Die Themen Kultur und Führung sind wesentliche Erfolgsfaktoren für die Ursache-Wirkungs-Kette Great place to work (Mitarbeiter, Prozesse) – great place to shop (Kunde, Produkt) – great place to invest (Risiko, Finanzen). Schon immer waren diese Erfolgsfaktoren wichtig, derzeit sind sie – nicht zuletzt aufgrund von VUCA und Covid19 – geradezu NOT-wendig.

Hier einige Auszüge zur Kultur …:

… und zur Führung:

Beides, Kultur und Führung/-sverhalten, zeichnete einen Mann aus, der auf dem Holmenkollen siegte, Weltmeister-Titel und Olympiagold holte, dreimal die Vierschanzentournee gewann. Über ein halbes Jahrzehnt bestimmte Helmut Recknagel das Niveau des Skispringens, war einer der ersten großen Sport-Stars nach dem Krieg. Seinem Auftreten, mit dem er Augenmaß und Charakter bewies, zollte man allseits Respekt. Mit allem, was er tat, bewies er Haltung. Auf der Schanze wie im Leben.

Haltung entscheidet

Das also ist es, was Führung und Selbstentwicklung prägt und Kultur erlebbar macht. Martin Permantier drückt es in seinem Buch „Haltung entscheidet. Führung & Unternehmenskultur zukunftsfähig gestalten“ sinngemäß wie folgt aus:

  • Haltung ist „die durch Werte und Moral begrenzte Gesinnung bzw. Denkweise eines Menschen, die den Handlungen, Zielsetzungen, Aussa­gen und Urteilen des Menschen zugrunde liegt. Sie be­stimmt, wie wir mit eigenen Impulsen umgehen und welche Maßstäbe wir für unser Handeln verinnerlicht haben. Sie bezeichnet die aus der Erfahrung kommende Bereitschaft eines Individuums, in bestimmter Weise auf eine Person, eine soziale Gruppe, ein Objekt, eine Situ­ation oder eine Vorstellung wertend zu reagieren, und prägt so unsere Art und Weise, mit anderen umzugehen. Unsere Haltung drückt sich in unseren Annahmen und Überzeugungen, in unseren Gefühlen und Emotionen und unserem Verhalten aus. Sie ist ein Realitätsfilter, der bestimmt, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten und was wir wahrnehmen können.“
  • Wer für Talente und Leistungsträger attraktiv sein möchte, sollte eine gute Unternehmenskultur bieten. Führen heißt kommunizieren. Unsere Sprache entspricht unserer Haltung.
  • Haltung ist ein Spiegel unserer Überzeugungen, was Realität ist und wie man sie richtig gestaltet, und damit Teil unserer Arbeitgeberattraktivität. Seit der Jahrtausendwende treten Faktoren wie Gleichberechtigung, Umweltbewusstsein, Nachhaltigkeit in den Vordergrund, die unsere Haltung verändern.

Modell der sechs Haltungen

Dieses Modell regt zu Entscheidungen an: Wie wollen wir sein? Was ist für uns Erfolg? Wollen wir uns weiterentwickeln oder gerade nicht?

Dieses Modell skizziert sechs Haltungen, die unser Denken, Fühlen und Handeln beeinflussen:

  • Das Modell veranschaulicht unsere innere Persönlichkeitskonstruktion.
  • Die sechs Haltungen sind eine Hilfestellung, um sich in einem Kontinuum von Haltungen zu orientieren und Entwicklungsmöglichkeiten von Menschen, Organisationen und Gesellschaften zu beschreiben.
  • Das Modell bietet einen neuen Blick auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Ich-Entwicklung und hilft, entwicklungsorientierte Ansätze in die Praxis zu überführen.
  • Konflikte entstehen selten aufgrund von Kompetenzdefiziten, sondern fast immer an den Grenzen von Haltungen.
  • Je reifer die Haltung, desto besser der Umgang mit Komplexität, Gefühlen, Empathie, Vielfalt und Aufmerksamkeit.
  • Jede Haltung baut auf die vorhergehenden auf. Es kann uns allerdings leicht passieren, dass wir durch Stress oder andere Trigger kurzfristig in eine Haltung zurückgehen, die uns Sicherheit und Orientierung gibt, auch wenn diese Haltungswechsel für Außenstehende oft schwer zu verstehen sind.

