Wenngleich uns hybrides Arbeiten seit Monaten beschäftigt war ich bisher mit Beiträgen hierzu zurückhaltend. Es fehlten ausreichende Erkenntnisse.

Dies ändert sich allmählich. Der folgende Beitrag beschäftigt sich deshalb mit drei Leitfragen:

  • Welche Beobachtungen haben eine gewisse Allgemeingültigkeit?
  • Was können wir aus dem Microsoft-Case lernen?
  • Gibt es hilfreiche Strategien zu hybridem Arbeiten?

Welche Beobachtungen haben eine gewisse Allgemeingültigkeit?

In den letzten 22 Monaten haben Unternehmen Veränderungen in einem Maße umgesetzt, wie man sich das vorher nicht vorgestellt hatte:

  • Arbeiten von zu Hause aus: Wir alle lernten, dass viele Aufgaben sehr effektiv von zu Hause aus erledigt werden können.
  • Online-Unterricht: Viele Schulen haben sich sehr schnell vom Präsenzunterricht zum Fern- oder Hybridunterricht verlagert. Auch berufsbegleitende Bildungseinrichtungen haben ihr Angebot in kurzer Zeit auf Online-Kurse umgestellt.
  • Fernberatung: Ärzte, Anwälte, Berater u.a. schwenkten schnell auf Ferntermine um. Wie bei vielen Innovationen üblich, gelang denjenigen, die bereits virtuell gearbeitet haben, der Übergang leichter als denen, die dies noch nie getan hatten.

Allgemein stehen Arbeitgeber vor großen Herausforderungen, um den Wünschen der Mitarbeiter:innen gerecht zu werden; das Beste aus beiden Welten:

  • Rund zwei Drittel der Führungskräfte (66 %) geben an, dass ihr Unternehmen erwägt, Büroräume für hybrides Arbeiten umzugestalten.
  • Über sieben von zehn Mitarbeitenden (73 %) möchten, dass flexible Remote-Arbeitsoptionen bestehen bleiben.
  • Gut zwei Drittel der Mitarbeiter:innen (67 %) wünschen sich mehr Präsenz im Büro und persönliche Zusammenarbeit nach der Pandemie.

Mit Blick nach Deutschland (Personalwirtschaft 48/2021 – KW49: Yougov-Studie)

  • verspüren fast drei Viertel der befragten Führungskräfte (74  %) Druck, ihre Arbeitsplatzrichtlinien im Sinne von mehr Flexibilität anzupassen,
  • geben 39 % an, der Druck gehe von den Führungskräften selbst aus und 40 % sagen, er komme von den Mitarbeitenden,
  • sind rund sieben von zehn Führungskräften (71 %) zuversichtlich, ihre räumlich verteilten Beschäftigten zu führen,
  • vertrauen fast vier von zehn Befragten (38 %) ihren Remote Workern nicht, dass sie zu Hause tatsächlich arbeiten!

Schon diese wenigen Beobachtungen machen deutlich: Es scheint eine große Kluft zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmererwartungen an hybride Arbeit zu geben.

Was können wir aus dem Microsoft-Case lernen?

Kathleen Hogan, Chief People Officer von Microsoft, hat umfangreiche Erfahrungen mit hybridem Arbeiten gesammelt. Sie bringt sich mit diesen Erkenntnissen offen in organisierte Austauschrunden mit ein und gibt so anderen Unternehmen die Möglichkeit, vom Microsoft-Case zu lernen.

Um in hybrider Arbeit erfolgreich zu sein, ist eine Kultur des Vertrauens und der Flexibilität notwendig. Microsoft befragt deshalb regelmäßig Mitarbeitende neben Kultur und Inklusion zu weiteren Elementen, wie Mitarbeiterwohl, Führung, Aufbau von sozialem Kapital, Technologie, Weiterbildung und Growth Mindset.

