Die ersten Wochen im neuen Jahr sind vorüber. Wir sind angekommen im Jahr 2022. Mit welchen Prioritäten beschäftigen wir uns? Wo suchen wir noch den richtigen Weg?
Auf diese und weitere Fragen möchte ich meine Sicht gerne mit Ihnen teilen. Bereits an dieser Stelle bitte ich Sie herzlich darum, mir und den Leser:innen dieses Beitrages auch Ihre Sicht zu schildern, indem Sie einen Kommentar schreiben. Danke vorab!
Externe Einflussfaktoren 2022
Wir haben gelernt, „von außen nach innen“ vorzugehen und externe Analysen, wie z.B. die PESTEL-Analyse, unseren Überlegungen voranzustellen.
Die Liste ist lang: Steigende Inflation, Rezessionsrisiko, Unterbrechungen der Lieferkette, Fachkräftemangel, Einbindung künstlicher Intelligenz, Änderungen beim Kundenverhalten, weltweite politische Instabilität, Volatilität der Rohstoffpreise, Volatilität der Energiepreise, Cybersicherheit, Regulierung, sowie – nicht zu vergessen – die Bewältigung der weltweiten Pandemie.
Als Strategie mit Personalschwerpunkt möchte ich einen Punkt hervorheben: Der Fachkräftemangel treibt die Rekrutierung und Bindung von Talenten weltweit an die Spitze der CEO-Agenden im Jahr 2022. Einzige Ausnahme ist China. Da sich die Verhandlungsmacht von den Arbeitgebern zu den Arbeitnehmern verlagert, sollten sich Unternehmen auf höhere Lohn- und Produktionskosten sowie eine höhere Fluktuation im Jahr 2022 vorbereiten.
Strategie-Teams entwickeln Geschäftsszenarien auf der Grundlage ihrer Analyse von Einflussfaktoren, welche die Zukunft des Unternehmens erheblich beeinträchtigen. Solche Szenarien umfassen auch Humankapitalfaktoren, wie demographische Trends, Kompetenzen und Präferenzen der Arbeitnehmer.
Wichtige Handlungsfelder 2022
Geschäftsführungen und Führungskräfte streben in ihren Unternehmen danach, agiler, widerstandsfähiger und innovativer zu sein; von Geschäftsmodellen über Cashflow-Management bis hin zu Lieferketten, Unternehmenskultur und Human Capital Management.
Weltweit betrachtet geht es vor allem darum, Talente anzuziehen und zu binden, das Tempo der digitalen Transformation zu beschleunigen, Führungskräfte der nächsten Generation zu entwickeln und kundenorientierter zu agieren.
Mit Blick nach Europa, wo auch das Thema Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle spielt, möchte ich einige Handlungsfelder besonders hervorheben:
- Einige der schnellsten und wirkungsvollsten Lösungen, um Talente anzuziehen und zu binden, beinhalten Änderungen am Rekrutierungsprozess (Beispiele: Mitarbeiterempfehlungsprogramme, Implementierung neuer/fortschrittlicher Technologien), um schneller zu agieren und Kandidaten gezielter anzusprechen. Aktuell gewinnt auch die Erhöhung der Flexibilität für virtuelle Arbeit, das Finden von Wegen, ältere Arbeitnehmer zu halten, und die Pflege eines Arbeitsumfelds, in dem effektive und empathische Manager die Bedürfnisse der Arbeitnehmer nach einer Work-Life-Balance unterstützen und Unternehmensrichtlinien darauf ausgelegt sind, Reibungen zu reduzieren, an Bedeutung.
