Was sind die dringlichsten Fragen für CEOs im Jahr 2017? Was sind die Strategien und Taktiken, die sie verwenden wollen, um sicherzustellen, dass ihre Organisationen in einer Zeit einschneidender Veränderungen, Talentknappheit und digitaler Transformation erfolgreich agieren?

Welche Rolle spielt HR, um die Geschäftsentwicklung positiv zu unterstützen?

Risk-Disruption-Transformation

In zahlreichen Branchen stehen Geschäftsmodelle zur Disposition, Unsicherheiten nehmen – u.a. durch politische Veränderungen und terroristische Bedrohungen auf der Welt – zu. Firmenlenker blicken daher nüchtern in das neue Jahr:

  • 38% der CEOs sind zuversichtlich, was die kurzfristige Geschäftsentwicklung betrifft,
  • 88% der CEOs fördern Talentvielfalt und Inklusivität,
  • 69% der CEOs sagen, dass es für Unternehmen schwieriger wird, Vertrauen aufrecht zu erhalten, und
  • 44% der CEOs sagen, dass die Globalisierung nicht dazu beigetragen hat, die Kluft zwischen Arm und Reich zu schliessen.

Einig sind sich Chefs und Verbraucher über den Einfluss von Technologie auf Beschäftigung: Jeweils vier von fünf Befragten sind überzeugt, dass es in beträchtlichem Umfang zu Stellenverlusten kommen wird. Über 80% der deutschen CEOs haben in diesem Jahr Kostensenkungsprogramme geplant; weltweit sind es 62%.

Brisante Problemstellungen

Lt. gerade veröffentlichtem CEO Challenge 2017 von The Conference Board stehen weltweit gesehen folgende fünf brisante Problemstellungen im Vordergrund:

Bezogen auf Deutschland überwiegen die weltweit politische Unsicherheit, die Entwicklung sog. „NextGen“-Führungskräfte, sowie die finanzielle Instabilität in Europa. Das Scheitern bei der Ansprache, Gewinnung und Bindung von Top-Talenten spielt offensichtlich nur eine untergeordnete Rolle (Platz 17). Dies überrascht mich, weil ich es im Projektalltag – sowohl bei Grossunternehmen als auch bei KMUs! – anders wahrnehme. Firmeneigenen Analysen zufolge ist ein Anteil von Mangelprofilen grösser 80% keine Seltenheit mehr. Auch die Frühfluktuationsrate bei Top-Talenten ist seit 2-3 Jahren deutlich ansteigend.

Dominierende Themenstellungen

Zusammengefasst geht es um die Nutzung von Talenten und die Rolle der Organisationskultur in einer Ära digitaler Transformation und globaler Volatilität:

  • Schwaches globales Wachstum setzt sich fort und jüngste wirtschaftliche und politische „Schocks“ schaffen ein Umfeld der Vorsicht und Ungewissheit.
  • Revolutionäre Kräfte mit dem Potenzial für permanente Auswirkungen, wie z. B. die digitale Transformation, sind ernsthaft Grund zur Etablierung eines strategischen Risikomanagements.
  • Unstabile makroökonomische und gesellschaftspolitische Rahmenbedingungen, v. a. globale Rezessionsprobleme, zwingen zu einem genauen Blick auf Kostenkontrollen, Währungsrisiken, Cashflow und Kapitalreserven.
  • Die stärkere Abhängigkeit von Talenten und der Organisationskultur sind ein Mittel, um die permanenten Diskontinuitäten, die an Bedeutung in der heutigen Geschäftswelt gewonnen haben, zu bewältigen.

Konkret dominieren folgende sieben Themenstellungen:

  1. Der Druck baut auf den globalen politischen und wirtschaftlichen Ungewissheiten auf.
  2. In einem verschärften Arbeitsmarkt ist eine offene und integrative Kultur wichtig, die Talente gedeihen lässt.
  3. Innovation wird demokratisiert. Kultur zählt (vgl. Innovationskultur).
  4. Digitale Transformation ist ein längerfristiges Risiko, nicht eine brennende Plattform.
  5. Für viele sind die Früchte der digitalen Transformation bisher schwer fassbar.
  6. Kundenorientierung dreht sich um Hightech, engen Kundenkontakt und hohe Wertorientierung.
  7. Unterschiedliche ökonomische Entwicklungsstadien schaffen unterschiedliche Weltanschauungen (klare Trennung zwischen reifen und aufstrebenden Volkswirtschaften).

