Chief Human Resources Officers (CHROs) stehen vor der Herausforderung, eine Unternehmenskultur zu schaffen, die nicht nur die Mitarbeiterbindung stärkt, sondern auch die Produktivität fördert und den Krankenstand reduziert.
In diesem Beitrag beleuchte ich einige Schlüsselthemen, die CHROs in diesem Jahr begleiten, die entscheidende Rolle von Unternehmenskultur und Führung, sowie deren Auswirkungen auf das Engagement und die Gesundheit der Belegschaft.
Ziel ist, anhand wissenschaftlicher Untersuchungen und ausgewählter Praxisbeispiele aufzuzeigen, wie Unternehmen eine positive Arbeitsumgebung schaffen können, die sowohl die Zufriedenheit als auch die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter steigert.
Schlüsselthemen, die CHROs in diesem Jahr begleiten
In Gesprächen mit CHROs und SVPs HR werden derzeit im Wesentlichen folgende Schlüsselthemen diskutiert:
Strategie & Nachhaltigkeit
Die Personalabteilung spielt eine zentrale Rolle bei der Umsetzung nachhaltiger Unternehmensstrategien, indem sie soziale Nachhaltigkeit fördert und überwacht. Dies umfasst auch die Einhaltung von Standards wie dem ESRS S1 der CSRD, der soziale Kriterien in der Nachhaltigkeitsberichterstattung berücksichtigt. Unternehmen messen und steuern zunehmend soziale Nachhaltigkeit, um die Mitarbeiterbindung durch sinnstiftende Arbeit und nachhaltige Unternehmenswerte zu stärken.
Der Fachkräftemangel erfordert eine innovative Talentstrategie, um zukünftige Anforderungen zu decken. Reskilling und Upskilling sind entscheidend, um Mitarbeiter für die digitale und nachhaltige Transformation fit zu machen. Künstliche Intelligenz (KI) spielt eine zunehmend wichtige Rolle in HR-Strategien, insbesondere bei der Automatisierung von HR-Prozessen. Zudem wird die Flexibilisierung von Arbeitsmodellen, wie Hybrid Work oder Projektarbeit, immer relevanter für eine zukunftsfähige Personalplanung.
Die Personalabteilung muss sich auf neue arbeitsrechtliche und ESG-Regulierungen vorbereiten, darunter die CSRD, das EU-Lieferkettengesetz und die KI-Verordnung. Ein starkes HR-Risikomanagement und eine ethische Unternehmensführung sind unerlässlich, um in einem sich wandelnden regulatorischen Umfeld erfolgreich zu agieren. Zudem gewinnen datenbasierte HR-Entscheidungen sowie Predictive Analytics für die strategische Personalplanung zunehmend an Bedeutung, um langfristige und präzise Personalstrategien zu entwickeln.
Kultur, Führung und Triple Transformation
Die Weiterentwicklung der Führungskultur, etwa durch Servant Leadership oder adaptive Leadership, ist entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung moderner HR-Strategien. Ein wachsender Fokus liegt auf der Förderung der mentalen Gesundheit Mitarbeitender als integraler Bestandteil der HR-Strategie. Die Themen Diversität, Gleichstellung und Inklusion (DEI) werden zunehmend als wichtiger Business-Case verstanden, während Mitarbeiterengagement und Sinnstiftung in der Arbeit weiter gestärkt werden müssen.
Die Einführung von KI in HR-Prozesse wie Recruiting und Learning & Development erfordert eine klare Governance, um Effizienz zu steigern und personalisierte Erfahrungen zu bieten. Durch den Einsatz digitaler HR-Technologien können Unternehmen ihre Prozesse automatisieren und die Mitarbeitererfahrung verbessern. Dabei ist der Datenschutz sowie die ethische Nutzung von KI von zentraler Bedeutung, um Vertrauen aufzubauen und gleichzeitig datengetriebene Entscheidungen in HR zu ermöglichen.
