Wie bereits angekündigt geht es in zwei neuen Beiträgen um notwendige Anspruchshaltungen, damit die Implementierung von Strategien gelingen kann. Eine Gewähr zum Gelingen gibt es nicht, es gibt auch keinen „one size fits all“-Ansatz. Umso wichtiger sind Erkenntnisse und Erfahrungen aus der Praxis, an denen man sich orientieren kann.

Bei aller Einzigartigkeit strategischer Ausrichtungen und Projekte scheint es doch einige Gemeinsamkeiten zu geben, die für eine erfolgreiche Strategieumsetzung förderlich sind. In diesem Beitrag lege ich den Fokus auf die Ausgestaltung der Strategieentwicklung, auf die Verantwortlichkeiten seitens Vorstand/Geschäftsführer einerseits und Führungskräften/Projektleitern andererseits, sowie auf das Change Management.

Anspruch an die Strategieentwicklung

Die Herausforderungen in Bezug auf die Strategieumsetzung beginnen bereits mit der Strategieentwicklung. Hierbei werden nämlich zentrale Weichen für die Umsetzung gestellt. Ein guter Strategieentwicklungsprozess zeichnet sich dadurch aus, die Kreativität in der Strategieentwicklung nicht durch Begrenzungen zu ersticken und trotzdem die Umsetzung und damit die begrenzenden Rahmenbedingungen im Auge zu behalten. Diese Balance ist nicht einfach!

Die am meisten unterschätzten Faktoren der Strategieimplementierung sind die Unsicherheit und das Ausmaß externer und interner Abhängigkeiten.  Beides sollte deshalb soweit möglich bereits in die Strategieentwicklung mit einfließen. Häufig werden Vorstudien resp. Proof-of-Concept dafür genutzt, um Unsicherheiten bei der Strategieumsetzung im Rahmen zu halten. Mitunter wird neben den „Grad der Unsicherheit“ noch eine zweite Achse, der „Grad der Zustimmung“, gelegt, um quasi auf Basis einer Matrix zu entscheiden, wann und an welcher Stelle der Beginn eines strategischen Projektes sinnvoll ist.

Sowohl der Prozess als auch das Ergebnis einer Strategieentwicklung können anhand von bis zu acht Kriterien („Realitäts-Check“) auf ihre Tauglichkeit überprüft werden: Logik, Vollständigkeit, Ebenenkonsistenz, Wirtschaftlichkeit, Finanzierbarkeit, Transformierbarkeit, Ressourcen und Marktrealität (vgl. Eberl/Görlich/Volkenandt). Das wohl wichtigste Kriterium ist die logische Nachvollziehbarkeit und interne Logik der Strategie („Strategische Kausalkette“; „Strategy Map„); d.h. die Strategie füllt mittels Vorstudien und strategischer Projekte logisch den entstandenen Zwischenraum zwischen aktueller Situation und Vision für eine imaginäre Zukunft („strategische Lücke„). Man spricht hier bewusst von einer Kausalkette und nicht von einer „Bauchgefühl-Kette“. Eine dokumentierte Ursachen-Wirkungs-Analyse sowie eine grafische Darstellung der „strategischen Kausalkette“, also der Hauptäste eines Kausaldiagramms, wirkt sehr disziplinierend. Kausalität ist eindeutig definiert und nicht mit Korrelation zu verwechseln! Je genauer die „strategische Kausalkette“ im Rahmen der Strategieentwicklung formuliert und dargestellt wurde, desto genauer wird die Interpretation (in einem Projektauftrag) gelingen.

Bereits während der Strategieentwicklung wird auch mit der Strategiekommunikation begonnen:

  • Warum? (sence of urgency, burning platform),
  • wohin? (Vision, Ziele),
  • wie? (strategische Kausalkette),
  • Nutzen? (Auswirkungen auf die Stakeholder).

Eine konsistente und verlässliche Kommunikation gibt Orientierung.

Am Ende des Strategieentwicklungsprozesses wird üblicherweise ein Strategiepapier erstellt. Dieses Dokument zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:

  • Es ist umfassend,
  • es bewertet kritisch die aktuelle Situation,
  • es stellt die weitere Entwicklung dar,
  • es beschreibt verständlich die gewählte Vision,
  • es setzt sich mit Erfolgswahrscheinlichkeiten alternativer Strategien auseinander,
  • es beinhaltet den Prozess und die Kriterien der Strategieauswahl,
  • es thematisiert Abhängigkeiten von speziellen Risiken, und
  • es skizziert Alternativszenarien für die wichtigsten Risikobereiche.

Wenn Sie nach einer Mastergliederung für ein solches Strategiepapier suchen, dann schreiben Sie mich gerne an.

