Im ersten Beitrag dieser 3er Reihe zum Engagement-Ökosystem habe ich die Frage vertieft: „Was zieht Mitarbeiter an Unternehmen an, hält sie motiviert und bindet sie an das Unternehmen?“ Im zweiten Beitrag steht nun die Frage „Was sind die kritischen Momente, die sich auf die Mitarbeitererfahrung bei der Arbeit auswirken?“ im Mittelpunkt.

Wie bereits erwähnt, sind Employee Value Propositions (EVPs) zunehmend komplex, personalisiert und dynamisch. Dieser psychologische Vertrag ist nicht nur ein Produkt der expliziten Beschäftigungsaussagen und Aktionen des Unternehmens, sondern auch der impliziten Annahmen und Beobachtungen, die Mitarbeiter im Laufe der Zeit machen.

Es ist also wichtig zu verstehen, was die Mitarbeiter von ihrer Arbeit erwarten und wie sich die Bedürfnisse der Mitarbeiter ändern. Aus diesem Grund haben wir uns mit den kritischen Momenten, die sich auf die Arbeitserfahrung der Mitarbeiter auswirken, beschäftigt.

Mit Blick auf die Lebenszyklenforschung der Mitarbeiter beginnt unsere Untersuchung dieser Momente mit der Erkenntnis, dass Mitarbeiter in der Regel zwei Arten von Arbeitserfahrungen haben – geplant und ungeplant. Geplante Erfahrungen finden sowohl innerhalb als auch ausserhalb des Unternehmens statt und werden von regelmässig auftretenden, vorhersagbaren Grossveranstaltungen geprägt, die häufig von vielen wahrgenommen resp. besucht werden. Infolgedessen werden diese Erfahrungen in der Regel in etablierte Prozesse formalisiert. Gleichzeitig finden auch ungeplante Ereignisse statt. Diese Ereignisse sind oft spezifisch für ein Individuum, treten häufiger auf, sind eher eigenartig und schwieriger zu prognostizieren. Daher ist es schwierig, sie zu planen oder sie zu einem fest etablierten standardisierten Prozess zu formalisieren. Diese Erfahrungen geschehen oft unstrukturierter, informeller innerhalb und ausserhalb von Unternehmen.

Um ein tiefes Verständnis für die alltäglichen Momente zu bekommen, haben wir Fokusgruppen und Interviews in mehreren Unternehmen durchgeführt. Die Teilnehmer erhielten

  • vier Fragen zu den Erfahrungen innerhalb des Unternehmens und
  • zwei weitere Fragen zu den Erfahrungen der Mitarbeiter ausserhalb der Arbeit.

Frage 1: Denken sie zurück an das vergangene Jahr. Was waren einige ihrer besten Momente bei der Arbeit?

Meine Arbeit hat einen Unterschied gemacht„. Die Teilnehmer berichteten, dass viele ihrer besten Momente mit der Wirkung ihrer Arbeit zusammenhängen. Sie besprachen arbeitsbezogene Arbeiten, aus denen sie lohnende Aufgaben ableiten konnten, und beleuchteten Situationen, in denen ihre Arbeit zu positiven Ergebnissen für das Unternehmen führte. Daneben hoben Sie Zeiten hervor, in denen die Teilnehmer hart daran arbeiteten, erfolgreiche Ergebnisse zu liefern. Zu diesem Thema gehörte auch die Anerkennung von Beiträgen anderer.

Ein Gefühl der Verbindung zum Team. Die Teilnehmer nannten auch einen starken Teamgeist. Sie bezogen sich auf Situationen, in denen sich die Teammitglieder entweder durch soziale Situationen besser kennenlernten oder wenn sie gemeinsam am selben Projekt arbeiteten. Sie bezogen sich auf Kollegen, die sich in schwierigen Situationen gegenseitig unterstützten, was ein Gefühl für die Kollegen hervorrief, sich aufeinander verlassen zu können.

Positive Wirkung der Führungskräfte und Manager. In mehreren Fällen erinnerten die Mitarbeiter an hochmotivierende oder unterstützende Massnahmen von Führungskräften oder Managern. Beispiele für Führungsverhalten sind, dass man den Mitarbeitern Vertrauen schenkt, Wertschätzung vermittelt und ihre Mitarbeit anerkennt oder stärkt/befähigt.

Verbunden mit der Mission des Unternehmens. Zum Beispiel erzählten die Teilnehmer von Situationen, in denen der Zweck des Unternehmens für sie greifbarer wurde.

