In einem früheren Beitrag habe ich mich mit den Phasen der Strategiekommunikation auseinandergesetzt. Eine wichtige Voraussetzung dafür, um diese Phasen sinnvoll zu durchlaufen, ist die Abstimmung mit resp. die Ausrichtung der Kommunikation an der Unternehmensstrategie.

In Anlehnung an die Publikation „How Can Communication Be Aligned With Corporate Strategy“ der Akademischen Gesellschaft für Unternehmensführung & Kommunikation gehe ich folgenden Leitfragen nach:

  • Warum ist die Ausrichtung so wichtig?
  • Was verbirgt sich hinter dem Communication Value Circle (CVC)?
  • Wie ist mit dynamischen Umgebungen umzugehen?

Bedeutung von Ausrichtung

Hervorragende Kommunikationsabteilungen zeichnen sich durch eine enge Ausrichtung von Kommunikations- und Geschäftszielen aus. Ausrichtung bedeutet: Bindeglied zwischen wichtigen organisatorischen Komponenten wie Strategie, Kultur, Prozessen, Mitarbeitern, Führungskräften und IT-Systemen, die zum Erreichen gemeinsamer Ziele zusammengeführt werden. Eine solche Ausrichtung ist anspruchsvoll, zumal es aus der Konzeptforschung und der empirischen Forschung keine allgemein verwendeten Tools, Praktiken oder Richtlinien gibt, um die Ausrichtung sicherzustellen.

Eine Unterscheidung zwischen interner und externer Ausrichtung bringt mehr Klarheit in das Konzept der Ausrichtung:

  • Interne Ausrichtung bezieht sich auf die Ausrichtung aller internen Prozesse, Strukturen, Systeme und Mitarbeiter auf ein gemeinsames Ziel. Unternehmen möchten eine Übereinstimmung zwischen Unternehmenswerten, Unternehmenskultur, Organisationsidentität und Unternehmensstrategie herstellen, um Konsistenz und Kohärenz sicherzustellen.
  • Externe Ausrichtung bezieht sich auf die Ausrichtung des Unternehmens auf sein externes Umfeld und die vielfältigen Überzeugungen und Werte, die von verschiedenen Interessengruppen formuliert werden (vgl. Cees B.M. Van Riel: The Alignment Factor. Leveraging the Power of Total Stakeholder Support).

Die strategische Ausrichtung der Kommunikation nach innen und außen ist eine wichtige Voraussetzung, um auf effiziente und effektive Weise zur Wertschöpfung beizutragen. Zu den positiven Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg gehören:

  • eine Verbesserung der strategischen Positionierung,
  • die Ermittlung von Wettbewerbsvorteilen,
  • eine Verbesserung der Vertrauenswürdigkeit und Glaubwürdigkeit des Unternehmens unter den Stakeholdern, sowie
  • eine Steigerung der internen Effizienz und Kostensenkung aufgrund eines stärkeren Engagements der Mitarbeitenden, wenn ihre Einstellungen und Verhaltensweisen mit den Unternehmenszielen und der Unternehmenskultur in Einklang stehen (vgl. Schritte 3-5 der Strategieimplementierung).

Der Communication Value Circle

Die Ausrichtung der Kommunikation ist immer unternehmensspezifisch und hängt auch von verschiedenen organisatorischen Faktoren wie Größe, Hierarchie, Unternehmenskultur sowie der Zugänglichkeit zu Managemententscheidungen ab. Es gibt keinen „one best way“.

Wie bestimmt man nun den Wert einer an der Unternehmensstrategie ausgerichteten Kommunikation? Die Erklärungsansätze reichen von der Stärkung der Reputation und der Marke, über die Steigerung des Umsatzes bis hin zur Förderung der Mitarbeitermotivation. Allerdings teilen Kommunikatoren dabei selten die gleiche Vorstellung von wertschöpfender Kommunikation. Um ein einheitliches und übergreifendes Verständnis zu fördern wurde der Communication Value Circle entwickelt. Mit dessen Hilfe können Kommunikationsziele an der übergeordneten Unternehmensstrategie ausgerichtet werden. Der Communication Value Circle kann auch als Evaluationsinstrument genutzt werden, um die Zielerreichung zu überprüfen.

Die zwölf großen Kommunikationsziele (äußerer Kreis) zahlen direkt auf die allgemeinen Unternehmensziele (innerer Kreis) ein. Dadurch wird sichergestellt, dass die Kommunikations- und Unternehmensstrategie eng verknüpft sind.

Der sog. Alignment Process, um dies zu gewährleisten, läuft wie folgt ab:

Für die Ausrichtung der Kommunikation sind eine präzise Erklärung zur Unternehmensstrategie und klare Geschäftsziele erforderlich. Häufig Hindernisse sind:

  • nicht transparente Unternehmensziele,
  • eingeschränkter Zugang zum Strategieprozess, sowie
  • laufende Strategieänderungen.

