In den vorangegangenen Blogbeiträgen – beispielsweise in: Kann Personal Controlling?, in: Innovationsstrategien und Innovationskultur oder in: Neues Geschäftsmodell für die Berufsbildung – habe ich mich im Wesentlichen mit der Innensicht von Unternehmungen beschäftigt. Dies ist auch notwendig, jedoch bei Weitem nicht hinreichend.
Neben der Betonung eines evidenz-basierten Handelns unter Einbindung von Studien, Fachbeiträgen, etc. geht es mir auch um die Einbindung externer strategischer Analysen in den jeweiligen Unternehmenskontext. In diesem Blogbeitrag stelle ich deshalb zwei zentrale Fragen zur Diskussion:
- Wie wirken sich bevorstehende Belegschaftsengpässe auf den Unternehmenserfolg aus?
- Bei welchen Fragen können externe Daten helfen Antworten zu geben?
Belegschaftsengpässe und Unternehmenserfolg
Die Verrentung der Babyboomer wird einen Fachkräftemangel in den reifen Volkswirtschaften auf der ganzen Welt auslösen. Diese Anspannung der Arbeitsmärkte wird stärker ausfallen als es die meisten Ökonomen vorherzusagen. Ihre Auswirkungen – höhere Löhne, niedrigere Gewinne – werden akut sein und die nächsten 15 Jahre anhalten.
Im aktuellen, weltweiten Labor Shortages Index von The Conference Board führt Deutschland die Rangliste an! „Germany faces the largest risk of labor shortages among 32 countries compared, based on negative projected labor-force growth and an unemployment rate already below the natural level. Germany’s highly integrated Central European neighbors – including Hungary, Poland, Austria, Slovakia, and the Czech Republic – face risks nearly as high“.
Österreich liegt derzeit auf Platz 9, die Schweiz auf 13. Die Auswirkungen auf Unternehmen und die Makroökonomie sind u.a. folgende:
- Es wird schwieriger, qualifizierte Mitarbeiter zu finden.
- Infolge von Pensionierungen geht Wissen verloren.
- Bindungsraten werden weiter abnehmen.
- Vergütungen werden mitunter rasant zunehmen.
- Unternehmensgewinne stehen aufgrund steigender Arbeitskosten und Kündigungen unter Druck.
- Die verfügbaren Belegschaften müssen die Anzahl ihrer Arbeitsstunden erhöhen und produktiver arbeiten.
- Die Rekrutierungsintensität wird gesteigert.
- Die Aus- und Weiterbildung sowie die interne Mobilität der Arbeitnehmer werden gefördert.
- Mit Hilfe von Anreizen werden ältere Arbeitnehmer dazu motiviert, länger als bisher fester Bestandteil der Belegschaft zu bleiben.
- Betriebsteile oder ganze Betriebsstätten werden verstärkt in weniger kostenintensive Gebiete verlagert.
- Durch die Kostenweitergabe der Unternehmen werden auch die Verbraucherpreise steigen.
- Die Produktion wird bedingt durch die Beschränkungen des Arbeitskräfteangebotes langsamer wachsen.
Externe Daten helfen Antworten zu geben
Die Frage „Nutzt ihr Unternehmen externe Daten bezüglich Angebot und Nachfrage an Talenten, um seine Talentstrategie zu planen?“ beantworteten 67 % der Personalmanager mit einem „Nein“. (Befragung aus dem Jahr 2012 von CareerBuilder). Hier einige exemplarische Fragen …
- Recruiting: An welchen Standorten finden wir das grösste Angebot und die geringste Nachfrage nach bestimmten Fähigkeiten?
- Talent Management: was sind die Kosten-Nutzen-Abwägungen, um Optionen für ein Geschäftsfeld aufzubauen/kaufen/mieten/verlagern?
- Strategische Personalplanung: Wann müssen wir mit welchen spezifischen Massnahmen eingreifen, um sicherzustellen, dass wir die notwendigen Talente an Bord haben, um die mittelfristige Geschäftsstrategie umzusetzen?
- Unternehmen: Wo sollten wir unser nächstes Werk aufbauen? Können wir dieses Projekt angesichts der Kosten für die Beistellleistungen und die notwendigen Talente, die für dieses Projekt benötigen werden, mit akzeptablen Margen ausführen?