Rolle von Unternehmenskultur und Führung
Dieses Thema möchte ich kurz hervorheben, weil es meines Erachtens die Grundlage für eine gelingende HR-Strategie darstellt. Unternehmenskultur & Führung können in einem Umfeld mit steigendem Krankenstand, sinkender Performance und nachlassendem Engagement durchaus herausfordernd sein. Doch gerade in solchen schwierigen Zeiten ist es umso wichtiger, gezielt an der Unternehmenskultur und den Führungskompetenzen zu arbeiten, um die negativen Trends umzukehren. Hier sind einige Gedanken:
Führung, Sinnstiftung & offene Kommunikation
In Zeiten hohen Krankenstandes und niedriger Performance wird die Rolle der Führungskräfte entscheidend. Sie sollten in der Lage sein, die Ursachen für diese Entwicklungen zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Häufig spielen fehlende Unterstützung, wenig Anerkennung oder unzureichende Kommunikation eine Rolle. Wenn Führungskräfte aktiv zuhören, empathisch reagieren und eine transparente Kommunikation fördern, können sie das Wohlbefinden der Mitarbeiter positiv beeinflussen.
Ein oft unterschätzter Faktor in Bezug auf ein sinkendes Engagement ist das Fehlen von Purpose und Sinn in der Arbeit. Wenn Mitarbeitende den Eindruck haben, dass ihre Arbeit wenig Bedeutung hat oder nicht im Einklang mit ihren persönlichen Werten steht, sinkt nicht nur die Leistung, sondern auch das Engagement. Hier können Unternehmen durch die Etablierung eines umfassenden Leitbildes für den positiven Einfluss der Arbeit auf Gesellschaft und Umwelt eine sinnstiftende Umgebung schaffen [Quelle: Wunder, T. (2024): Toolbox Strategie und Nachhaltigkeit].
Mitarbeiter, die sich mit den Werten des Unternehmens identifizieren, sind in der Regel weniger von Burnout betroffen und engagieren sich stärker.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die aktive Einbeziehung der Mitarbeiter. Wenn Mitarbeiter das Gefühl haben, dass ihre Meinungen und Vorschläge gehört und in Entscheidungen einbezogen werden, fördert das das Engagement und verringert Frustration. Ein offener Dialog, in dem Probleme offen angesprochen und Lösungen gemeinsam erarbeitet werden, trägt dazu bei, den Krankenstand zu senken und die Mitarbeiterbindung zu stärken.
Prävention, Arbeitsorganisation & Weiterbildung
Ein wichtiger Bestandteil der Unternehmenskultur sollte die Förderung mentaler Gesundheit sein. In Zeiten hoher Belastung ist es entscheidend, dass Unternehmen präventive Maßnahmen ergreifen. Ein mangelndes Engagement und eine hohe Krankheitsrate können Anzeichen von Burnout oder Überlastung sein. Gezielte Programme zur Stressbewältigung, flexible Arbeitsmodelle oder auch Coaching und Mentoring-Angebote können mit dazu beitragen, die Gesundheit und Motivation Mitarbeitender zu fördern.
Ein hoher Krankenstand und niedrige Performance können auch durch ineffiziente oder unflexible Arbeitsorganisationen bedingt sein. Die Einführung von flexiblen Arbeitsmodellen, wie Hybrid Work, kann helfen, die Arbeitsbelastung besser zu verteilen und die Work-Life-Balance zu verbessern. Die Möglichkeit, zwischen Büro und Homeoffice zu wechseln oder von den eigenen Bedürfnissen abhängige Arbeitszeiten zu gestalten, kann nicht nur den Krankenstand senken, sondern auch das Engagement und die Performance steigern.
Wenn der Engagement Index sinkt und die Performance stagniert, kann dies oft auch auf mangelnde Weiterentwicklungsmöglichkeiten und das Fehlen von Herausforderungen hinweisen. Reskilling und Upskilling-Programme können Mitarbeitenden helfen, sich in ihrer Rolle weiterzuentwickeln, neue Fähigkeiten zu erlangen und sich beruflich zu entfalten. Dies fördert nicht nur die Performance, sondern stärkt auch das Gefühl der Zugehörigkeit und den langfristigen Einsatz für das Unternehmen.