Anspruch an Verantwortlichkeiten

Das Top-Management legt als Auftraggeber strategischer Projekte in der Strategieumsetzung die Rahmenbedingungen fest und sichert die Mittelbereitstellung ab, während Bereichs- und Projektleiter den Fortschritt der Projektausführung nachweisen und entsprechende Berichte darüber für den „Auftraggeber“ erstellen. Die Verantwortlichen eines strategischen Projektes werden somit zum Auftragnehmer.
Auftraggeber können die Verantwortung für die Strategieumsetzung nicht abgeben, sie bleiben „accountable“ und können lediglich die Ausführung von Aufgaben übertragen.

Die Verantwortlichkeit des Auftraggebers wird mitunter unterschiedlich gelebt. Verträge mit externen Dienstleistern werden – häufig unter Einbindung des Einkaufs – akribisch verhandelt, während Schlüsselrollen der Strategieumsetzung intern häufig mit „Kompromisspersonen“ oder „verdienten Mitarbeitenden“ besetzt werden. Ich gehe darauf im zweiten Teil mit Blick auf Kompetenzen detaillierter ein.

Bevor es zu einer Einigung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer kommt, sollten eventuelle Zielkonflikte gelöst werden. Beispiele für sachlich begründete Zielkonflikte:

  • Konflikte in der Definition der strategischen Ziele,
  • Projektabhängigkeiten mit nicht kompatiblen Zielsetzungen oder Projektplanungen,
  • Geschäftsabhängigkeiten, bei denen Projekt und Tagesgeschäft einander gegenüberstehen, sowie
  • Stakeholder mit unterschiedlichen Interessenslagen.

Ignorierte und ausgesessene Zielkonflikte werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einem deutlich erhöhten Projektaufwand führen und ggf. sogar zum Misserfolg. Sie sollten daher im Sinne eines Unternehmensoptimums und nicht als tragfähige Kompromisslösungen der Beteiligten aufgelöst werden. Konflikterkennung und -bearbeitung gehören zu den wichtigsten Aufgaben der Unternehmensführung, da gerade im Zusammenhang mit der Umsetzung strategischer Projekte Konflikte entstehen. Eine nachhaltige Konfliktlösung geht einher mit der Veränderung von Einstellungen, Verhalten und gelegentlich auch von Werten (vgl. Burke-Litwin-Kausalmodell mit 12 Schlüsseltreibern).

Anspruch an Change Management

Den Ausführungen zur Konfliktlösung schließt sich direkt dieser Absatz zu Veränderungs-/Change-Management an. Hierzu gehören alle Aktivitäten, die dazu führen sollen, dass eine beschlossene Strategie nicht nur umgesetzt wird, sondern auch ein positives Ergebnis erzielt; d.h.: die neue Strategie mit ihren Änderungen muss angenommen und unterstützt werden.

Entlang der Erfolgsfaktoren des Change Management können vier Level unterschieden werden:

Mitarbeitermotivation im Sinne eines affektiven Commitments ist unabdingbar für eine erfolgreiche Strategieumsetzung. Mittels angemessener Partizipation (vgl. Umsetzungsschritte 3-5 der prozessualen Verankerung) können Motivation und Commitment gesteigert und zusätzlich ein kreatives Potenzial für das Unternehmen gehoben werden. Ohne die Beantwortung des „Warum“ würde ein Umsetzungsprojekt den von Veränderungen betroffenen Mitarbeitern nicht erklären können, weshalb die Veränderungen zwingend notwendig sind, was wiederum ein zentrales Hilfsmittel ist, um die betroffenen Mitarbeiter zu motivieren, die Veränderungen zu unterstützen.

Zwischenfazit

Bereits in der Strategieentwicklung werden zentrale Weichen für die Umsetzung gestellt. Neben der Balance aus Kreativität und begrenzten Rahmenbedingungen geht es um das Bewusstsein von Unsicherheit und Abhängigkeiten. Ebenfalls wichtig ist der Realitäts-Check mit Schwerpunkt auf einer strategischen Kausalkette.

Die maximale Leistung wird in der Strategieumsetzung dann erreicht, wenn die Leistungsfähigkeit jedes einzelnen Mitarbeiters kompatibel mit der Mission und Strategie des Unternehmens ist. Konflikte stellen „Bremsklötze“ bei der Gleichrichtung der Energie dar und spielen daher eine besondere Rolle im Change Management.

Die emotionale Ebene von Veränderungen darf nicht ignoriert werden und stellt hohe Anforderungen an die Organisation und das Management der Strategieumsetzung.

Im zweiten Teil gehe ich auf zwei weitere Anspruchshaltungen für eine erfolgreiche Strategieimplementierung ein.