… sowie mögliche Quellen für externe Daten:
- Online-Stellenausschreibungen,
- Online zur Verfügung gestellte Lebensläufe,
- Profile auf LinkedIn, XING und anderen Online-Netzwerken,
- Postings auf Fachforen sowie auf Q&A-Seiten,
- Sharing-Websites wie beispielsweise Reddit,
- Bilder, Videos und Portfolios der Arbeit online gepostet,
- Tweets,
- Blogbeiträge und Kommentare,
- Präsentationen aus Konferenzen und Webcasts,
- Gepostete Empfehlungen, Bewertungen von Fähigkeiten etc., sowie
- Analyse der sozialen Netzwerke.
Hierbei handelt es sich um traditionelle und um real-time Arbeitsmarktdaten sowie um Sekundäranalysen und Indizes.
Hier finden Sie mehr Informationen
Mit diesem Blogbeitrag möchte ich eine rege Debatte über die Bedeutung relevanter Arbeitsmarktdaten anstossen. Als weitere, aktuelle Informationen empfehle ich Ihnen:
- International Comparisons of Annual Labor Force Statistics; The Conference Board Research Report, September 2014.
- From Not Enough Jobs to Not Enough Workers: CHRO Implications; The Conference Board Research Report, September 2014.
- Nobody´s Perfect: Overcoming the Limitations of External Labor Data to Drive Better Business Decisions; The Conference Board Research Report, June 2014.
- Marktdaten der STRIM Unternehmensgruppe sowie Hinweise zu weiteren Datenquellen in der DACH-Region.
Erfahrungen zeigen, dass Unternehmen, die in der Einbindung solcher Daten geübt sind, immer granularer vorgehen, um möglichst präzise Aussagen daraus ableiten zu können. Ein Schnellschuss wird also nicht ausreichen.
Was ist Ihre Meinung?
- Binden Sie Arbeitsmarktdaten (LMI: Labor Market Information) bereits ein?
- Wenn ja: Was sind die wesentlichen Daten und Datenquellen?
- Welche rechtlichen Risiken sind Ihrer Meinung nach zu beachten? Speziell bei der Einbindung Sozialer Netzwerke!
Ich freue mich auf Ihre Kommentare und Anregungen zum Thema „Fachkräftemangel und die Rolle von Arbeitsmarktdaten„.
Lieber Volker
Interessanter Beitrag der aufzeigt wie man Arbeitsmarktdaten nutzen kann, um den Fachkräftemangel besser zu managen.
===> https://www.strimgroup.com/blog/demografie-externe-daten/
Aber wie kann ein Betrieb dieses Problem praktisch und kostengünstig anpacken?
Lieber Urs, gerne greife ich deine Frage auf:
Wie kann ein Betrieb dieses Problem praktisch und kostengünstig anpacken?“
Praktisch unterscheidet man im Wesentlichen drei Reifegrade; einen Piloten im Unternehmen zur Ermittlung von Kapazitätstreibern in Verbindung mit relevanten Job-Codes, danach eine Fokussierung auf erfolgskritische Skill-Profile, eine Integration mit der Geschäftsstrategie, etc. und schliesslich die Einbindung der gesamten Wertschöpfungskette mit Zulieferern etc. sowie die Berücksichtigung interner und externer Mitarbeiterressourcen.
Kostengünstig – ich möchte diesen Begriff gerne ersetzen durch preiswert – ist es alleine schon deshalb, weil sich Engpässe negativ auf den Geschäftserfolg auswirken; was es zu verhindern gilt. Zudem liegen viele notwendigen Informationen – wie im Beitrag dargelegt – vor. Meines Erachtens geht es v.a. darum, systematisch an diesem Thema zu arbeiten, mit Hilfe von Szenarien zu lernen, d.h. sich auf relevante Daten zu fokussieren, und so Schritt für Schritt zu fundierteren Aussagen und Massnahmen zu gelangen.
Deckt sich das mit deinen Erfahrungen?
Liebe Grüsse, Volker
Lieber Volker
Danke für die Antwort auf diesen Beitrag Du Schreibts:
„Wie weltweit angelegte Studien zeigen werden sich diese Engpässe in den nächsten Jahren in Deutschland am krassesten auswirken, zumal unsere europäischen Nachbarn ähnliche Probleme erhalten werden und Deutschland so nicht einfach „in benachbarten Teichen nach Talenten fischen kann“! „
Da wird es vielleicht ja noch böses Blut geben denn auch die Schweiz ist der Meinung nur die notwendigen Talente dank vermehrter Einwanderung von Fachkräften zu finden.
Frage mich nur ob ein KMU (gemäss EC mit 500 oder weniger Mitarbeitern siehe Definition KMU hier http://blog.drkpi.de/?p=1020 ) diese Szenarien aufstellen kann.