Viele Personaler „ersticken“ nach wie vor in operativen Tätigkeiten. Sie werden häufig getrieben und haben keinen eigenen Fahrplan, der aus einer transparenten Strategieentwicklung und -formulierung abgeleitet wurde. Diese Situation ist nicht nur unbefriedigend, sie ist gefährlich – für die Personaler selbst, aber auch für das Unternehmen als Ganzes.
Es ist deshalb wichtig, dass sich die Personaler in enger Abstimmung mit der Geschäftsführung Gedanken über die strategische Ausrichtung ihrer Funktion machen. Interessante Erkenntnisse hierzu lieferte die 3. HR-Strategie-Konferenz in New York City, die am 5.-6. April 2017 stattfand.
In diesem Blogbeitrag stelle ich vier Punkte heraus, die meines Erachtens derzeit „Strategic HR“ ausmachen.
Kulturwandel initiieren und voranbringen
Als ich im Januar dieses Jahres den neuen CEO Challenge Report 2017 durchlas, wurde mir erneut bewusst, wie wichtig und notwendig dieser Kulturwandel ist: „speak up culture“, „more outward looking customer-centric culture“, „corporate values“, „adapt and support change efforts“ und „strong collaborative culture“ sind nur einige der Themenstellungen, die CEOs in 2017 hervorheben.
Um die Mission, Vision und Werte zu bestimmen müssen Sie an die Wurzel dessen kommen, was das Unternehmen tut. Fragen Sie: „Warum machen wir das, was wir tun?“.
Die Mitarbeiter müssen wissen, wie sie zur Mission beitragen, und sie müssen die Geschäftsstrategie verstehen, um die Werte des Unternehmens zu leben und sich in ihrer Arbeit zu engagieren.
Stellen Sie sicher, dass die Mitarbeiter verstehen, warum das Unternehmen sich ändern muss, und helfen Sie ihnen, ihre eigenen Schlussfolgerungen zu ziehen, warum es passieren muss. Die Mitarbeiter werden die Schlussfolgerungen ihrer Führungskräfte tolerieren, aber entlang ihrer eigenen Schlussfolgerungen handeln.
Sie können die Veränderung beschleunigen, wenn die Mitarbeiter darauf vertrauen, dass das Unternehmen das Richtige tut. Schaffen Sie Vertrauen, indem Sie sicherstellen, dass die Mitarbeiter den Status Quo ohne Angst vor negativen Konsequenzen in Frage stellen können und dass sie in der Lage sind, mit jedem/jeder zu sprechen; unabhängig vom „Kästchen im Organigramm“.
Nehmen Sie die Reise, um Ihre Werte zu leben, ernst! Eine solche Änderung dauert in der Regel bis zu fünf Jahren. Auf dieser Reise werden Fehler passieren! Behandeln Sie diese als Lernmöglichkeit, nicht als Sanktionsmöglichkeit.
Personaler bilden hierbei Tandems mit Führungskräften. Letztere zeichnen sich – hoffentlich – durch hohe emotionale Intelligenz aus; sie gehen berechenbare Risiken ein, treffen fakten-basierte Entscheidungen mit Bedacht, sind authentisch, bleiben bei der Wahrheit, sind inspirativ und Transformationen zugewandt, weil sie die Chancen im Blick haben.
Performance Management mit Strategieimplementierung verbinden
Strategieimplementierung ist meine Mission, deshalb auch der Unternehmensname STRIM. Was derzeit im Thema Performance Management „abgeht“, hat viel mit Irrfahrt zu tun und wenig mit strategie-gerichtetem Handeln [mehr].
Ein jährlicher Zielvereinbarungsprozess reicht nicht mehr aus. Unternehmen müssen dynamisch-anspruchsvolle Ziele setzen, die während des ganzen Jahres angepasst werden können, wenn sich die geschäftlichen Rahmenbedingungen und Prioritäten ändern. Ebenso reicht ein jährliches Feedback- und Entwicklungsgespräch nicht mehr aus. Führen Sie stattdessen kontinuierliche Entwicklungsgespräche während des Jahres und berücksichtigen Sie dabei Belegschaftssegmente und -klassen.
Wenn Sie erwägen Ihr Performance-Management-System zu verändern, dann stellen Sie sich bitte folgende Fragen:
- Was ist der Link zur Geschäftsstrategie?
- Was ist Ihre Philosophie zur Kalibrierung, d.h. dem Feststellen und Dokumentieren von Abweichungen?
- Haben Führungskräfte die Fähigkeit und die Motivation, die Veränderung erfolgreich zu begleiten?
- Wie sollte Leistung belohnt werden?
- Sollten wir Leistungsbewertungen und -beurteilungen behalten?
- Wissen Führungskräfte, wie man Ziele setzt und Feedback gibt?
Die Art des Lernens verändern
Vor allem junge Führungskräfte lernen durch das Tun. In aktuellen Modellen geschieht ca. 80 Prozent des Lernens und der Weiterentwicklung am Arbeitsplatz und ca. 20 Prozent in einem Portfolio von Lernwerkzeugen, das Präsenzschulungen, E-Learning-Module, Podcasts, Videos und Online-Buch-Zusammenfassungen beinhalten kann.
Unternehmen haben traditionell aus Effizienzgründen ein „one-size-fits-all“-Gruppentraining durchgeführt. Mit der Verbreitung von E-Learning und künstlicher Intelligenz können Unternehmen kundenspezifische Programme für jede Person erstellen, die an individuelle Lernstile angepasst sind.
Unternehmen in bestimmten Branchen können erwarten, zeitnah „augmented virtual reality“ (erweiterte virtuelle Realität) als Trainingswerkzeug zu nutzen. Zum Beispiel können Servicetechniker bei Versorgungsunternehmen diese nutzen, bevor sie im Einsatzgebiet tätig werden.
