Die Ergebnisse aus der letzten HAUFE-Studie zur Personalplanung decken sich mit meinen Beobachtungen und Gesprächen in Unternehmen der DACH-Region.

Kurz zusammengefasst:

  • Die Strategische Personalplanung ist aktuell noch eine Randerscheinung. Nur eine Minderheit der Unternehmen verfügt über eine eigenständige Organisationseinheit Personalplanung.
  • Die qualitative Dimension ist deutlich ausbaufähig; v.a. mit Blick auf Engpassprofile. Nach wie vor überwiegen Stellen statt Kompetenzen.
  • Die – mit oder ohne Planungssoftware – eingebundenen Datenquellen beinhalten in der Regel keine Marktdaten und lassen nur sehr eingeschränkt fundierte Szenarioanalysen sowie aussagekräftige Regressions- und Korrelationsrechnungen zu.

Die Strategische Personalplanung ist das Bindeglied zwischen Unternehmensstrategie und Personalstrategie! Wer hierbei kurzfristig denkt, plant kurzsichtig und muss sich von zukünftigen Entwicklungen überraschen lassen. Dies gefährdet die Überlebensfähigkeit einer Organisation massiv.

Da sich die Arbeitswelt und die Belegschaft verändern, brauchen Unternehmen neue Ansätze, um Talente und Führungskräfte zu gewinnen, zu entwickeln und zu binden sowie eine starke Kultur aufzubauen, die Mitarbeiter befähigt und die Leistung fördert. Drei davon stelle ich in diesem Beitrag heraus:

  • Fokus auf Kompetenzen legen,
  • Interne Talentmarktplätze ausbauen, und
  • Belegschafts-Ökosysteme aufbauen.

Fokus auf Kompetenzen legen

Beim Aufbau einer qualifizierteren Belegschaft gehen etliche Unternehmen bereits den Weg zur kompetenzbasierten Organisation (KBO). Diese …

  • sind zu 107 % eher in der Lage, Talente effektiv zu vermitteln,
  • haben zu 98 % eher den Ruf, ein großartiger Ort für Wachstum und Entwicklung zu sein,
  • binden zu 98% höherer Wahrscheinlichkeit mehr Leistungsträger,
  • schaffen zu 79 % eher eine positive Erfahrung für die Mitarbeitenden,
  • schaffen es mit 57 % höherer Wahrscheinlichkeit, Veränderungen zu antizipieren und effektiv und effizient darauf zu reagieren,
  • sind mit einer 52% höheren Wahrscheinlichkeit innovativ,
  • verbessern mit 49 % höherer Wahrscheinlichkeit eher Prozesse, um die Effizienz zu maximieren, und
  • bieten mit 47 % größerer Wahrscheinlichkeit ein integratives Umfeld.

Lesenswert ist in diesem Zusammenhang die vierte Ausgabe des Future of Jobs Report 2023 des Weltwirtschaftsforums; eine wahre Fundgrube an Daten, Erkenntnissen und Visualisierungen. Dieser beinhaltet u.a. die Top-10-Kompetenzen 2023.

Interne Talentmarktplätze ausbauen

Laut LinkedIn-Studie „Global Talent Trends 2023“ hat sich die Zahl der Neueinstellungen in vielen Ländern verlangsamt. Gleichzeitig befindet sich die interne Mobilität in mehreren Branchen im Aufwärtstrend.

Für eine erfolgreiche Einführung der dafür notwendigen internen Talentmarktplätze (ITMs) ist es erforderlich, die Präferenzen der Mitarbeitenden mit den Bedürfnissen einer kompetenzbasierten Organisation in Einklang zu bringen.

In ihrem Artikel für Harvard Business Review erläutern die Autoren die vier Hauptvorteile von ITMs:

  • Geringere Wiederbeschaffungskosten,
  • bessere Platzierung innerhalb einer großen Belegschaft,
  • mehr Möglichkeiten für Generalisten, und
  • bessere Aggregation von Erkenntnissen.

Darüber hinaus skizzieren sie die Vorgehensweise beim Aufbau von ITMs mit Blick auf Technologie, Veränderung, Kultur und Daten.

