Die Online-Befragungen 2018 der STRIMacademy zu Einflussfaktoren und Outputgrössen im Thema Workforce Analytics fanden in der Zeit von 20. August bis Anfang Oktober statt. 46 Kernfragen bildeten das „Gerippe“ von insgesamt 104 Fragen, die jährlich überprüft, angepasst und ggf. ergänzt werden. Nachfolgend ein Auszug aus der Management Summary.

Laufende Projekte im Personalcontrolling

Gegenüber der Vorjahresbefragung haben sich die geplanten bzw. laufenden Projekte geändert:

  • Die Personalkostenplanung steht nun in vielen Unternehmen.
  • Personalstrategie ist „nur“ noch bei rund 40 Prozent der Befragten ein Thema; Hauptinhalte sind die Personalplanung, Employer Branding & Recruiting, sowie Personalentwicklung.
  • Nur noch rund ein Drittel der befragten Unternehmen hat HR BW / HR IT auf der Prioritätenliste.
  • Das Personalberichtswesen und die strategische Personalplanung sind dagegen nach wie vor unter den Top-3-Projekten.
  • Neu in diesem Jahr hinzugekommen ist das Thema Automatisierung & Digitalisierung.

Operativer vs. strategischer Fokus

Gefragt nach den derzeitigen Abdeckungsgraden relevanter Themenstellungen überwiegen nach wie vor operative Themen. Gegenüber dem Vorjahr gibt es keine wesentlichen Veränderungen.

Trotz der Tatsache, dass sich zahlreiche Unternehmen allmählich auch in strategische Themen vortasten, ist der „große Schritt“ bisher nicht dabei; keine Anzeichen von tiefgreifender Transformation und/oder Disruption. Das Verhältnis quantitativ-operativer zu qualitativ-strategischer Themenstellungen liegt derzeit bei ca. 70 zu 30 Prozent.
Leider hinken Themen, wie Kausalität und statistische Wirkzusammenhänge, sowie die Einbindung unternehmens-externer Daten – zumindest in Europa – nach wie vor hinterher. Diese sind jedoch notwendig für ein evidenz-basiertes HR-Management, das laut unserer diesjährigen Befragung bislang in den Unternehmen nur ansatzweise implementiert wurde.

Verfügbarkeit quantitativer Daten

Grundsätzlich ist die Verfügbarkeit nach wie vor niedrig bis sehr niedrig. Gegenüber dem Vorjahr haben sich die Personalrisikodimensionen – abgesehen vom Ausfall- und Verfügbarkeitsrisiko – positiv entwickelt. Dies ist erfreulich. Dagegen sollten Informationen zur formalen Qualifikation und über Belegschaftssegmente/Schlüsselkräfte mehr in den Fokus rücken; ebenso die organisatorische Effektivität.

Aktueller Stand der Reifegrade von Workforce Analytics im Detail

In Reifegrad 1 bleibt HR im Wesentlichen bei der operativen Berichterstattung stehen. 56 % aller Unternehmen sind auf Workforce-Analytics-Reifegrad 1.
Zahlreiche Personalabteilungen scheinen in der traditionellen operativen Berichterstattung festgefahren zu sein. Dies bedeutet, dass sie traditionelle, quantitative Daten wie Personalbestand, Fluktuation, Arbeitskosten und Schulungskosten melden.
Diese operativen Berichte werden üblicherweise unter Verwendung eines HRIS erstellt. Diese Art der Berichterstattung gehört zum Tagesgeschäft und stellt einen hohen Hygienefaktor dar.

Was sollte getan werden, um Reifegrad 2 zu erreichen? In Reifegrad 2 dreht sich alles um fortgeschrittene Berichterstattung. Personalabteilungen auf Ebene 2 erstellen proaktiv relevante Berichte, um strategische Entscheidungen zu unterstützen. Sie wenden Benchmarks auf HR-Daten an, um Berichte aussagekräftiger zu machen. Darüber hinaus werden Metriken multidimensional berichtet und anschliessend in übersichtlichen Dashboards an das Management und die Führungskräfte übermittelt.
Die meisten Unternehmen in Reifegrad 1 verwenden bereits ein spezielles HRIS, um genaue und konsistente Mitarbeiterdaten zu führen. Wenn ein Unternehmen noch kein solches System verwendet, sollte es dies tun, um sich in Reifegrad 2 zu entwickeln.
Mit einem geeigneten HRIS können Unternehmen zuverlässige und konsistente Daten zu ihren Mitarbeitern erstellen. Dieses System ist ein entscheidender Schritt, bevor mit Workforce Analytics begonnen wird. Durch die Verwendung eines HRIS wird die Erstellung von Berichten weniger zeitaufwendig, sodass HR mehr Zeit aufwenden kann, um strategischer zu werden und sich auf die nächste Ebene vorzuarbeiten. Darüber hinaus macht es die Analytik zuverlässiger. Es ist nicht ungewöhnlich für Unternehmen im Reifegrad 1, die Gültigkeit der Daten zu diskutieren, anstatt darüber zu sprechen, was die Personendaten aussagen.