In Zukunft werden bestimmte Arbeitsplätze von Robotern und künstlicher Intelligenz übernommen. Unternehmen müssen Mitarbeitende dabei unterstützen, sich in dieser neuen Welt zurechtzufinden. Zum Beispiel könnten Mitarbeiter, die ihre Arbeit an die Automatisierung verlieren, eine Codierung erlernen, um die Maschinen zu programmieren, die ihre Arbeit erledigen.
Neue Bildungsmodelle entstehen, wie z.B. Micro Degrees / Masters und Zertifizierungsprogramme / Zertifikatskurse. Zahlreiche Unternehmen arbeiten bereits mit Universitäten zusammen, um eine Online-Hochschulausbildung anzubieten.
Strategische Personalplanung einführen
Hierüber handelt mein vorheriger Blogbeitrag. Ich halte dieses Thema in der aktuellen Situation für absolut notwendig, denn: Es existiert eine zunehmende Diskrepanz zwischen den Fähigkeiten, die Mitarbeiter heute mitbringen und den Fähigkeiten, die sie in der Zukunft benötigen werden.
Ihr Geschäft wird sich in den nächsten drei Jahren wahrscheinlich verändern; dies zieht Änderungen in bestehenden Arbeitsplätzen, Rollen und Fähigkeiten nach sich. Um sich mit möglichen Optionen frühzeitig zu beschäftigen und sich proaktiv darauf einzustellen benötigt es eine strategische Personalplanung. Auf die Bausteine einer solchen Planung bin ich im Beitrag vom 16. Mai 2017 ausführlich eingegangen.
Fazit
Unternehmen brauchen eine strategisch ausgerichtete HR-Funktion, um Kultur zu gestalten. Der Zweck einer Organisation – ihre Mission, Vision und Werte – wird allem, was getan wird, als Handlungsrahmen dienen. HR kann der Organisation helfen, diesen zu gestalten.
Die Art, wie wir arbeiten, ändert sich. Unternehmen müssen ihre Performance-Management-Modelle umgestalten, um sich an die ständig wechselnden Prioritäten sowie an Ebbe und Flut an Arbeit anzupassen.
Technologie-basierte und personalisierte Lernprogramme sowie Lernen am Arbeitsplatz (on-the-job) werden immer beliebter. Vorsicht: Hierbei gibt es auch Stolperfallen!
HR muss besser um die Ecken zu sehen, was als nächstes kommt. Die strategische Personalplanung ist dafür unerlässlich.
Weitere Publikationen zu „Strategic HR“ finden Sie hier:
- Strategische Personalarbeit: Kernthemen 2016.
- 10 Antworten auf „Wer trifft bessere Personalentscheidungen?“.
- Personalbedarfe prognostizieren, Geschäftsstrategien umsetzen.
Ich freue mich auf eine anregende Diskussion mit Ihnen hier im Blog.[/fusion_builder_column][/fusion_builder_row][/fusion_builder_container]
Herzlichen Dank, sehr geehrter Herr Bursy, für Ihren Kommentar. Sie streifen gleich mehrere, wichtigen Punkte. (1) Fakt ist, dass die Halbwertszeit von Strategien in der Tat kürzer wird, weil – siehe Uber u.a. – Wettbewerber plötzlich von Seiten auftauchen, wo man sie nicht vermutet hat. Die Methoden zur Strategieentwicklung sind denn auch „in Bewegung“. (2) Das Langlebige, das Sie zu Recht ansprechen, sind m.E. die Unternehmenswerte. Mit seiner Kultaussage „Culture eats strategy for breakfast!“ hat Peter Drucker bereits vor Jahren auf diesen Aspekt hingewiesen. Kultur und Werte bieten also die Orientierung; flankiert durch die Strategie. (3) Ihre Kritik an den „leblosen“ Strategiepapieren teile ich. Dies setzt sich dann ja häufig in Marketing- und Rekrutierungsaktionen fort, in denen keine Employer Value Proposition zu erkennen ist; alle sind austauschbar. Das ist fatal in einem enger werdenden Arbeitsmarkt und Folge einer häufig oberflächlichen Geschäftsmodellierung. (4) Die von Ihnen gestellten Fragen sind in der Tat wichtig, um die Strategieimplementierung mit Hilfe der Mitarbeitenden zum Erfolg zu führen. Ich sehe hier v.a. die Führungskräfte in der Verantwortung; zum einen, um sich selbst diese Fragen zu beantworten und zum anderen, um durch ihr Vorleben auch die Mitarbeitenden entsprechend mitzunehmen.
Adäquate HR Strategien bedürfen, um dem derivativen Charakter gerecht zu werden, eine Unternehmensstrategie, die über mehrere Jahre die wegweisende „Story“ erzählt. Dies erkenne ich leider in zu wenigen Unternehmen unserer Zeit. Meist wird die Strategie alle 2-3 Jahre angepasst, verändert oder gänzlich neu gestaltet.
Dies gibt weder den HR Bereichen noch den Mitarbeitern des Unternehmens eine Orientierung bzw. Stoßrichtung. Meist steht in den Unternehmensstrategien (wenn sie denn existieren) die gleichen Schlagworte: Digitalisierung, Wachstum etc.
Aber wo ist die Geschichte? Warum gibt es das Unternehmen? Was ist der Auftrag?
Jeder Mitarbeiter sollte diese vermeintlich einfachen Fragen spontan beantworten können – sonst ist die Stoßrichtung eines Unternehmens nicht klar. Keep it simple sollte die Devise lauten – nur dann lässt sich Kultur, Commitment als auch die strategischen Ziele des Unternehmens mit der Unterstützung von HR erreichen.