Im weltweiten Vergleich scheint es, als „reite Deutschland auf einer Rasierklinge“!
Der Aussage „Die Nichtbeachtung der digitalen Transformation wird unsere Fähigkeit, in den nächsten zwei Jahren wettbewerbsfähig zu bleiben, beeinträchtigen“ stimmen nur 6,5% zu; weltweit sind es 34,4%!
9,7% der in Deutschland befragten CEO stimmen der Aussage „Wir haben eine unternehmensweite Strategie, um die Auswirkungen der Digitalisierung zu maximieren“ zu; weltweit sind es 17%!
Der Aussage „Unsere Führungskräfte verfügen derzeit über die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse, um unsere Organisation erfolgreich in einer digitalisierten Welt zu machen“ stimmen in Deutschland 19,4% zu; weltweit sind es nur 9,9%!
Dieselbe „Überschätzung“ scheint es bei der Aussage „Unsere Mitarbeiter verfügen über die notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse, um unsere Organisation erfolgreich in einer digitalisierten Welt zu machen“ zu geben. In Deutschland stimmen 22,6% zu; weltweit sind es nur 7%!

HR Prioritäten 2017

Für Personalverantwortliche leiten sich aus den obigen Ausführungen im Wesentlichen fünf Hauptziele ab:

  • Entwicklung effektiver Führungskräfte: Management-Fähigkeiten, Führungseinfluss, zwischenmenschliche Effektivität, Fähigkeit zum kritischen Denken.
  • Aufbau organisatorischer Kapazitäten und individueller Fähigkeiten.
  • Anhebung des Mitarbeiterengagements; Engagement im Sinne affektiven Commitments!
  • Förderung einer Kultur der Integration.
  • Verdeutlichung der Auswirkungen des Arbeitskräftemangels.

Hinzu kommt:

  • Führungskräfte wollen die Auswirkungen ihres Engagements im Thema Personalentwicklung evaluieren, in dem Sie beim Performance Management die Messlatte höher legen (vgl. Performance: schneller, höher, weiter?).
  • „Digital Leaders“ möchten bei ihrer Arbeit neue Methoden und Instrumente einbinden; beispielsweise zur Kollaboration in sozialen Medien, in der Leistungsbewertung durch onlinebasierte, mobile Systeme oder auch im Projektmanagement durch Methoden wie SCRUM, BarCamp, etc. (vgl. Digital Leadership: Neues Schlagwort und nichts dahinter?).
  • Daten- und analytische Fähigkeiten, z.B. evidenz-basierte Entscheidungsfindung, Datenvisualisierung und Storytelling, werden in Zukunft deutlich wichtiger.
  • Führende sollten Mitarbeitende zu einer sog. „Speak Up“ Culture ermutigen; dies bedeutet, dass Mitarbeitende kein Blatt mehr vor den Mund nehmen, häufiger das Wort ergreifen und ihre Ansichten hierarchieübergreifend verteidigen.
  • Erfolgskritische Fähigkeiten sind v.a. solche, die es Mitarbeitenden ermöglichen, neue Technologien in ihre Arbeit mit einzubinden, um damit notwendige Veränderungen im Rahmen digitaler Transformation in wachstumsfördernde Chancen und Effizienzgewinne umzuwandeln.
  • Die Bedeutung von Kultur und Integration für Engagement und Leistung sollte sich im täglichen Tun deutlicher widerspiegeln und auch im Thema Workforce Analytics wiederfinden.

Im internationalen Vergleich haben Personalverantwortliche in Deutschland noch Nachholbedarf. Der sog. „Cranet“-Studie zufolge, wird „HR in manchen Unternehmen gar nicht als wertschöpfender Bereich wahrgenommen“ und agiert als „Erfüllungsgehilfe“. Die Autoren der Studie kommen zum Schluss: „Die strategische Institutionalisierung des HR-Managements ist damit nicht nur Mittel zum Selbstzweck oder ein Gedankenspiel für mehr Macht und Einfluss des HR-Managements – es ist tatsächlich ein Erfolgsfaktor zur Vorbereitung auf künftige Herausforderungen“.

Fazit

Die grössten Herausforderungen für CEOs im Jahr 2017 sind die globale Volatilität und beispiellose Diskontinuitäten. Führungskräfte bewältigen diese, indem sie sich auf Talente, auf kulturelle Aspekte und auf die finanzpolitische Disziplin konzentrieren.
Unternehmen werden weiterhin nicht von Produktivitätsgewinnen in der Gesamtwirtschaft profitieren, wenn Führende und Mitarbeitende nicht die Denkweise und die Kernkompetenzen entwickeln, die es ihnen ermöglichen, Herausforderungen in Verbindung mit digitaler Transformation in Wachstumschancen und -effizienzen umzuwandeln.