Frage 2: Denken sie über den Verlauf ihrer Karriere nach. Können sie sich an einzelne Situationen erinnern, als Sie eine starke Unterstützung bei der Arbeit fühlten? Welche Unterstützung haben Sie erhalten und wie hat Sie diese beeinflusst?

Die auftauchenden Themen dieser Frage zeigen viele Ähnlichkeiten mit den besten oben besprochenen Momenten.

Manager zeigten Fürsorge. Das Verhalten der Manager rückte wieder in den Vordergrund, wenn die Teilnehmer über ihre Karriere nachdachten. Die Teilnehmer erinnerten sich an Erfahrungen, bei denen Manager zeigten, dass sie sich beruflich und / oder persönlich um den Mitarbeiter kümmerten. Die Teilnehmer erinnerten sich auch an Situationen, in denen Manager aktive Unterstützung oder Coaching angeboten haben, wenn zusätzliche Hilfe benötigt wurde. Dieses Thema umfasst auch Manageraktionen, die Vertrauen in den Mitarbeiter zeigen. Schliesslich wurde auch die Unterstützung des Managers hinsichtlich der Flexibilität bei der Arbeit zitiert.

Senior-Manager zeigten aufrichtige Fürsorge. Die Teilnehmer erzählten, dass Führungskräfte an verschiedenen Stellen ihrer Karriere ein persönliches Interesse an ihnen gezeigt haben. Die Teilnehmer erinnerten sich auch an das Verhalten von Führungskräften (in sehr schwierigen Zeiten), die Authentizität und Konsistenz aufwiesen.

Kollegen haben aktiv geholfen. Teilnehmende Mitarbeiter teilten mit, wie Teammitglieder Unterstützung oder Hilfe anboten, wenn ein anderer Mitarbeiter diese benötigte. Sie erinnerten sich an Situationen, in denen Mitarbeiter zusammen arbeiteten, um eine für das Unternehmen wichtige Aufgabe zu erfüllen, oder sie unterstützten eine Person, die sich einer herausfordernden, persönlichen Situation ausgesetzt sah.

Unternehmen bot Hilfe an. Das letzte Thema spiegelt organisatorische Massnahmen wider, die einem Mitarbeiter in bestimmten Situationen Hilfe und Unterstützung bieten. Beispiele hierfür sind Unternehmen, die bedürftigen Mitarbeitern unmittelbar nach einer Naturkatastrophe Hilfe bieten, Ressourcen für erwerbstätige Mütter und Onboarding-Unterstützung für neue Mitarbeiter.

Frage 3: Was waren die herausfordernsten und schwierigsten Momente bei der Arbeit im vergangenen Jahr?

Es ist nicht verwunderlich, dass die gleichen Themen aus den positiven Erfahrungen bei diesen negativen Situationen fehlten.

Mangel an Unterstützung durch das Unternehmen. Als Beispiel für negative Momente kommentierten die Mitarbeiter schlechte Kommunikation während organisatorischer Veränderungen. Langsame, schwerfällige Arbeitsprozesse wurden ebenfalls hervorgehoben.

Ein Mangel an Teamarbeit mit anderen. Die Teilnehmer kommentierten die mangelnde Kooperation innerhalb oder zwischen den Teams. Die Teilnehmer diskutierten auch Erfahrungen, in denen sie von Mitarbeitern nicht unterstützt oder nicht begrüsst wurden. Negative Einstellungen von Kollegen wurden ebenfalls festgestellt.

Inkonsistenz / Negativität im Führungsverhalten von Führungskräften. Erfahrungen wie mangelnde Kontinuität, Widersprüchlichkeit im Verhalten eines Führenden und kontraproduktives Führungsverhalten wurden von Mitarbeitern in Erinnerung behalten. So wie positives Verhalten einprägsam ist, wird auch an negatives Führungsverhalten erinnert, weil es Vertrauen untergräbt, Unsicherheit schafft und demotivierend wirkt. Die Mitarbeiter wiesen darauf hin, dass das inkonsequente Verhalten der Führungskräfte das Vertrauen der Mitarbeiter untergrub und dass zu viele parallel initiierte Änderungen als einer der schlimmsten Momente angesehen wurden.

Negative Gefühle aufgrund beruflicher Herausforderungen. Die Teilnehmer deuteten an, dass einige schwierige Momente im vergangenen Jahr auf Arbeitssituationen zurückzuführen seien, in denen ihnen Autonomie fehlte, sie nicht genügend Feedback erhielten oder den Zweck ihrer Arbeit nicht sahen. In ähnlicher Weise trugen auch belastende Gefühle (hohe Qualität bei engen Terminen) zu negativen Erfahrungen im Zusammenhang mit der Arbeit selbst bei.

