Ob McKinsey, BCG, Deloitte – egal, wie die „Wegweiser“ heissen: Workforce Analytics und Workforce Planning sind derzeit Muss-Themen. Die Anzahl praktischer Fallbeispiele ist jedoch sehr überschaubar. Welche Gründe sind dafür ausschlaggebend?

Bereits vor den diesjährigen Tagungen „People Analytics“ im Oktober bin ich im Blogbeitrag „Planung & Analyse: wieviel braucht das Geschäft?“ auf einige mögliche Ursachen eingegangen.

Wie sieht es nun aus? Welche Gründe nennen die Unternehmensvertreter selbst?

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Die Agenda während der o.g. Tagungen folgte einer gewissen Logik: Vom Geschäftserfolg zu konkreten, den Geschäftserfolg unterstützenden Personalmaßnahmen:

  • Rolle von (Arbeits-)Produktivität und Rentabilität,
  • Herausforderungen und Strategien der CEOs weltweit,
  • DNA leistungsstarker Organisationen,
  • wichtige Einflussfaktoren: Führung und Engagement,
  • praxisbewährte Vorgehensmodelle im Personalwesen.

Zahlreiche Führungskräfte im Personalwesen, Personalcontroller und Planungsverantwortliche tun sich mit einer solchen Herangehensweise „vom Geschäft her“ schwer. Folgende Gründe resp. Ursachen sind mir in den letzten Wochen aufgefallen:

Selbstverständnis der Personaler

Die überwiegende Mehrheit der Personaler kommt nicht aus seiner Komfortzone heraus, sondern gibt sich mit deskriptiven Analysen zufrieden (niedrigster Reifegrad). Dass daraus generierte Kennzahlen i.d.R. keine Steuerungsrelevanz besitzen und damit für Linienführungskräfte wertlos sind, fällt vielen gar nicht auf. Dass Personalcontroller und Planungsverantwortliche für höherwertige Analysen über die Belegschaft (und sogar darüber hinaus!) verantwortlich sind, wird häufig schlicht abgelehnt.

Eine strategische Personalplanung, die diesen Namen verdient und auch qualitative Elemente beinhaltet, wird häufig als nicht notwendig und zu vage bezeichnet. In Gesprächen mit Planungsverantwortlichen sind wir zur Einschätzung gekommen, dass hier maximal ein mittlerer Reifegrad vorliegt: unternehmensweiter Fokus, Geschäftseinheiten sind für die Planung verantwortlich, Integration mit der Geschäftsplanung und -strategie.

Dave Ulrich hat (leider) das Seine zu einem missglückten Selbstverständnis beigetragen. Die Silo-Denke hat dazu geführt, dass Personaler häufig darauf verweisen, für was sie nicht zuständig sind.

Folgerichtig werden nun HR Geschäftsmodelle überdacht und hoffentlich auch angepasst (siehe u.a. PwC-Beitrag).

Defizite vieler Personaler

Die Zahlenaffinität lässt eindeutig zu wünschen übrig. Bei Prognosen (vgl. predictive analytics) und der Unterscheidung von Korrelation und Kausalität hört es meistens auf.

Die Einbindung externer Daten, wie z.B. Markt-, Branchen- und Wettbewerbsdaten, sind absolut unterentwickelt. Eine Ressourcensteuerung im Sinne eines Total Workforce Management entlang von Belegschaftssegmenten ist in der Praxis nur vereinzelt anzutreffen.

Die Einstellung auf eine VUCA world (volatile, uncertain, complex, ambigious) haben viele noch gar nicht „auf dem Schirm“. Sie machen „business as usual“ – mit fatalen Folgen! Nur einige, wenige Unternehmen – BASF und SAP sind hier beispielhaft zu nennen – beschäftigen sich bereits mit einem VUCA-Index für Führende, um zu beurteilen, wie gut diese in einer VUCA world agieren.

Halbherzige Unternehmensbefragungen richten mehr Schaden an, als sie nutzen. Detaillierte Untersuchungen zu Employee Engagement und dessen Auswirkungen auf den Geschäftserfolg sind absolut nowendig. Alcoa ist hier als Positivbeispiel zu nennen. Zu beachten ist: Gallup/Q12 hat sich totgelaufen. Das Thema gewinnt dann an Aufmerksamkeit, wenn die Auswirkungen auf den Geschäftserfolg quantifiziert werden können. SAP kann das!

Handlungsempfehlungen an Personaler

Führungskräfte im Personalwesen, Personalcontroller und Planungsverantwortliche

  • sollten mithelfen, Krisen zu meistern und dafür notwendigen Wandel, Kreativität, etc. aktiv vorantreiben. Die Frage: „Wie gehen wir damit um, dass sich das BIP-Wachstum in den nächsten Jahren um 40 % verlangsamen wird?“ löst bei vielen (nur) Schnapphochatmung aus.
  • sollten vom Geschäft her denken und handeln (vgl. Agenda der Fachtagungen). Im Rahmen einer Übung haben wir die wesentlichen Strategien leistungsstarker Organisationen besprochen. Hierbei haben wir konkrete Handlungsbedarfe bei den Themen (1) Anpassung der Struktur an die Strategie sowie (2) Schaffung einer Kultur der Verantwortlichkeit festgestellt. Auch (3) eine starke, kunden-zentrierte Kultur sowie (4) eine globale Denkweise Führender wurden als Handlungsfelder identifiziert. Personaler reagieren darauf häufig mit: „Das können wir doch gar nicht messen“. Ja, dann fangt doch endlich einmal damit an, eine Ordinalskala reicht zu Beginn völlig.
  • sollten ihre Vorgehensweise überdenken: statt vieler Kennzahlen – bottom-up ermittelt und als moderner Big-Data-Ansatz verkauft – sollte das Vorgehen top-down erfolgen. Hierzu gibt es valide Vorgehensmodelle wie z.B. das LAMP framework. Ich meine: smart, right data statt big data.
  • sollten interdisziplinär arbeiten. Die besten Fortschritte erzielen Unternehmen dort, wo HR mit Finance, Marketing, u.a. auf einer Plattform zusammenarbeitet.

Was meinen Sie zu meinen Ausführungen? Wie sind Ihre Erfahrungen? Bitte nehmen Sie sich die Zeit für einen kurzen Kommentar, damit wir uns austauschen können.