Im ersten Beitrag des Zweiteilers zum Thema Führung bin ich auf die Bedeutung von Führung, den Leadership Capital Index, sowie auf Evaluation von Massnahmen zur Führungskräfteentwicklung eingegangen. Nun geht es um künftige Anforderungen an Führung; insbesondere mit Blick auf Digitale Transformation und notwendiger Kulturveränderungen.

Folgende kritische Fragen und Probleme möchte ich in diesem Beitrag ansprechen:

  • Analyse des Einflusses der Digitalisierung auf Führungskräfte von heute und wie sich digital-fortschrittliche Organisationen besser entwickeln als ihre weniger technologisch versierten Kollegen.
  • Untersuchung, wie sich der demografische Wandel in Bezug auf Geschlecht und Generation auf die Führungsrolle in der Zukunft auswirkt, und Bewertung der Veränderungen, die bei Führungskräfteentwicklungsprogrammen erforderlich sein könnten, um Mitarbeiter bestmöglich zu motivieren.
  • Einholen von Informationen bei Personalverantwortlichen und anderen Führungskräften über die Rolle von HR in der Organisation, sowie darüber, wie HR den Weg für den digitalen Fortschritt ebnen kann.

Die „readiness gap“ von Führungskräften

Strategie ist nichts ohne effektive Führungskräfte, die diese umsetzen. Führung und Talent Management – v.a. deren Gewinnung und Bindung – sind deshalb Top-Tagesordnungspunkte für CEOs, und die diesbezüglichen „Fähigkeitslücken“ sind weiterhin signifikant.

Ohne engagierte Führungskräfte gibt es keine engagierte Belegschaft. Um das Engagement von Führungskräften zu erhöhen, müssen wir Führungskräfte aufbauen und entwickeln:

  • Nach wie vor haben über 50 Prozent keinen schriftlichen, aktuellen Entwicklungsplan,
  • ca. 40 Prozent werden nicht innerhalb einer akzeptablen Zeitspanne befördert,
  • über ein Drittel lernt mehr von Kolleginnen und Kollegen, als von ihren Managern,
  • mehr als ein Drittel geht davon aus, dass sie das Unternehmen wechseln müssen, um Karriere zu machen,
  • ca. ein Drittel stimmt nicht der Aussage zu, dass Führungskräfte bei deren Entwicklung als Führungskraft effektiv seien.

Notwendige Fähigkeiten im digitalen und datenbasierten Zeitalter

Führung bedeutet das Navigieren durch eine digitale Ära. Digitale Kompetenz – u.a. Führen unter Einbindung digitaler Technologie, Anpassungsfähigkeit, Umsetzungsfähigkeit, intensive Zusammenarbeit, Identifikation und Entwicklung zukünftiger Talente, 360-Grad-Denke – differenziert heute bereits Gewinner von Verlierern. Künftig wird sich diese Entwicklung noch beschleunigen.

Der Vergleich sog. „digitaler Pioniere“ mit „digitalen Zögerern“ ergab folgende Erkenntnisse: „Digitale Pioniere“ …

  • handeln entschlossener,
  • antizipieren / reagieren schneller (auf) notwendige Veränderungen,
  • halten Effektivität trotz mangelnder Vorhersagbarkeit aufrecht,
  • navigieren geschickter durch Komplexität,
  • agieren sicher in einer hoch digitalen Umgebung, und
  • nutzen Daten zur Entscheidungsfindung.

Bei der Entwicklung von Potenzialträgern gilt es, eine Diskrepanz zwischen dem, was sie wollen und was sie erhalten, zu vermeiden:

Per heute …

  • führen knapp 80 % eine Evaluation der Führungskräfteentwicklung durch,
  • sind 3/4 der Befragten der Meinung, dass die Identifizierung der Potenzialträger auf transparentem Wege zustande kommt,
  • sind rund 70 % der Manager dafür verantwortlich, Nachwuchs-Führungskräfte zu unterstützen,
  • sind rund 2/3 der Befragten der Ansicht, dass die Identifizierung der Potenzialträger über das ganze Unternehmen hinweg konsistent verlaufe,
  • werden gut 50 % der Entwicklungsprogramme auf ihre Effektivität hin überprüft.

Kulturelle Treiber

Die folgenden kulturellen Treiber machen eine datenversierte Organisation einzigartig:

Zahlreiche Unternehmen streben derzeit eine Mentoringkultur an und initiieren Programme wie „Die Führungskraft als Coach„. Hiermit soll auf wenigstens zwei Ebenen, die Kultur verändert werden: auf Ebene der Mitarbeiter und auf Ebene der Führungskräfte – in der Zusammenarbeit mit anderen Führungskräften, sowie in der direkten Führung Mitarbeitender. Im Ergebnis wird damit ein höheres Engagement angestrebt.

Immer häufiger wird die Frage gestellt: Sind Millennials in der Lage zu führen? Wie taugen sie als Führungskräfte? Klar ist ihre Digitalkompetenz höher ausgeprägt und sind sie digitalisierungs-affiner als Führungskräfte der Generation X oder Baby Boomer. Gleichzeitig tun sie sich aber schwerer beim Führen virtueller Teams.
Führungskräfte der Generation X führen im Durchschnitt zwei Mitarbeitende mehr als Millennials. Immerhin 54 Prozent der Gen-X-Leaders sind digital versiert und gehen das Tempo mit den Millennials mit. Sie präferieren deutlich häufiger externes Coaching (20 Prozent) als Millennials (11 Prozent).