Auswirkungen auf Bindung, Wohlbefinden, Engagement und Leistung der Belegschaft
Viele dieser Maßnahmen zur Verbesserung von Unternehmenskultur, Führung und Wellbeing erfordern finanzielle Investitionen und könnten kurzfristig als zusätzliche Belastung für die Performance wahrgenommen werden. Aber es gibt auch Wege, diese Investitionen als langfristige Strategien zu betrachten, die sich positiv auf die Performance auswirken und sich finanziell auszahlen.
Investitionen in Mitarbeitende als langfristige Rendite
Maßnahmen wie Weiterbildung oder flexiblere Arbeitsmodelle können anfangs Geld kosten. Aber wenn man sie als Investition in das Humankapital betrachtet, die das Unternehmen langfristig stärker und widerstandsfähiger macht, können die Kosten schnell durch die positiven Effekte ausgeglichen werden. Studien belegen, dass Unternehmen, die in das Wohlbefinden Mitarbeitender investieren, langfristig eine höhere Produktivität, geringere Fluktuationsraten und weniger Krankheitstage erzielen. Diese Faktoren tragen direkt zur Leistungssteigerung bei und senken langfristig die Kosten für Rekrutierung und Krankenstand.
Investitionen in engagierte Mitarbeitende und sinnstiftende Arbeit zahlen sich durch eine höhere Mitarbeiterbindung aus. Hohe Mitarbeiterfluktuation ist mit hohen Rekrutierungskosten verbunden. Indem das Unternehmen ein positives Arbeitsumfeld schafft, in dem sich Mitarbeitende unterstützt und wertgeschätzt fühlen, kann es die Bindung erhöhen und gleichzeitig die Kosten für die Rekrutierung und Einarbeitung neuer Mitarbeiter senken. Mitarbeiter, die sich mit dem Unternehmen identifizieren, sind zudem produktiver und motivierter.
Prävention und Flexibilität als Performance-Booster
Ein hoher Krankenstand und sinkende Performance können langfristig teuer werden, sowohl in Bezug auf direkte Kosten, wie z. B. Ausfälle und Krankenversicherungen, als auch auf verlorenes Potenzial, wie z. B. geringere Innovationskraft und demotivierte Teams. Wenn Unternehmen präventive Maßnahmen zur Förderung des Wohlbefindens ergreifen, können sie langfristig verhindern, dass kleine Probleme zu größeren, kostenintensiven werden. Zum Beispiel kann Stressbewältigung oder Mentale Gesundheit als Investition gesehen werden, um teure Burnouts oder langwierige Krankheitszeiten zu vermeiden, die ansonsten die Performance und Kostenstruktur erheblich belasten würden.
Obwohl flexible und hybride Arbeitsmodelle anfangs wie ein Kostenfaktor wirken können, beweisen zahlreiche Unternehmen, dass Hybrid Work und ähnliche Modelle zu einer höheren Mitarbeiterzufriedenheit führen, was sich direkt auf die Leistungsbereitschaft auswirkt. Die Fähigkeit, Arbeit und Privatleben besser zu vereinbaren, kann die Zufriedenheit und Produktivität steigern und gleichzeitig die Mitarbeiterbindung erhöhen, ohne dass zusätzliche Büroflächen oder andere Infrastrukturkosten anfallen.
Kultur und Führung als Differenzierungsmerkmal und Wettbewerbsvorteil
Unternehmen mit einer starken Unternehmenskultur, die auf Offenheit, Vertrauen und Anerkennung setzt, können nicht nur Talente anziehen, sondern auch Innovation und Zusammenarbeit fördern, die die Leistung steigern. Eine positive Arbeitsumgebung führt dazu, dass Mitarbeiter nicht nur motivierter arbeiten, sondern auch kreativer und bereit sind, mehr Verantwortung zu übernehmen. Unternehmen, die diese Kultur fördern, haben einen klaren Wettbewerbsvorteil, da sie in der Lage sind, Top-Talente zu gewinnen und zu halten und Innovation zu fördern, was sich direkt in der Unternehmensleistung widerspiegelt.