Lassen Sie uns, wenn Sie mögen, hierzu in den Austausch gehen. Es gibt grundsätzlich kein „richtig“ oder „falsch“.

Führung in anspruchsvollen Zeiten mit Haltung

Aus der Fülle möglicher Impulse, die uns allen an dieser Stelle nun einfallen, möchte ich nur einige herausgreifen, die mir persönlich sehr wichtig sind:

  • Offen kommunizieren: Informieren Sie Mitarbeitende frühzeitig über anstehende Veränderungen resp. Einschnitte im Unternehmen, denn nur dann können Sie diese als Mitstreiter beim Bewältigen dieser Herausforderungen gewinnen. Bereits in Bewerbungsgesprächen ist es wichtig, Erwartungshaltungen offen auszutauschen und über Werte zu sprechen.
  • Ehrlich sein: Informieren Sie Mitarbeitende ehrlich über die möglichen Auswirkungen notwendiger Veränderungen. Informieren Sie sie auch darüber, welche Maßnahmen seitens der Unternehmensleitung ergriffen werden oder bereits wurden, um konkrete Lösungen in die Wege zu leiten. Machen Sie deutlich, dass es wahrscheinlich nicht nur Gewinner geben wird.
  • Rückgrat zeigen: Stehen Sie zu den Entscheidungen, die Sie getroffen haben; auch dann, wenn diese für einige Mitarbeitende negative Auswirkungen haben. Verstecken Sie sich nicht hinter Dritten. Dies mindert Ihre Glaubwürdigkeit und so zeigen Sie weder Führungsstärke noch Haltung.
  • Orientierung geben: Zeigen Sie Mitarbeitenden Wege auf, wie Veränderungen resp. Einschnitte im Unternehmen gemeistert werden können. Schildern Sie ihnen anhand konkreter Beispiele, wie das eigene und/oder andere Unternehmen schon ähnliche Krisen gemeistert haben, damit Ihre Mitarbeitenden spüren: Erfolg ist machbar.
  • Halt bieten: Vereinbaren Sie mit Mitarbeitenden klare Ziele und konkrete Maßnahmen, was sie tun sollen, um ihren Beitrag zum Gelingen zu leisten. Definieren Sie mit ihnen zudem Meilensteine, die es auf dem Weg zu erreichen gilt; zudem konkrete (mitunter wöchentlich abzustimmende!) Aktivitäten, die sie ergreifen sollen, damit sie diese Meilensteine erreichen.
  • Konsequent sein: Evaluieren Sie fortlaufend, ob die Mitarbeitenden auf dem richtigen Weg sind, die Meilensteine zu erreichen. Schreiten Sie ein, wenn Sie registrieren, dass Einzelne die Veränderungen nicht mittragen, sich resistent verhalten, oder gar dagegen arbeiten.
  • Erfolge feiern: Informieren Sie Mitarbeitende über (Etappen-)Erfolge, die erzielt wurden. Das spornt sie an und vermittelt ihnen das Gefühl: Wir leisten einen Beitrag und sind auf dem richtigen Weg.
  • (Selbst-)Entwicklung forcieren: Nur Mitarbeitende mit dem richtigen Skillset sind auf längere Sicht beschäftigungsfähig (Employability!). Dies gilt es nicht nur auszusprechen, sondern zu fördern und zu fordern. Hierzu gehören: Kollektive Qualifizierung (z.B. in Seminaren, Trainings, Webinaren; mittels Lernplattformen), individuelle Qualifizierung (z.B. mittels Coaching, Mentoring), Transfer-unterstützende Maßnahmen (z.B. Teamcoaching, Erfahrungsaustausch), sowie On-the-job-Lernen.