Weitere Informationen finden Sie hier:

Rolle der Personalabteilung

Laut Untersuchungen von DDI, The Conference Board und EY klaffen die Selbsteinschätzung von HR und die Fremdeinschätzung Führender nach wie vor auseinander:

Wie Sie leicht nachvollziehen können hat sich in den letzten Jahren nichts Wesentliches geändert. Zu ähnlich nüchternen Ergebnissen kam McKinsey bereits im Jahr 2012 in seiner Studie False Summit. Nachfolgend deshalb einige Handlungsempfehlungen:

  • Verknüpfen Sie Talent-/Personalplanung mit strategischer Planung.
  • Institutionalisieren Sie ein evidenz-basiertes Handeln unter Einbindung valider Daten und Predictive Analytics.
  • Überprüfen Sie Investitionen für die Weiterentwicklung Führender und evaluieren Sie konsequent den Erfolg dieser Investitionen.
  • Verfolgen Sie einen mehrstufigen Pipeline-Ansatz.
  • Forcieren Sie gezielte Programme für Potenzialträger.
  • Verwenden Sie robuste Assessment-Daten, um Einstellungs- und Beförderungs-Entscheidungen zu treffen.

Mit Blick auf die Herausforderungen des Geschäftes ist der HR-Bereich gefordert,

  • in einer hoch digitalen Umgebung zu agieren,
  • Daten zur Entscheidungsunterstützung gezielt einzusetzen,
  • rasche Veränderungen zu antizipieren und darauf zu reagieren,
  • Effektivität trotz fehlender Vorhersehbarkeit hoch zu halten,
  • auch ohne klare Richtung entschlossen zu handeln, sowie
  • Kundenbedürfnisse zu verstehen und entsprechend zu handeln.

Fazit

C-Level-Führungskräfte ranken die Entwicklung von „Next-Gen“-Führungskräften und das Scheitern bei der Gewinnung und Bindung von Top-Talenten mit weitem Abstand als ihre grössten Herausforderungen in den kommenden Jahren. Derzeit glauben nur 14 Prozent der CEOs, dass sie über notwendige Führungstalente verfügen, um ihre Strategie umzusetzen.

Wir werden in den vor uns liegenden Jahren angesichts der digitalen Disruption, welche die Arbeitsumgebungen und -bedingungen ständig verändern wird, weltweit mit einem massiven Mangel an Führungskräften konfrontiert sein. Wie ich im Beitrag dargelegt habe gibt es jedoch Wege und Möglichkeiten, wie Organisationen ihre Personalstrategien ändern können, um diese Herausforderungen anzunehmen.

Digitale Pioniere – definiert als die besten 25 Prozent der Unternehmen mit den stärksten digitalen Führungsqualitäten – übertreffen andere Unternehmen finanziell um 50 Prozent.

55 Prozent der Organisationen im oberen Drittel der finanziellen Leistung haben Mentoring institutionalisiert.

Unternehmen, welche die Entwicklung von Potenzialträgern ausweiten, werden mit einer 4,2-mal höheren Wahrscheinlichkeit finanziell besser abschneiden als Unternehmen, die dies nicht tun.

Im Durchschnitt schneiden Unternehmen, die sich im Bereich Workforce Analytics auszeichnen, mit 3,1-facher Wahrscheinlichkeit finanziell besser ab als andere. Da die digitalen Kompetenzen der Personalabteilung jedoch hinterherhinken, scheitern die Versuche im Thema Workforce Analytics leider immer noch sehr häufig.
Durch die Verknüpfung von Workforce Analytics mit Geschäftsergebnissen erkennen Unternehmen, wie sich eine grössere Vielfalt an Führungspersönlichkeiten positiv auf das Endergebnis auswirkt und wie unterschiedliche Führungsfähigkeiten Unternehmen besser auf die Bewältigung von Störungen resp. Disruptionen vorbereiten.

Schliesslich noch eine Übersicht über Praktiken im Thema Workforce Analytics: Was ist der aktuelle Status? Was wird künftig an Bedeutung gewinnen? Was unterstützt dabei, um HR – und das Unternehmen als Ganzes – nach Vorne zu bringen?

Unser Partnerunternehmen in Singapur, die PACE O.D., erweitert derzeit das von ihr entwickelte Real Leaders Framework und befragt hierzu auch Führungskräfte in Europa, um auf Basis global gewonnener Erkenntnisse das Framework zu validieren. Wenn Sie daran interessiert sind, sich an der Befragung von PACE zu beteiligen, dann lassen Sie mir bitte eine kurze Nachricht per E-Mail (volker.mayer@strimgroup.org) zukommen. Selbstverständlich werden wir Ihnen die Ergebnisse dieser Studie zur Verfügung stellen und die daraus gewonnenen Erkenntnisse mit Ihnen teilen.