Frage 4: Können Sie sich an eine Zeit erinnern, als Sie sich bei der Arbeit nicht ausreichend unterstützt fühlten? Was war die Ursache dafür, dass Sie sich nicht unterstützt fühlten?

Manager stellte keine Unterstützung zur Verfügung. Mitarbeiter erinnerten sich an Situationen, in denen der Manager sie aktiv unterminierte oder schwächte. Die Aktionen der Manager standen im Mittelpunkt der negativen Erfahrungen, an welche sich die Mitarbeiter am häufigsten erinnerten.

Senior-Manager war gefühllos. Die Mitarbeiter erinnerten sich an Momente, in denen sie der Meinung waren, dass leitende Führungskräfte – oft generell und nicht auf eine bestimmte Person bezogen – bei Bedarf keine Unterstützung bereitstellten. Im Gegensatz zu den positiven Führenden wurde Führung in diesem Fall nicht als authentisch angesehen. Senior-Manager waren sich über die Auswirkungen auf Menschen nicht bewusst: Viele Teilnehmer beschrieben Fälle, in denen Senior-Manager Projektentscheidungen trafen, ohne Mitarbeiter einzubeziehen.

Mangel an kollegialer Unterstützung. Kommentare beschreiben Teams, die sich nicht darum bemühen, Kollegen zu helfen. Ein Teilnehmer erzählte von einer Situation, in der Kollegen tatenlos zusahen, als die Person Informationen weitergab, von denen sie wussten, dass sie bereits existierten. Eine weitere gemeinsame Erfahrung war die Übernahme eines Projekts, das niemand sonst im Team machen wollte.

Unzureichende Unterstützung oder Ressourcen seitens des Unternehmens. Das letzte Schlüsselthema, das aus den Kommentaren hervorgeht, betrifft Auslassungen von Unternehmen. Ein Mangel an transparenter und rechtzeitiger Kommunikation innerhalb des Unternehmens und unzureichendes / schlecht verwaltetes Onboarding wurde häufig in den Diskussionen angeführt.

Fragen 5 und 6: Können Sie sich an Momente ausserhalb der Arbeit erinnern, die ihre Fähigkeit Arbeit und Freizeit zu balancieren beeinflusst haben? Wenn sie ihre eigene Work-Life-Balance betrachten, wo erlebten Sie die grösste Spannung oder den grössten Konflikt?

Zwei zusätzliche Fragen wurden gestellt, um Mitarbeitererfahrungen ausserhalb der Arbeit zu untersuchen. Die Ereignisse ausserhalb der Arbeit, welche die Work-Life-Balance eines Individuums beeinflussten, drehten sich immer um die Familie. Die Befragten gaben an, dass diese Ereignisse die Betreuung von Kindern, alternden Eltern, Grosseltern, Geschwistern oder Grossfamilien umfassen. Das Ziel-Familienmitglied änderte sich abhängig vom Alter des Mitarbeiters, aber Familie wurde immer zitiert. Dieser Druck seitens der Familie schafft ein Bedürfnis nach Flexibilität, die dann entweder zum Motivator oder zum De-Motivator wird, je nachdem, ob der Arbeitnehmer diese Flexibilität nutzen kann.
Aus den Fokus-Gruppendiskussionen zu kritischen Momenten ergaben sich vier wesentliche Beobachtungen:

  1. Die Erinnerung an kritische Momente bleibt erhalten.
  2. Die meisten kritischen Momente sind eher informell und ungeplant.
  3. Führende Führungskräfte und Manager spielen eine herausragende Rolle.
  4. Unterstützende Mitarbeiter und Teams sind wichtig.

Dies deutet darauf hin, dass Unternehmen und wichtige Stakeholder, wie z. B. Führungskräfte und Manager, mit unvorhersehbaren Momenten konfrontiert sind, die sich auf das Engagement der Mitarbeiter auswirken können. Unternehmen sollten überlegen, wie sie wichtige Interessengruppen besser auf diese Momente vorbereiten können.

Fazit

Manager und Führungskräfte würden davon profitieren, wenn sie die nachhaltigen Auswirkungen dieser Momente auf die Mitarbeiter verstehen. Unternehmen können auch überlegen, wie sie Führungskräften dabei helfen können, diese Momente zu erkennen, wenn sie auftreten, und sie so ausstatten, dass sie so handeln, dass sie die Motivation verstärken und nicht abschwächen. Mit anderen Worten: Unternehmen müssen ein Skript für die nicht vorhersehbaren Momente vorbereiten.