Daneben führt Microsoft seit Beginn der Pandemie täglich eine Opt-in-Befragung bei einer Stichprobe von 2.500 Mitarbeitenden durch, die entscheidungsrelevante Erkenntnisse zu Themen wie Return-to-Office und hybrides Arbeiten liefert:

  • Das Hybrid-Paradox: Mitarbeitende wünschen sich Flexibilität, von überall aus zu arbeiten, sehnen sich aber gleichzeitig nach mehr persönlicher Verbindung.
  • Es gibt keinen einheitlichen Ansatz. Einige Mitarbeiter:innen nennen Work-Life-Balance, Fokuszeit und Meetings als Gründe, ins Büro zu gehen. Andere sehen darin Gründe, zu Hause zu bleiben.
  • Die Rolle der Führungskraft wird noch wichtiger in hybrider Arbeit. Während der Umstellung auf Hybrid muss mit Bedacht vorgegangen werden.

In derzeit laufenden Initiativen anderer Unternehmen, wie z.B. Merck oder R+V (6/28), finden sich wesentliche Elemente des o.g. Microsoft-Case wieder.

Gibt es hilfreiche Strategien zu hybridem Arbeiten?

Drei McKinsey-Berater heben in einem Beitrag fünf aus diesen Erkenntnissen abgeleitete Strategien hervor, um Return-to-Office-Pläne umzusetzen und zu kommunizieren:

  1. Eine Größe passt nicht allen. Bei der Festlegung von Richtlinien für die Rückkehr ins Büro sollten Führungskräfte eine Denkweise der zielgerichteten Präsenz annehmen; d.h.: Nuancen berücksichtigen und sich auf die Art der Arbeit und Zusammenarbeit konzentrieren.
  2. Fragen nach dem „Warum„: Es reicht nicht zu sagen, dass Mitarbeiter „wegen der Kultur“ ins Büro zurückkehren müssen. Vielmehr sollten Führungskräfte genauer darlegen, warum ein hybrides Arbeitsmodell erforderlich ist und wie eine regelmäßige persönliche Präsenz in die umfassendere Vision und Strategie passt.
  3. Führungskräfte müssen die Auswirkungen der Rückkehr ins Büro auf das Arbeitsleben anerkennen – einschließlich Kinderbetreuung, Altenpflege usw. – und einen Schritt weiter gehen, um hervorzuheben, was das Unternehmen tun wird, um Mitarbeitende zu unterstützen.
  4. Return-to-Office-Ankündigungen sollten nicht nur Memos sein, die der CEO einmalig teilt. Stattdessen sollten Führungskräfte aller Ebenen ihre Teams aktiv in einen wechselseitigen Dialog einbeziehen, um sowohl Informationen auszutauschen als auch Vorschläge, Anregungen oder Bedenken bezüglich neuer Arbeitsweisen zu diskutieren.
  5. Da der zukünftige Verlauf von COVID-19 ungewiss ist und Führungskräfte in Echtzeit lernen, welche Betriebsmodelle für ihr Unternehmen am besten geeignet sind, müssen Pläne und Ankündigungen zur Rückkehr ins Büro Dokumente sein, die ständig bewertet, aktualisiert und neu kommuniziert werden.

Im Ergebnis geht es darum, ein neues Betriebsmodell für hybride Arbeit zu schaffen. Unternehmen, die während der Pandemie ihre Leistung gesteigert haben, investierten mehr Zeit in die Formulierung klarer Ziele und die Klärung der Strategie; bevollmächtigten kleine, siloübergreifende Teams, um Entscheidungen zu treffen, verbrachten mehr Zeit mit Coaching und Anerkennung, und führten neue Technologien für die Zusammenarbeit ein.

So entstehen laut Susan Cantrell von Deloitte, Nickle LaMoreaux von IBM und anderen „Hybrid-Experten“ sogar Möglichkeiten, Arbeit mit Hilfe von KI ohne Jobs zu organisieren und im virtuellen Team noch bessere Entscheidungen zu treffen.

Fazit

„Schon vor der Pandemie scheiterten flexible und hybride Arbeitsmodelle weniger an technologischen oder organisatorischen Hindernissen, sondern eher an der Ablehnung durch die Vorgesetzten“ – Prof. Dr. Oliver Falck, Leiter des ifo Zentrums für Industrieökonomie und neue Technologien.