Fazit

Moderne Organisationen sind von einem hohen Maß an Sinnorientierung und vertrauensbasierter Selbstorganisation (vgl. Selbstorganisationsdispositionen) geprägt. Es reicht nicht aus, sich auf Geschäftsmodelle und Methoden zu konzentrieren – so wichtig diese auch sind! Es kommt auf die Haltung an, mit der die neuesten Trends der Zusammenarbeit angewandt und mit der Produkte hergestellt und vertrieben werden.
Die Haltung entscheidet darüber, wie Menschen, Organisationen und Gesellschaften ihre Wirklichkeit konstruieren. Umgekehrt prägt die Art der Wirklichkeitswahrnehmung unsere Haltung gegenüber den Menschen, der Organisation und der Welt. Wenn ich mir meiner Haltung bewusst bin, kann ich an ihr arbeiten und darüber meine Wirklichkeitskonstruktion ändern.

Viele, v. a. jüngere Menschen spüren: Es braucht neue Denkweisen und Haltungen, um Lösungen für globale Herausforderungen zu finden. Die Initiative „Fridays for Future“ ist da nur ein Beispiel unter vielen. Eine Folge davon ist: Der Erfolg eines Unternehmens bemisst sich nicht mehr nur allein an der Erreichung der wirtschaftlichen Ziele. Zunehmend spielt die Haltung, mit der die Organisation ihre Ziele verwirklicht und mit der sie ihren Geschäftspartnern, der Gesellschaft und den eigenen Mitarbeitenden begegnet, eine Rolle in der öffentlichen Wahrnehmung des unternehmerischen Erfolgs. Während ich diesen Beitrag schreibe überschlagen sich beispielsweise die Nachrichten zum Bilanzskandal von Wirecard und zum Corona-Ausbruch beim Fleisch-Unternehmer Tönnies.

Die Vereinbarkeit von Werten und Haltungen lässt sich fördern, wenn vier Aspekte Berücksichtigung finden:

  1. Wie ist die Persönlichkeitsentwicklung, das Mindset der Mitarbeitenden?
  2. Welche Verhaltensmuster sind bei den Mitarbeitenden aktuell vorherrschend?
  3. Welche Strukturen und Prozesse nutzen wir?
  4. Was sind die wichtigsten Glaubenssätze und Wertevorstellungen unserer Unternehmenskultur?

Die Entwicklung hin zu einer sinnorientierten, auf Transparenz und Augenhöhe ausgelegten Haltung erfordert das dementsprechende Führungsverhalten und die organisatorischen Strukturen. Wir sind immer Teil des Systems, als Führungskraft gestalten wir Potenzialräume und bestimmen so entscheidend mit, in welche Richtung und mit welcher Qualität sich eine Organisation und die Mitarbeitenden entwickeln.
Die heutigen Anforderungen an Führungskräfte sind komplex und oft widersprüchlich. In manchen Unternehmen gibt es Controlling-Fixiertheit, enge Zielvorgaben, starre Regeln und Vorschriften, gleichzeitig werden Methoden der New Work gepriesen und Agilität gefordert. Viele Unternehmen reden davon, dass Agile Führung heutzutage notwendig sei, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Es wirkt fast wie ein Zaubermittel, aber was wirklich damit gemeint ist und welche Veränderungen nötig sind, um die Mitarbeitenden und auch die Führungskräfte darauf vorzubereiten, bleibt häufig offen. Die Haltungen im Unternehmen werden oft gar nicht angesprochen, es soll sich nur schnell etwas ändern, damit man mitreden kann.

Einfach eine neue Methode wie Design Thinking oder Scrum zum Einsatz zu bringen, an der Haltung aber nichts zu verändern, führt nicht zu einem echten neuen „WIR“. Erst wenn Zynismus, Angst und Vorurteile beiseitegelegt werden können, kommen wir in der Zusammenarbeit zu einem ko-kreativeren Miteinander. New Work funktioniert nicht mit einem Mindset von gestern. Selbstentwicklung ist das Fundament für eine weitere persönliche Reifung. Dabei ist es essentiell, Verantwortung für die eigenen Gedanken und Gefühle zu übernehmen.