Die Frage „Welche Auswirkungen hat Maßnahme A oder B auf den Geschäftserfolg?“ ist nicht nur legitim, sie ist wichtig. Gerade habe ich mich intensiv mit dieser Frage im Zusammenhang mit der Entwicklung von Führungskräften auseinandergesetzt. Zunehmend stellt sich diese Frage auch für die Berufsausbildung; soziale Verantwortung ist hierbei zu wenig.

Unternehmensleitungen fragen konkret:

  • Wie wirken sich personelle Engpässe in finanzieller Hinsicht aus?
  • Rechnet sich die Berufsausbildung? Wo – Berufen, Regionen, Teilprozessen, etc. – rechnen sie sich nicht?
  • Erreichen wir den RoI im 2. oder im 3. Ausbildungsjahr? Oder gar erst danach?
  • Welche guten BewerberInnen verlieren wir an welche Wettbewerber? Warum?
  • Was kostet uns ein Messeauftritt, eine Anzeige, etc. und welcher Nutzen steht diesen Maßnahmen gegenüber?

Sie alle kennen die Herausforderungen in der Ansprache, der Rekrutierung und der Bindung von Mitarbeitenden, speziell Berufseinsteigern, zur Genüge. Ich möchte im Rahmen dieses Beitrages, der auch als Grundlage für meinen Vortrag bei der 15. DGFP Jahrestagung Personalcontrolling am 11. November 2014 in Frankfurt dient, deshalb einen 3-Punkte-Plan vorstellen und als Praxisleitfaden für eine nachhaltig erfolgreiche Nachwuchsplanung empfehlen:

  1. Ohne Transparenz keine Planung
  2. Ohne Logik keine Kennzahlen
  3. Ohne Frühindikatoren kein Erfolg

Die nachfolgende Präsentation ist ein Auszug meines Vortrages bei der 15. DGFP Jahrestagung Personalcontrolling am 11. November 2014 in Frankfurt.

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Ohne Transparenz keine Planung

Dass Mitarbeitende nicht nur Kostenstellen darstellen, sondern auch Wertbeitragsfaktoren, ist hinlänglich bekannt. Trotzdem sind sie für einige Aufgaben – auch in der Berufsausbildung – zu teuer und erwirtschaften (leider) keine Rendite. Budgets können nicht immer nur eine Richtung kennen, nämlich nach oben. Unsere Azubi-Benchmarks – siehe auch: „Passt HR Benchmarking noch in die Zeit?“ – zeigen deutliche Effizienzsteigerungspotenziale auf; deshalb auch unser 2014er Motto: „Fastenkur 2.0 beim Talent Sourcing„. Die diesjährigen Foren der STRIMacademy machen mir Mut, wenngleich ich Jahr für Jahr erlebe, wie schwer sich viele Unternehmen noch damit tun, die dringend notwendige Transparenz aufzubauen. Leistungskataloge, Checklisten, Befragungsformate, etc. liegen zur Anwendung bereit.

Der wachsende Druck zur Ökonomisierung ist auch in der Berufsausbildung angekommen. Kennen Sie die Kostentreiber in der Berufsausbildung (80:20-Regel!)? Wie hoch sind die Bruttokosten p.a. pro Auszubildendem bzw. pro dual Studierendem? Wie hoch deren Erträge p.a.?

Berufsausbildung ist eine betriebliche Investition, eine Investition in Humankapital. Diese unterliegt RoI-Annahmen und -Erwartungen und sollte, ja muss daher in die Planung und in das Controlling mit einfließen. Der zugrunde liegende Bildungsbedarf wird aus der Unternehmensstrategie und der relevanten Segmentierung der Belegschaft (siehe: „Managing the Total Workforce„) abgeleitet. In diesem Zusammenhang spielen auch die Reifegrade der Strategischen Personalplanung (siehe: „Five Years of Strategic Workforce Planning Research: What Have We Learned?“) eine wichtige Rolle, wonach nicht nur interne Mitarbeiter, sondern alle an der Wertschöpfung Beteiligte mit einzubeziehen sind. Diese Erkenntnisse haben Einfluss auf die Ermittlung künftiger Bildungsbedarfe eines Unternehmens.

Ohne diese Transparenz hinsichtlich des Bildungsbedarfs entlang „ökonomischer Leitplanken“ machen Planung, Auswahl und Gestaltung, Durchführung, Erfolgskontrolle und Gesamtbewertung der Berufsausbildung keinen Sinn.

Ohne Logik keine Kennzahlen

Die Grundgedanken hierzu habe ich bereits in meinen Blogbeiträgen „Neues Geschäftsmodell für die Berufsbildung“ und „Die Talent Sourcing Canvas“ ausführlich dargelegt. Bevor Kennzahlen, Big Data und IT-Systeme überhaupt eine Rolle spielen geht es ausschließlich um Logik, nämlich die Frage: Was sind die entscheidenden Wirkungszusammenhänge?