- In einer Ära vernetzter Kunden, in der das Erlebnis (CX) genauso wichtig ist wie das Produkt oder die Dienstleistung selbst, erkennen wir, dass Veränderungen in der Art und Weise, wie Kunden Geld ausgeben und Entscheidungen treffen, im kommenden Jahr einen großen Einfluss auf unsere Unternehmen haben werden. Die Änderung des Geschäftsmodells und eine stärkere Kundenorientierung gehören zu den wichtigsten Handlungsfeldern weltweit. Echtzeit-Erkenntnisse zu sich ändernden Verhaltensweisen und Einstellungen von Verbrauchern differenzieren bereits Marketingfunktionen. In Zukunft werden Go-to-Market-Strategien, die das Kundenerlebnis betonen, entscheidend für den Erfolg sein.
- Mit Blick auf die Führungskräfte ist es sehr wichtig, dass diese ihre Mitarbeitenden während der COVID-19-Krise und danach in einem Hybrid-/Remote-Arbeitsmodus motivieren, die künftige Art zu arbeiten vorleben und die Produktivität stetig steigern.
Zahlreiche Untersuchungen heben folgende Verhaltensweisen hervor:- Erinnern Sie Mitarbeitende an die Vision, die Mission und die Werte des Unternehmens. Diese sind das Rückgrat einer agilen Organisation!
- Formulieren Sie Mut machende Botschaften; erkennen Sie aber auch die Herausforderungen und Stressfaktoren an, mit denen Arbeitnehmer:innen konfrontiert sind.
- Vereinbaren Sie messbare Ziele und geben Sie eine klare Richtung vor; insbesondere dann, wenn Teams remote arbeiten und sich Geschäftsbedingungen schnell ändern.
- Führen Sie insbesondere in einer Remote-Umgebung regelmäßig Einzelgespräche, fordern Sie von allen Teammitgliedern Commitment ein, gewährleisten Sie ein integratives Umfeld, und zeigen Sie Anerkennung für Beiträge und Leistungen ihrer Mitarbeiter:innen.
- Bewahren Sie Vertrauen und Integrität; legen Sie einen Fokus auf Gesundheit und Sicherheit.
- Regen Sie Innovationen durch neue Tools und Technologien an. Sorgen Sie dafür, dass alle Beteiligten über die notwendigen Kommunikations- und Kollaborationstools verfügen und in ihrer Anwendung geschult werden.
- Bieten Sie umfangreiche Lernmöglichkeiten an, damit Mitarbeiter:innen in einer virtuellen Umgebung effektiv bleiben und neue Fähigkeiten entwickeln können.
Fazit
Ein wesentlicher Fokus unserer Arbeit ist die Entwicklung und Bindung Mitarbeitender inmitten angespannter Arbeitsmärkte. In vielen Ländern machen eine schnell alternde Bevölkerung und schrumpfende Arbeitskräfte innovative Talentlösungen zu einer entscheidenden Priorität. Die Rekrutierung und Bindung von Talenten hat deshalb weltweit oberste Priorität. Um dieser Sorge Rechnung zu tragen, konzentrieren sich die Prioritäten des Personalmanagements für 2022 auf die Kernelemente des Talentmanagements – Rekrutierung, Bindung und Entwicklung – mit einem Schwerpunkt auf den Aufbau einer stärker mitarbeiterzentrierten Kultur rund um Innovation, Kompetenzentwicklung, Führungskräfteentwicklung und Agilität.
TEIL 2
Volker,
das mit den älteren Mitarbeitern halten, interessant. Aber in der Praxis sehe ich einige Probleme.
Ich möchte gerne Fachkräfte behalten, welche in den Ruhestand gehen könnten mit 65.
Aber wie gesagt, das heutige System macht es für diese Leute unattraktiv.
Mit anderen Worten die Freibeträge sind sehr klein und den Rest was ich Ihnen bezahle, wird ihnen zu fast 100% von der z.B. Pensionsbezügen abgezogen…
Das System macht es heute unattraktiv deine Bezüge mit Teilzeit im Ruhestand zu verbessern. Das müssen wir schleunigst ändern.
Kurz, wollen wir diese Leute behalten, ist die Politik gefordert.
