.B. HR) die Geschäftsziele versteht und nachweislich messbar unterstützt. Man nennt diese Ausrichtung auch „the chain of evidence“.
    • Stakeholder sind in diesen Plan einzubinden; dies, um von deren Inputs zu profitieren und um deren buy-in sicherzustellen.
    • Ich empfehle  die Formulierung von Hypothesen. Diese helfen dabei, den Plan zu konkretisieren und relevante Daten (nicht: verfügbare Daten!) zu identifizieren.
    • Jac Fitz-enz fasst diese Inhalte mit „screening“ zusammen; The Conference Board subsumiert darunter „assess situation“ und „analyze maturity“.
  • Nun kommt ein ganz wesentlicher Schritt, nämlich die Einbindung externer Evidenz; ein Alleinstellungsmerkmal der STRIM. Hierbei stellen wir fundierte wissenschaftliche Kenntnisse sowie verallgemeinerbare Ursache-Wirkungs-Beziehungen zur Verfügung und reichern damit die HR Analytics-Initiative an. Gemeinsam mit ORACLE Corp. arbeiten wir in diesem Jahr auch an der technischen Umsetzung dieser externen Evidenz für die DACH-Region.
    • Einen Einblick in diese externe Evidenz habe ich im letzten Blogbeitrag „Messen Sie noch, oder entscheiden Sie schon?“ gegeben.
    • Von zentraler Bedeutung hierbei ist die Berücksichtigung sog. Leading Indicators. Hiermit können frühe Kurskorrekturen eingeleitet werden, um das gewünschte Geschäftsziel zu erreichen. Leading Indicators sind typischerweise nicht-finanzielle Werte, die als Frühwarnindikatoren für finanzielle Werte, wie z.B. Kosten einer Einstellung, herangezogen werden.
    • Die Zusammenführung externer und interner Evidenz im Rahmen einer Initiative nennen wir kollektive Intelligenz.

Welches Vorgehen hat sich in der Praxis bewährt?

  • Halten wir an dieser Stelle fest: Eine HR Analytics-Initiative wird nur dann erfolgreich verlaufen, wenn die einleitenden Anmerkungen (kein IT-Projekt, Set an Fähigkeiten, etc.) berücksichtigt und die ersten Schritte (strategische Ausrichtung, Stakeholder, Hypothesen, externe Evidenz, etc.) methodisch einwandfrei durchlaufen weden. Ein anderer Einstieg führt zur Verschwendung von Ressourcen!

Folgende Arbeitsschritte schliessen sich nun an:

  • Ein auf oben skizzierter Basis entwickelter Measurement Plan beinhaltet im Wesentlichen folgende Komponenten: Beschreibung der wesentlichen Eingriffe seitens HR in die Organisation, die formulierten Hypothesen, relevante Kennzahlen und Datenquellen, Beteiligte in der HR Analytics-Initiative, interne und externe Variablen mit Auswirkungen auf die individuelle und organisatorische Leistungsfähigkeit, die Measurement Map, den Projektplan und den Kommunikationsplan.
    • Um Kausalitäten zu etablieren und die Auswirkungen zu analysieren, müssen die Verbindungen messbar sein. Die Measurement Map besteht deshalb aus den Eingriffen / Investitionen in Mitarbeitende, den Leading Indicators (Frühwarnindikatoren), den Geschäftsergebnissen sowie den strategischen Zielen.
    • Diese Measurement Map ist besonders wichtig für Entwicklungspläne sowie für Halbjahres- oder Jahresfeedback- resp. -zielerreichungsgespräche.
    • Jac Fitz-enz fasst diese Inhalte mit „planning“ zusammen; The Conference Board subsumiert darunter „find cause (domains)“ und „define analytical approach“.
  • Nun beginnt die Kommunikation und die Umsetzung im Rahmen der HR Analytics-Initiative. Die Umsetzung – in der angehängten Präsentation u.a. als „Continuum of Human Capital Analytics“ dargestellt – ist sehr vielschichtig und kann unterschiedliche Reifegrade beinhalten.
    • Zu beachten ist die Unterscheidung in Korrelationen und Kausalitäten. Korrelationen mögen nützlich sein, um den Grad einer Beziehung zwischen zwei Variablen abzuschätzen; dies erlaubt jedoch noch keine Prognose! Dahinter stehen v.a. Clusteranalysen und Regressionsanalysen, für deren Umsetzung eine Korrelation absolut notwendig ist.
    • Bei Kausalitäten werden mehrere Bereiche unterschieden, so z.B. Fehlzeiten, Kündigungen, Arbeitsleistung und Entwicklungsprogramme. Hierauf bin ich im letzten Blogbeitrag „Messen Sie noch, oder entscheiden Sie schon?“ detailliert eingegangen.
    • Jac Fitz-enz fasst diese Inhalte mit „production“ zusammen; The Conference Board subsumiert darunter „execute & optimize“.
  • In der Endausbaustufe, der Optimierung, spielt der Return on Investment (RoI) eine zentrale Rolle. Optimierung hat nämlich immer etwas mit Prognose zu tun. Eine präskriptive Analyse im Sinne der Strategieimplementierung identifiziert, wo Investitionen am dringensten nötig sind und wie diese intelligent – im Sinne eines hohen RoI – allokiert werden sollten.
    • Optimierung beinhaltet Segmentierung; ein Aufsplitten der Auswirkungen z.B. entlang demografischer Merkmale, um nachvollziehen zu können, wo die geringsten und wo die höchsten Auswirkungen erzielt werden.
    • Optimierung beinhaltet Vermischung (mixture); ein Aufsplitten komplexer Programme in kleinere Teile hilft herauszufinden, welche Teile den besten RoI liefern und wie diese Teile kombiniert werden sollten, um Synergieeffekte zu nutzen.
    • Optimierung beinhaltet Sättigung (saturation); wir haben es mit rückläufigen Grenzerträgen, mit Trendwenden und mit sog. „Schwellen“ zu tun.
    • Optimierung beinhaltet metrische Wechselwirkung (metric interaction); Maßnahmen wirken sich möglicherweise – positiv wie negativ – nicht nur auf eine Outputgrösse/KPI aus, sondern auf mehrere.
    • Optimierung beinhaltet eine Zeitachse; eine Unterscheidung in „vor der Investition“ und „nach der Investition“ ist nicht ausreichend. Manche Investitionen rechnen sich lange Zeit, andere verlieren ihre Wirkung bereits nach kurzer Zeit. Hierzu gehören beispielsweise Motivationsmassnahmen.
    • Jac Fitz-enz fasst diese Inhalte mit „prediction“ zusammen; The Conference Board subsumiert darunter „integrate results“ und „invest & evaluate“.

Die nachfolgende Präsentation fasst die Kernaussagen des Leitfadens für Analytics-Initiativen für Sie zusammen.

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Fazit

Das Nutzenversprechen, das ein Unternehmen geschaffen hat, hat sich verschoben. Der Wert eines modernen Unternehmens liegt in den immateriellen Vermögenswerten, die meisten davon sind dem Humankapital in der einen oder anderen Form zuzuordnen: Erfahrung, Kundenbeziehungen, Arbeitgebermarke, geistiges Eigentum, Unternehmenskonzepte und -modelle.

Ziel dieses Leitfadens für eine (HR) Analytics-Initiative ist es, glaubwürdige Beweise zu präsentieren und in die Lage versetzt zu werden, Strategien und Grundsätze dahingehend zu verändern, um mit Hilfe intelligenter, d.h. rendite- und risikoorientierter, Investitionen in Humankapital die Geschäftsergebnisse zu verbessern. Je klarer und einfacher die konkreten Investitionsentscheidungen resp. Eingriffe dargestellt werden, umso mehr steigen die Chancen zu überzeugen. Jac Fitz-enz fasst dieses Ziel mit dem Satz zusammen: „Manage tomorrow, today.“

Wie in diesem Blogbeitrag und auch in den vorherigen bereits herausgestellt, bildet ein evidenz-basiertes Handeln die notwendige Grundlage für ein solches Vorgehen und damit für nachhaltigen Unternehmenserfolg.

Hier finden Sie noch weitere Informationen resp. Beiträge zum Thema:

Was meinen Sie dazu? Wie stehen Sie zu folgenden Leitfragen:

  • Wie beurteilen Sie den vorgestellten Leitfaden für Analytics-Initiativen?
  • Wo sehen Sie Ihr Unternehmen entlang des „Continuum„: Bei Scorecards & Dashboards, bei Benchmarks, bei Causation, bei Predictive Analysis?
  • Welchen Nutzen verbinden Sie mit einem evidenz-basierten Handeln?
  • Welchen Reifegrad würden Sie Ihrem Unternehmen zuordnen: (1) aspirational, (2) experienced, (3) transformed? Bitte begründen Sie diesen Reifegrad in Verbindung mit descriptive, predictive und prescriptive analytics.
  • Bitte geben Sie im Kommentar kurz Auskunft zur Unternehmensgrösse!