Ohne eine geeignete Logik ist es unmöglich zu wissen, wo man nach Erkenntnissen zu suchen hat. Das logische Element jedes Messsystems bietet die „Geschichte“ hinter den Verbindungen zwischen den Zahlen einerseits und den Auswirkungen und Ergebnissen andererseits (siehe auch: „Messen Sie noch, oder entscheiden Sie schon?„). Ohne diese Logik entstehen häufig Systeme, Dashboards, etc., die technisch solide sind, inhaltlich aber wenig Sinn ergeben für diejenigen, die sie anwenden wollen.

Wenn diese Logik steht beginnt die Zielgruppensegmentierung (z.B. entlang Schultypen, Berufsgruppen); dies ist gleichzeitig der Ausgangspunkt der Talent Sourcing Canvas. Analysen zu relevanten Zielgruppen/SchülerInnen und Wettbewerbern sind neben internen (SWOT-)Analysen notwendig für die Value Proposition., dem zentralen Baustein der Canvas.

Diese Talent Sourcing Canvas dient somit der Definition des Geschäftsmodells in der Berufsausbildung. Erst auf einer solchen Basis macht es Sinn, über Strategien – diese wenden die Regeln des Geschäftsmodells konkret, individuell und situationsbezogen an -, über deren Operationalisierung und über deren Messbarkeit in Verbindung mit Kennzahlen zu sprechen! (siehe: „Mit Leitlinien den Nebel durchdringen„). Nach unseren diesjährigen Befragungsergebnissen bleibt diese Entwicklung nicht nur stecken, sondern ist sogar rückläufig (siehe: Studie 2014 „SINN-volles Recruiting 2.0 – Strategie statt Likes!„, S. 76 ff.). Auch in der Berufsausbildung gilt: Wenn du nicht weißt, wohin du willst, ist jeder Weg falsch.

Ohne Frühindikatoren kein Erfolg

Zu dem von mir vertretenen evidenz-basierten Handeln gehören immer eine interne und eine externe Perspektive.  V.a. auf die externe Perspektive bin ich ausführlich im Beitrag „Fachkräftemangel und die Rolle von Arbeitsmarktdaten“ eingegangen. Personalcontroller – allgemein gesprochen – haben entlang der im Wesentlichen drei Reifegrade ihrer Funktion noch einen weiten Weg vor sich. Einen kritischen Beitrag hierzu habe ich – nachzulesen in: „Kann Personal Controlling?“ – erst kürzlich veröffentlicht.

Neben pädagogischen Frühindikatoren, wie z.B. Prüfungsergebnissen in der Abschlussprüfung und ev. Zwischenprüfungen, Zeugnisnoten in der Berufsschule und Beurteilungen aus den Fachbereichen und im innerbetrieblichen Unterricht, spielen betriebswirtschaftliche Frühindikatoren eine zunehmende Rolle. Hierzu gehören Übernahmequoten nach der Berufsausbildung sowie die Verweildauer der Ausgebildeten im Unternehmen (Employability).

Entlang (unternehmensintern und -extern) nachgewiesener und quantifizierter Wirkzusammenhänge dieser Frühindikatoren untereinander (leading indicators) sowie von den Indikatoren hin zu Finanzdaten (Rendite, Wertschöpfung, etc. – lagging indicators) werden nun – mittels multivariater, statistischer Verfahren – wenige, sog. steuerungsrelevante Kennzahlen für die Berufsausbildung identifiziert. Diese haben einen erkennbaren Zielbezug, sind standardisiert, werden regelmäßig erhoben und in Systemen abgebildet.

Zusammenfassende Kernaussagen

  • Die betriebliche Bildung hat einen Beitrag zur betrieblichen Wertschöpfung zu leisten
  • Die Aus- und Weiterbildung – sowohl bei Berufseinsteigern als auch bei bereits langjährig tätigen Führungskräften – macht sich am „Produkt-„Nutzen und zuordenbaren Kosten fest.
  • Beide – (Berufs-)Ausbildung und Weiterbildung – orientieren sich vermehrt an Branchen- oder Unternehmensstandards und werden miteinander verzahnt.
  • Vor diesem Hintergrund nehmen duale Studiengänge (in Deutschland) mit Bachelor-Abschluss, auf die Berufsausbildung aufbauende berufsbegleitende Studiengänge (Beispiel: FESTO Bildungsfonds) sowie Markt-Entwicklungen (Beispiel: Duales Studium in China – bei Interesse bzw. für weitere Informationen bitte bei mir melden!) zu.
  • Diese Bildungs-Produkte stellen eine Problemlösung dar; wenn nicht, dann erleben PE-Maßnahmen weiterhin konjunkturabhängige Achterbahnfahrten.

Was ist Ihre Meinung?

  • Was halten Sie von meinem 3-Punkte-Plan?
  • Wie gestalten Sie die bedarfsorientierte Ausbildungsplanung?
  • Welche steuerungsrelevante Kennzahlen haben für Sie hohe Bedeutung?

Ich freue mich auf Ihre Kommentare und Anregungen zum Thema „Nachwuchsplanung – ein Praxisleitfaden„.