Auf Basis bisheriger Publikationen – Auflistung am Ende dieses Beitrages – fasse ich in drei Beiträgen meine bisherigen Erkenntnisse und Erfahrungen zum Thema Digitale Transformation & Innovation zusammen; in diesem ersten Beitrag liegt der Fokus auf notwendigem BIP-Wachstum und dafür notwendigen Leitfragen.

Digitale Transformation (kurz: DT) nutzt digitale Technologien und die von ihnen produzierten Daten, um Organisationen, Personen, Sachwerte und Prozesse zu verbinden. Innovation ist einer der Prozesse, der zur Schaffung und Nutzung eines neuen oder erheblich verbesserten Produktes oder Dienstes führt.

Anstatt die Produktivität einfach zu steigern oder die Kosten zu senken, erfordert die DT erhebliche Änderungen in der Geschäftsstrategie, um aufkommende Kundenbedürfnisse zu nutzen und schnelle Innovationen voranzutreiben (vgl. 7 Kernthemen, 7 Strategien). Diese Änderungen können ein Unternehmen umgestalten oder eine ganze Branche zerstören. Die DT wird auch langfristige wirtschaftliche und gesellschaftliche Auswirkungen haben, so wie die industrielle Revolution und später der Verbrennungsmotor praktisch jeden Aspekt des Lebens verändert haben.

DT&I erfordert also eine neue Denkweise (vgl. 4-Teiler) und einen kulturellen Wandel, der es Organisationen ermöglicht, ihre grundlegendsten Überzeugungen und Annahmen offen zu hinterfragen. Erfolg erfordert, über eine Technologietransformation hinaus zu einer menschlichen Transformation zu gelangen.

Notwendiges BIP-Wachstum

Ein zunehmender Mangel an Fachkräften und ein starker Rückgang des Produktivitätswachstums sind die Hauptgründe für Europas schwache Wachstumsaussichten nach 2014 (Quelle: theLisboncouncil & TCB: Productivity and Digitalisation in Europe, Bart van Ark, 2014).

Wenn wir nach Möglichkeiten suchen, das Bruttoinlandsprodukt zu steigern, werden wir näher auf die unserer Ansicht nach entscheidende Rolle des digitalen Binnenmarkts eingehen müssen:

  • Wie kann eine stärkere Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) – und eine stärkere Integration innerhalb der EU in den Online-Markt – genutzt werden, um das von Europa benötigte Produktivitätswachstum voranzutreiben?
  • Wie können wir einen positiven Kreislauf schaffen, in dem ein Binnenmarkt für digitale Dienstleistungen die Nachfrage von Verbrauchern und Unternehmen befriedigt, Innovation antreibt (durch die Einführung digitaler Technologien), die Produktivität fördert (durch die Übernahme dieser Technologie), BIP – Wachstum generiert (durch Produktivität), und die Nachfrage nach Arbeitsplätzen schafft,  die das Einkommen für die Verbraucher erzeugt, um die Produkte und Dienstleistungen zu erhalten, die produziert werden?

Digitale Transformation & Innovation ist also kein Selbstzweck und schlicht „fancy“, sondern muss sich am BIP-Wachstum messen lassen. Fakt ist: Die langsame Verbreitung neuer Technologien erzeugt derzeit noch kein Wirtschaftswachstum. Trotz der rasanten digitalen Innovation und boomender Ausgaben für digitale Dienste hat die neue digitale Wirtschaft in den Bereichen Mobile, Breitband und Cloud bisher kaum sichtbare Auswirkungen (vgl. TCB-Report Navigating the New Digital Economy: Driving Digital Growth and Productivity from Installation to Deployment).

Wichtige Leitfragen zum Start einer Digitalen Transformation

Wenn sich an dieser derzeitigen Situation etwas ändern soll, dann helfen Ihnen folgende sechs Leitfragen:

  1. Wie gut wissen wir, wo Veränderung stattfindet?
  2. Wissen wir, welche Customer Journeys (Kundenhistorien) wichtig sind?
  3. Arbeiten unsere Teams über Abteilungen resp. Organisationseinheiten hinweg?
  4. Haben wir einen disziplinierten „Test-und-Lern“-Ansatz?
  5. Haben wir Mechanismen, um Ideen zu hinterfragen?
  6. Sind unsere Mitarbeitenden befähigt zu handeln?

Wichtige Leitfragen mit Blick auf Humankapital

Die Auswirkungen digitaler Transformation auf Humankapital können an folgenden 10 Leitfragen festgemacht werden:

  1. Haben unsere Führungskräfte die digitale Vision, das Wissen und die Fähigkeiten, um digitale Transformation durchzuführen?
  2. Welche organisatorischen Fähigkeiten werden wir benötigen, um unsere digitale Strategie umzusetzen? Wie sollten wir diese Fähigkeiten aufbauen, z. B. Talent, Technologie oder eine Kombination aus beidem nutzen? Crowdsourcing; oder Ökosystempartner verwenden?
  3. Unterstützt unsere Kultur die Zusammenarbeit über interne und externe Grenzen hinweg, Agilität, Risikobereitschaft etc.?
  4. Unterstützt unsere Struktur funktionsübergreifende Zusammenarbeit, agile Innovation und selbstorganisierende Teams?
  5. Haben wir das nötige Talent, wo wir es brauchen?
  6. Ist unsere Belohnungs- und Anerkennungsstrategie auf die Werte ausgerichtet, die eine digitale Transformation ermöglichen?
  7. Haben wir darüber nachgedacht, wie wir die Zeitarbeit nutzen und verwalten und dieses Segment in unsere gesamte Talentstrategie einbeziehen?
  8. Haben wir eine digitale Plattform, die es uns ermöglicht, Talente überall in der Organisation zu finden, zu verwalten und einzusetzen? Nutzen wir digitale Plattformen, um externes Talentangebot zu verstehen und kritische Talente zu finden?
  9. Bieten wir unseren Mitarbeitern eine Vielzahl von Möglichkeiten, die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben?
  10. Können wir Talentdaten mit anderen Arten von Daten (Unternehmen, Vertrieb, Marketing, Kunden usw.) kombinieren, um anderen zu verdeutlichen und zu demonstrieren, wie Talentfaktoren mit Geschäftsergebnissen in Verbindung stehen?

Einige dieser 10 Leitfragen habe ich im zweiten Beitrag dieser 3er-Reihe vertieft. Ich halte diese für essentiell, denn: Unternehmen stehen heute vor drei ineinander greifenden Herausforderungen: die Forderungen der Anteilseigner nach Wachstum, der Wunsch der Mitarbeiter nach Sinn durch Arbeit und die steigenden Erwartungen der Öffentlichkeit, dass sie soziale, wirtschaftliche und ökologische Herausforderungen angehen.

Im dritten und letzten Beitrag dieser Reihe habe ich skizziert, was die Pioniere im Thema DT&I anders bzw. konsequenter machen als die Nachzügler, um BIP-Wachstum in der neuen digitalen Wirtschaft zu generieren. Wesentliche Schwerpunkte entlang der drei Beiträge zum Thema DT&I werde ich im Rahmen des Business Breakfasts am 31. Januar 2018 in Zürich vertiefen.

Nachfolgend meine Blogbeiträge der letzten Monate zum Thema Digitale Transformation & Innovation:

Aktuelle Studien von The Conference Board zu diesem Thema Digitale Transformation finden Sie hier.