Unternehmen, die ihre Mitarbeitende wertschätzen und die Wichtigkeit von Sinn und Zweck in der Arbeit betonen, schaffen ein Arbeitsumfeld, das die Mitarbeiterbindung stärkt und die Leistungsbereitschaft steigert. Gerade in einem zunehmend wettbewerbsorientierten Arbeitsmarkt suchen viele Mitarbeiter nicht nur nach hoher Entlohnung, sondern nach einem Sinn in ihrer Arbeit. Dies kann das Engagement und die Motivation steigern, was sich direkt positiv auf die Performance auswirkt.
Kurzfristig mögen solche Maßnahmen Kosten verursachen, aber langfristig können sie als Differenzierungsmerkmal gegenüber Wettbewerbern dienen und die Marke des Unternehmens stärken.
Beispiele aus Forschung und Praxis
Mit modernen HR-Analytics-Tools, wie z.B. Alteryx und Visier, können Unternehmen die Auswirkungen von Maßnahmen wie Flexibilität und Führungskultur auf die Mitarbeiterleistung evaluieren und fundierte Entscheidungen treffen. Diese daten-basierten Ansätze ermöglichen es, die richtigen Investitionen zu tätigen und Maßnahmen zur Steigerung der Produktivität gezielt auszuwählen. Unternehmen können so auch feststellen, welche Maßnahmen den größten positiven Einfluss auf Engagement und Performance haben, und ihre Investitionen effizienter gestalten.
Forschungsergebnisse von McKinsey hatten in diesem Kontext zum Ergebnis, dass wenige sog. „Gesundheitsfaktoren“ – Innovation, Entscheidung-sfindung, Kommunikation und Vertrauen – zusammengenommen zwischen 69 und 76 % der Unterschiede zwischen Teams mit geringer und hoher Performance erklären, wenn es um drei wichtige Ergebnisse geht:
- Effizienz (das Team ist produktiv und hält seine Fristen ein);
- Ergebnisse (das Team erreicht seine Ziele und erfreut die Interessengruppen); und
- Innovation (das Team innoviert in einer Weise, die für den langfristigen Unternehmenswert entscheidend ist).
Interessante Unternehmensbeispiele zu diesen Ausführungen finden sich u.a. hier: der Salesforce Equality Report, der Microsoft Work Trend Index, der SAP Global Impact Report, der Unilever Sustainable Living Plan, der Gallup Employee Engagement Survey, McKinsey´s Publikationen zu „The Future of Work“, die BMW Health & Fitness Initiative, die Novartis People & Culture Insights, sowie der Nestlé Creating Shared Value and Sustainability Report,
Fazit
Die Themen rund um Mitarbeiterengagement und Krankenstand sind von zentraler Bedeutung für den Umsetzungserfolg jeder HR-Strategie. CHROs müssen nicht nur auf flexible Arbeitsmodelle und digitale Transformation reagieren, sondern auch eine Unternehmenskultur schaffen, die Vertrauen, Entscheidungsfindung, Kommunikation und Innovation fördert. Führungskräfte spielen dabei eine Schlüsselrolle, indem sie nicht nur als Vorbilder agieren, sondern auch aktiv zu einem positiven Arbeitsumfeld beitragen. Unternehmen, die diese Elemente miteinander verbinden, können langfristig nicht nur Engagement steigern, sondern auch den Krankenstand senken. Es ist die Kombination aus innovativen HR-Initiativen und einer starken, empathischen Führung, die den Unterschied macht und die Grundlage für eine gesunde, produktive Arbeitswelt bildet.
Auch wenn Maßnahmen zur Verbesserung der Unternehmenskultur und des Wohlbefindens der Mitarbeiter kurzfristig mit Kosten verbunden sind, ist es entscheidend, diese als langfristige Investitionen zu sehen. Die positiven Effekte, die durch eine hohe Mitarbeiterbindung, gesteigerte Produktivität, weniger Krankenstand und ein höheres Engagement erzielt werden, können die anfänglichen Ausgaben mehr als ausgleichen und die Performance des Unternehmens nachhaltig steigern. Die Kunst liegt darin, eine Balance zu finden und den langfristigen Nutzen solcher Investitionen klar zu kommunizieren, sodass sie nicht als Belastung, sondern als notwendige Schritte für den zukünftigen Erfolg wahrgenommen werden.
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