Umgang mit dynamischen Umgebungen

Kommunikatoren entwickeln spezifische Lösungen für die Schaffung einer strategischen Ausrichtung:

  • Top-down vs. Bottom-up: Die meisten Unternehmen verwenden den klassischen Top-Down-Ansatz, bei dem Kommunikationsziele aus Unternehmenszielen abgeleitet werden, wie im Alignment Process dargestellt. Im Gegensatz dazu sucht der Bottom-up-Ansatz nach Input von Mitarbeitern und externen Stakeholdern mit dem Ziel, ihre Erwartungen in den Prozess der Formulierung der Kommunikationsstrategie zu integrieren.
  • Formell oder informell: Die Abstimmung kann durch formalisierte Prozesse, Strukturen und Instrumente, durch Verhandlungen während jährlicher Strategiesitzungen mit dem Vorstand sowie durch Strategie-Workshops mit Kommunikationsmanagern erreicht werden. Im Gegensatz dazu kann es auch in informellen Besprechungen und in persönlichen Verhandlungen mit dem Vorstand oder den Führungskräften der relevanten Geschäftsbereiche stattfinden. Informelle Einstellungen können die gemeinsame Entwicklung von Evolutionszielen und -strategien erleichtern.
  • Zentralisiert vs. dezentralisiert: Beim zentralisierten Ansatz ist die Unternehmenszentrale in der Regel für die Definition der Unternehmensstrategie sowie für die Koordinierung der Ausrichtung der gesamten Organisation verantwortlich. Strategische Ziele werden in der Regel auf Geschäftsbereiche, Abteilungen, Führungskräfte und Mitarbeiter übertragen. Dezentral bedeutet, dass der Ausrichtungsprozess von den Geschäftsbereichen und regionalen Standorten aus unabhängiger durchgeführt wird.

In der sich ständig verändernden und unvorhersehbaren Welt von heute werden Strategien häufig nicht wie geplant umgesetzt und erfordern stattdessen vielfältige Anpassungen. Aus diesem Grund haben sich Management- und strategische Kommunikationsforschung von der traditionellen Sichtweise – geplant, linear und rational – verabschiedet und eine dynamischere, prozessgesteuerte Perspektive auf Strategien eingenommen. Detaillierte Ausführungen hierzu finden sich in:

Ein solches Verständnis impliziert, dass sich Strategien dynamisch und kollaborativ durch Dialog und Interaktion mit Organisationsmitgliedern und wichtigen Stakeholdern der Organisation entwickeln. Kommunikationsabteilungen erleichtern diesen Prozess, indem sie Mitarbeitende in Strategieprozesse einbeziehen und Stakeholder-Dialoge mit externen Stakeholdern einrichten. Darüber hinaus verwenden Kommunikationsabteilungen häufig Umweltscans oder Issue-Monitoring, um neuen Trends immer einen Schritt voraus zu sein, aufkommende Probleme zu interpretieren und negative Veränderungen in der öffentlichen Meinung zu antizipieren.

Fazit

Kommunikationsmanager können von dem neuen Strategieverständnis profitieren. Da es kein endgültig festgelegtes Ziel gibt, können sie experimenteller vorgehen. Dies beinhaltet das Aushandeln verschiedener strategischer Optionen mit dem Top-Management, die gemeinsame Entwicklung von Strategien mit Mitarbeitern, das Betreten neuer Wege und das Lernen durch Handeln sowie das ständige Reflektieren und Anpassen bestehender Kommunikationsziele.

Da emergente Strategien jedoch nicht genügend Leitlinien bieten, stellen sie eindeutig eine entscheidende Herausforderung für die Ausrichtung von Kommunikationszielen auf übergeordnete Geschäftsziele dar. Weder lineare noch emergente Strategien bieten eine optimale Lösung in komplexen Geschäftswelten mit überwiegend fest umrissenen Projekten – hinsichtlich Umfang und Projektplan. Stattdessen verspricht eine Synergie beider Ansichten eine praktisch realisierbare Lösung: Aufrechterhaltung einer hohen Flexibilität und Anpassungsfähigkeit bei gleichzeitiger Navigation in Richtung einer festen strategischen Richtung, die ständig unter der Kontrolle der Realität steht.

Neue Methoden, wie die agile Planung mit Methoden wie dem Reflective Communication Scrum (vgl. Betteke van Ruler), bieten innovative Lösungen. Sie ermöglichen eine agile Planung der Kommunikation unter unvorhersehbaren Bedingungen. Anstatt strenge Regeln und vorgefertigte Pläne vorzuschreiben, hilft Scrum – wie auch andere agile Methoden in der Unternehmenskommunikation – dabei, sich auf einige allgemeine Ziele zu konzentrieren, iterative Pläne und intelligente Prioritäten aufzustellen, sich an Veränderungen anzupassen und weiterhin in Bezug auf Personal, Budgetierung und Leistungsbewertungen rechenschaftspflichtig zu bleiben.

Hinsichtlich der Einbindung künstlicher Intelligenz hat die Unternehmenskommunikation Nachholbedarf. Dabei hätten Kommunikatoren sehr einfach Zugang zu Daten aus den sozialen Medien und dem Internet, die für KI-Anwendungen genutzt werden können. Künstliche Intelligenz kann die Unternehmenskommunikation auf vielfältige Weise unterstützen: Angefangen von Analytics über Evaluation bis hin zu Chatbots und automatisierter Texterstellung ist vieles möglich. Aktuell scheint es jedoch noch schwierig zu sein, die notwendigen Kompetenzen zur Nutzung von KI bei den Mitarbeitern aufzubauen.