Wenn Sie sich auch mit der Einführung eines ITM beschäftigen, dann empfehle ich Ihnen den jüngsten Bericht von Mercer, der sich mit dem Business Case, der Einführung, möglichen Ergebnissen und ROI, Hinweisen zum Change Management, sowie Tipps für den Start und Aufrechterhaltung der Dynamik beschäftigt.

Belegschafts-Ökosysteme aufbauen

Ökosysteme greifen vor allem dort, wo Unternehmen schnell und flexibel agieren müssen. Diese folgen einer HR-Flex-Value-Strategie; d.h. gezielte Investitionen in bestimmte Bereiche des Human Resources Management wechseln sich ab mit Kostensenkungsinitiativen, die zu Prozess- und Effizienzoptimierungen führen.

In dem kürzlich veröffentlichten Buch „Workforce Ecosystems. Reaching Strategic Goals with People, Partners, and Technologies“ heben die Autoren vier Schlüsselphasen hervor, die strukturelle, politische und kulturelle Fragen im skizzierten Kontext lösen:

  • Bildung des Orchestrierungsteams: Die Verantwortlichen stellen eine Kombination aus zentralen, lokalen und externen Vertretern der wichtigsten Interessengruppen zusammen und entwickeln einen umfassenden Handlungsrahmen.
  • Lokale Erprobung: Lokale Teams führen Pilotprojekte durch, um die Ziele des Ökosystems für Arbeitskräfte auf ihre unterschiedlichen Kontexte zu übertragen und Probleme zu lösen, die während der Erprobung auftreten.
  • Koordiniertes Lernen und Bereitstellung von Ressourcen: Das zentrale Team verfolgt die lokalen Experimente, fördert koordiniertes Lernen und setzt organisationsweite Lösungen um.
  • Erweiterung des Ökosystems: Die Verantwortlichen erweitern das zentrale Team regelmäßig um zusätzliche Akteure, die die Gesamtziele als Reaktion auf den Überprüfungsprozess überarbeiten.

Die Autoren definieren ein Belegschafts-Ökosystem „als eine Struktur, die Akteure innerhalb und außerhalb der Organisation umfasst, die daran arbeiten, Werte für eine Organisation zu schaffen. Innerhalb des Ökosystems arbeiten Akteure an individuellen und kollektiven Zielen mit gegenseitigen Abhängigkeiten und Komplementaritäten zwischen den Teilnehmern. Zu den Belegschafts-Ökosystemen gehören sowohl interne als auch externe Mitarbeitende und Partner verschiedener Art – Langzeit- und Kurzzeitunternehmer, Gig-Worker, Anwendungsentwickler, Dienstleister und Crowdsourcing-Akteure.

Alles Theorie? Amazon, IBM, Nike, Roche, Unilever und Walmart sind nur einige der Praxisbeispiele, die in aktuelle Erfahrungsberichte mit einfließen.

Fazit

Aus Sicht von Deloitte ist eine kompetenzbasierte Organisation ein neues Betriebsmodell für Arbeit und Arbeitskräfte. In dessen Zentrum befindet sich ein sog. „skills hub„, eine „Kompetenzdrehscheibe“, ein Motor für Kompetenzdaten, Technologie, Governance und mehr, um kompetenzbasierte Entscheidungen zu unterstützen.

Mitarbeitende und Führungskräfte, die interne Talentmärkte (ITMs) optimieren, sind motivierter und engagierter bei ihrer Arbeit. Das führt zu höheren Bindungsquoten und niedrigeren Kostenstrukturen.

In einem Umfeld ständiger Anpassungen an neue Gegebenheiten wird HR in höherem Maße einer Flex-Value-Strategie folgen. Wichtig ist: Agilität und Flexibilität müssen sich auf einem Niveau stabilisieren, das die Organisation nicht nachhaltig belastet, sondern permanent und gleichzeitig Raum lässt für gezielte Innovation und nachhaltige Entwicklung!

In einer solchen Situation passen erfolgreiche Führungskräfte ihre Managementpraktiken an und bauen Belegschafts-Ökosysteme auf, da Unternehmen zunehmend auf interne und externe Mitarbeitende angewiesen sind.

Mit kurzfristigem Handeln werden keine Skills Hubs, ITMs und Ökosysteme entstehen. Dies gelingt nur mit vorausschauender und nachhaltiger Planung.