Die Tagungen und Konferenzen zum Thema Workforce Analytics sind für 2018 „gelesen“. Gab es neue Erkenntnisse? Welche Themen stehen bei Use Cases im Vordergrund? Wie sollte das Setting einer Strategischen Personalplanung aussehen? Welche Rolle spielt „Prediction„? Auf diese und weitere Fragen gibt dieser Beitrag Antworten und Hinweise.

Die Kernthemen 2017, wie z.B. evidenzbasiertes HR-Management, Analytics-Kultur, HR Risikomanagement, Aufbau von Use Cases, Stakeholdermanagement, sowie Orientierung am Business Impact, sind immer noch hochaktuell! Die jährlichen Befragungen der STRIMacademy haben zum Ergebnis, dass innerhalb der letzten Jahre noch zu wenig im Thema Analytics passiert ist und keine „grossen Schritte“ gegangen wurden – auch und v.a. in der DACH-Region. Die Reifegrade 2016 sowie die Reifegrade 2017 – erste Use Cases mit fundierten, statistischen Analysen – unterscheiden sich nur marginal von den Reifegraden 2018.

Trotzdem gibt es eine Reihe interessanter Erkenntnisse, auf die ich im Folgenden eingehen werde.

HR Transformation – Framework

Die Auswirkungen der Digitalen Transformation auf das Geschäft(-smodell) und auf HR / die Belegschaft wurden hinreichend untersucht.

Wie die Übersicht aktueller Top-Strategien – ob von Deloitte, PwC, The Conference Board u.a. – zeigt, stehen Themen wie Führung, Kultur, Engagement & Bindung, sowie Marke & Werte im Vordergrund [mehr]. CEOs haben diese bereits auf ihrer Prioritätenliste!

Die Story von und zu HR können Workforce-Analytics-Verantwortliche liefern, indem sie Wirkzusammenhänge von Führung, Kultur, etc. zu wirtschaftlichem Erfolg aufzeigen!

Hierfür werden Daten benötigt, ohne Frage. Workforce Analytics beginnt allerdings – im Unterschied zu Reporting und Controlling – bei der Strategie, nicht bei den Daten!

Die Lehren für HR bzw. die Auswirkungen auf HR werden in einem sog. HR Transformation Framework „gebündelt“. In der diesjährigen Befragung der STRIMacademy wurden zum Kernelement „Workforce Analytics“ – einem von insgesamt sechs Kernelementen – Fragen zu den vier Phasen gestellt. Entlang einer 3er Skala – (1) nicht angefangen oder unvollständig, (2) in Bearbeitung, (3) vollständig und implementiert – antworteten die Unternehmen nur in Einzelfällen mit (2), überwiegend in (1).

Bedingt durch die EU-DSGVO müssen Unternehmen noch mehr um das Vertrauen von Mitarbeitern, Bewerbern und möglichen Mitarbeitern werben, wenn sie weiterhin Humankapitaldaten analysieren möchten, um Einsichten in das Unternehmen zu gewinnen.

Use Cases – Prediction? KI / ML?

Predictive Analytics ist bisher eher eine Wunschvorstellung, jedoch kaum Realität. Use Cases sind dringend notwendig, um den praktischen Nutzen von (Predictive) Analytics aufzuzeigen. Use Cases 2017/18 waren: SAP (HR Reporting – HR Analytics), ABM Amro (Entwicklungsstufen von Analytics 1.0 bis Analytics 4.0), ENTEGA (statistische Analyse zur Mitarbeiterbefragung), und Helvetia (statistische Analyse zur Talent- und Nachfolgeplanung).

Die Themen Künstliche Intelligenz (Artificial Intelligence) und Maschinelles Lernen (Machine Learning) sind nicht neu, aber nun sind die technischen Voraussetzungen besser als vor rund 28 Jahren, als ich meine wissenschaftliche Arbeit mit einer XPS-Shell der IBM geschrieben habe. Wichtig zu wissen ist, dass diese Tools Logik und fachlich-inhaltliches Wissen nicht ersetzen. Daher ist die STRIM an dieser Stelle bisher vorsichtig. Technologie ersetzt nicht das Denken!

Viele Workforce-Analytics-Verantwortliche lassen sich von diesen Schlagworten beeindrucken und meinen, sie müssten sofort „in dieser Liga mitspielen“. Am Ende des Tages „kochen alle mit Wasser“. Der richtige Einstieg in das Thema Workforce Analytics über sog. Use Cases, also einfache Anwendungsfälle, ist machbar!

Ein Use Case adressiert ein Geschäftsproblem (Business Criticality & Credibility), ist von HR leistbar (HR Capability), liefert damit die Grundlagen für bessere Entscheidungen und erfüllt die Anforderungen eines Quick Wins (vgl. Complexity-Impact-Matrix). Man beginnt also im nicht-komplexen Bereich mit hohem Impact! Deshalb eignen sich Themen wie Führung/Führungskräfteentwicklung und (Employee) Engagement eher weniger im Rahmen eines ersten Use Cases; dafür Themen wie Recruiting und Mitarbeiterbindung/Retention, weil notwendige Daten i.d.R. vorliegen, die Komplexität überschaubar ist und ein RoI vergleichsweise einfach gerechnet werden kann.