Wir brauchen hier mehr Flexibilität, damit wir finanziell attraktive Möglichkeiten bieten können, ohne dass es nachteilige Auswirkungen hat auf die Ruhestandsbezüge.
Freundlichst
Urs DrKPI CyTRAP
Lieber Urs,
vielen Dank für deinen Kommentar! Du beschreibt das „heutige System“ als „unattraktiv“ und gehst danach auf die Vergütung ein. Zwei Anmerkungen meinerseits:
1. Ich erlebe die Vergütung von Mitarbeitenden, die über die Altersgrenze hinaus in den Betrieben arbeiten wollen, so, dass die Betriebe frühzeitig auf die Fachkräfte zugehen und individuelle Rahmenbedingungen vereinbaren. Diese sind dann auch finanziell für die Betroffenen hinreichend attraktiv.
2. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat herausgefunden, dass v.a. attraktive, flexible Arbeitszeiten als Motivator dafür genannt werden, länger zu arbeiten. Auch das Gefühl, noch gebraucht zu werden und sich mit seinen Kompetenzen – nicht zu verwechseln mit Erfahrungswissen! – in laufende Projekte mit einbringen zu können (z.B. als Coach ohne Führungsverantwortung), sollte in seiner Bedeutung nicht unterschätzt werden. Finanzielle Gründe, Prämien oder gar eine Beförderung beeindrucken laut IAB hingegen kaum.
Was lernen wir einmal mehr daraus, lieber Urs? Nicht auf die Politik warten, sondern mit den Leuten reden und machen!
Bleib´ gesund, Volker
TEIL 1
Lieber Volker,
danke für diesen Beitrag. Du schreibst unter anderem, dass wir unsere Rekrutierung ändern sollten wie z.B.:
1. Mitarbeiterempfehlungsprogramme,
2. Implementierung neuer/fortschrittlicher Technologien,
Neue Ansätze müssen wir da auch für die Rekrutierung von Schülern für die Ausbildung nutzen. Auch hier hapert es gewaltig. Dies besprechen wir hier: ==> https://drkpi.com/de/azubi-recruiting-trends-und-strategie-2022/#azubi-recruiting-marketing-strategien-und-methoden <==
Merci
Urs DrKPI CyTRAP
Lieber Urs,
über die Bedeutung einer Website resp. einer Recruiting Website sind wir uns einig. Die Fragen im Website Audit sind sicherlich ein erster Schritt in eine strategische Vorgehensweise hinein.
Deine Aussage „Was am besten zu Ihrer Firma und Ihrem Lehrstellenangebot passt, müssen Sie selbst entscheiden“ kann man so tätigen; wir bei der STRIM sehen genau hier die zentralen Stellhebel und haben deshalb die Value Proposition Canvas (2018) als Nukleus für eine Talent Acquisition Canvas (2019) entwickelt.
Hierbei spielen – das ist mir sehr wichtig – Kosten-Nutzen-Betrachtungen, Business Cases, und die Einbindung relevanter Kennzahlen und Indikatoren eine Rolle.
Für das Gelingen der Rekrutierung im Sinne einer höheren Effektivität sind meine zentralen Fragen folgende:
– Beherrschen Personaler und Bildungsverantwortliche eine strategische Herangehensweise? Wo ist diese dokumentiert?
– Existieren Kosten-Nutzen-Betrachtungen, Business Cases, und ein Set relevanter Kennzahlen (inkl. Definition, Datenquellen, Häufigkeit der Erhebung, etc.)?
– Welche aktuellen Vorgehensweisen im Recruiting führen nicht mehr zum gewünschten Ergebnis und sollten daher ersatzlos eingestellt werden?
Häufig genannte Gründe – du hast sie im Blog genannt – gegen eine wie oben skizzierte Vorgehensweise erinnert mich an die Metapher vom Holzfäller und führen m.E. dazu, dass die notwendige Effizienz ausbleibt, das Budget und die Zeit aber trotzdem verbraucht wurden.