Wie eine statistische Analyse zum Zusammenhang zwischen Talent Management und organisatorischer Leistung aussehen kann wird ausführlich in einer aktuellen McKinsey-Publikation dargelegt.

Mit Blick auf Stakeholder ist es beim Use Case wichtig, dass diese grundsätzlich dem Thema wohlwollend gegenüber stehen. Daneben sollten sie analytics-affin sein (drei wesentliche Kategorien an Stakeholdern sind zu unterscheiden).

Strategische Personalplanung – Projekt & Regelbetrieb

In der diesjährigen Fachtagung der STRIMacademy standen zwei Praxisbeispiele im Mittelpunkt; insbesondere strategische Analysen nach Belegschaftssegmenten und Personalrisiken, strategische Kompetenzen – mit Blick auf 2023 sowie auf die Berufsausbildung – und operative Kompetenzen, Skill-Gap-Analysen, sowie Pipeline-Readiness-Charts.

Hieraus können operative Aktionspläne mit Blick auf Recruiting („buy„), Aus- und Weiterbildung („build„), zeitlich befristete Einbindung Externer („borrow„) etc. abgeleitet werden.

Zu häufig werden hierbei sog. lagging indicators eingebunden. Deshalb haben wir im Rahmen der diesjährigen Tagung am Beispiel der Helvetia die Kennzahl „quality of hire“ diskutiert, sowie zugrundeliegende Metriken und existierende Korrelationen zwischen diesen Metriken.

Die Korrelationsanalyse bietet einen guten Einblick in die Beziehungen zwischen den Schlüsselvariablen des Recruitingdatensatzes. So hängt die „time to fill“ von allen Massnahmen ab, mit Ausnahme des Gehalts, der Rekrutierungskosten und der Bewertung der Engagement-Umfrage. Es ist bemerkenswert, dass es mit der „speed to competency“ negativ korreliert. Mit zunehmender „time to fill“ sinkt die „speed to competency“.

Grundsätzlich empfiehlt sich eine frühzeitige und offene Kommunikation mit dem Betriebsrat. Dieser sollte auf alle Informationen Zugriff haben und kontinuierlich informiert werden, um Vertrauen zu schaffen.

Es erfordert unglaubliche Disziplin, eine Strategische Personalplanung umzusetzen. Aber es braucht noch mehr Disziplin, um dies immer wieder, nämlich fortlaufend, zu tun. Um eine Kultur der Umsetzung zu schaffen, müssen grundlegende Disziplinen greifen. Dies wird sicherlich einer der Schwerpunkte unserer Fachtagung 2019.

Abschliessende Erkenntnisse und Erfahrungen

Zusätzlich zu den Kernthemen 2017, die ich zu Beginn dieses Beitrages genannt habe, sind mir folgende Anmerkungen noch wichtig:

Im Rahmen der Strategischen Personalplanung sollte mit dem SOLL begonnen werden, nicht mit dem IST, da hierbei Personen zunächst einmal aussen vor bleiben. Ein Vorgehen mit zu früher Anlehnung an das IST schränkt die Potenziale deutlich ein.

Strategische Personalplanung und Workforce Analytics sind miteinander zu kombinieren [mehr]; beides auch mit Intuition.

Big Data“ ist ein Begriff der Software-Giganten und sollte nicht im Zentrum von Workforce Analytics stehen. Hier geht es gerade nicht um „Big Data“, sondern um „Smart Data“. Das, was aus i.d.R. wenigen, dafür steuerungsrelevanten Daten und Informationen zu lesen ist, sollte ausschlaggebend sein.

Workforce Analytics fokussiert sich auf Geschäftsprobleme und Lösungsmöglichkeiten (IMPACT cycle, 8-step-model), stellt dabei Logik in den Vordergrund (LAMP framework) und bindet dafür notwendige, unternehmensinterne und -externe Datenbestände mit ein (insbesondere Finanzdaten!), die mittels statistischer Analysen untersucht werden, um tragfähige Empfehlungen daraus abzuleiten.

Künstliche Intelligenz, Muster und Algorithmen gewinnen sicherlich weiter an Bedeutung. Nichts desto trotz sollte man klein beginnen und lernen.

Einsichten und Erkenntnisse ohne Umsetzung sind nur Overhead. Bauen Sie deshalb Use Cases in Workforce Analytics auf und sammeln Sie Erfahrungen – gemeinsam mit anderen Fachbereichen wie z.B. Finanzen und Marketing!

Hierzu sind spezifische Kompetenzen (six skills for success) und Fähigkeiten – intern oder extern – notwendig.