HR-Abteilungen in Reifegrad 2 sind in der Lage, operative und erweiterte Berichte zu HR-Metriken zu erstellen. Rund 30 % der Unternehmen befinden sich auf dieser Ebene, während nur 14 % Unternehmen eine noch höhere Ebene erreicht haben.
In diesem Stadium kann das Unternehmen proaktiv berichten. Dieses proaktive Reporting bietet mehrere Perspektiven und ist ausreichend fortgeschritten, um strategische Entscheidungen zu beeinflussen. HR-Berichte sind deskriptiv und auf Effizienz ausgerichtet. In diesem Fall gehört das Reporting zum Tagesgeschäft und hat immer noch einen hohen Hygienefaktor.
In Reifegrad 2 sollte man darauf achten, nicht zu viel Zeit in die Generierung neuer HR-Metriken zu investieren. Stattdessen sollte die Konzentration auf Metriken liegen, die einen echten strategischen Wert für die wichtigsten geschäftlichen Herausforderungen des Unternehmens bieten.
Die meisten Unternehmen in Reifegrad 2 liefern HR-Metriken an Manager und Führungskräfte in organisierten Dashboards. Es ist wichtiger, relevante Informationen anzuzeigen als alle Informationen. Aussagekräftige Dashboards erleichtern die Übersetzung von HR-Metriken in nützliche Informationen für die Entscheidungsfindung.

Was sollte getan werden, um Reifegrad 3 zu erreichen? Der Übergang von Reifegrad 2 zu Reifegrad 3 betrifft vor allem den Übergang von der Berichterstattung zur Analytik. Bei Workforce Analytics geht es um die statistische Analyse HR-bezogener Daten, um relevante Vorhersagemodelle für eine bessere Entscheidungsfindung zu entwickeln. Mit anderen Worten, es stellt sich die Frage: Was können wir aus unseren HR-Daten lernen, um bessere Mitarbeiterentscheidungen in der Zukunft zu treffen?
Bei der Anwendung von Workforce Analytics ist es sehr wichtig, mit einem für die Organisation relevanten Geschäftsproblem zu beginnen (vgl. 8-Step-Model). Auf diese Weise wird Zeit für die Lösung realer Probleme aufgewendet. Die Behebung dieser Probleme wird den grössten Einfluss auf die Organisation haben.
Bei der Anwendung von Workforce Analytics müssen verschiedene Arten von Daten kombiniert werden: HR-Daten, Leistungs- und Rekrutierungsdaten, aber auch Finanz- und Betriebsdaten aus verschiedenen Systemen. Daher ist es wichtig, eine zentrale Workforce Analytics Abteilung und zumindest eine gewisse Datenintegration der verschiedenen Systeme zu haben. Unternehmen verwenden typischerweise ein Business Intelligence (BI) –System, um Daten aus mehreren Systemen zusammenzuführen oder um eine Datenbank relevanter Daten aufzubauen, die leicht für Analysen verwendet werden kann.
Nachdem alle erforderlichen Daten zusammengestellt wurden, kann mit der statistischen Analyse begonnen werden. Manager und Führungskräfte haben in der Regel wenig Zeit, sodass es keinen Sinn macht, ihnen komplizierte statistische Modelle zu zeigen. Um sicherzustellen, dass strategische Auswirkungen erzielt werden, sollte man sich auf wichtige geschäftliche Fragen konzentrieren und alle Ergebnisse in umsetzbare Lösungen umsetzen.

In Reifegrad 3 gehören Sie zu den Top 14 %. Nur 4 % der Unternehmen haben einen noch höheren Reifegrad für Workforce Analytics. Das Unternehmen hat nun das operative und proaktive Reporting übertroffen und es ist gelungen, fortschrittlichere Analysen einzuführen! Darüber hinaus nutzt das Unternehmen die statistische Modellierung zur Lösung von Geschäftsproblemen und kann anhand der Daten sogar die Zukunft prognostizieren!
Als HR-Experte, der mit  Workforce Analytics in Reifegrad 3 arbeitet, kann man dem Unternehmen einen spürbaren Mehrwert bieten, indem Probleme proaktiv identifiziert und handlungsfähige Lösungen vorgeschlagen werden.

Was sollte getan werden, um Reifegrad 4 zu erreichen? Reifegrad 4 ist gekennzeichnet durch prädiktive Analysen. Predictive Analytics ermöglicht Unternehmen, noch bessere Entscheidungen zu treffen, indem sie deren potenzielle Auswirkungen aufzeigen. Laut der diesjährigen Befragung stehen derzeit Zusammenhänge von Mitarbeiterengagement und –bindung sowie Führungsleistung und Mitarbeiterbindung im Vordergrund. Darüber hinaus wird es in Reifegrad 4 möglich sein, eine Szenarioplanung durchzuführen, indem Prognosen darüber erstellt werden, was in Zukunft wahrscheinlich passieren wird. Dadurch können Unternehmen Risiken effektiver mindern und strategische Personalplanung einbinden: Durch die Nutzung von Predictive Analytics ist es möglich zu sagen, wie sich die Belegschaft entwickeln wird, wo die Führungsnachfolge gefährdet ist und welche Positionen das Unternehmen in naher Zukunft neu besetzen sollte.
Um Analysen vorausschauend zu gestalten und mehr auf Reifegrad 4 zu bringen, müssen man im Team bzw. in der Abteilung wahrscheinlich zusätzliche analytische Fähigkeiten einbinden. So wurde in der Fachtagung 2017 insbesondere auch die Rolle des Leiters einer Workforce-Analytics-Initiative sowie die „six skills for success“ beleuchtet. In einem Unternehmen im Reifegrad 4 ist es wahrscheinlich, einen dedizierten Datenwissenschaftler (data scientist) zu haben, der kontinuierlich interne und externe Datenbestände durchsucht. Da die prädiktive Modellierung über die einfache Datenanalyse hinausgeht, sind Werkzeuge einzusetzen, die mehr Programmierkenntnisse erfordern.

In Reifegrad 4 befinden sich derzeit die Top 4 % der Unternehmen. Sie sind nicht mehr von den Möglichkeiten von Workforce Analytics überrascht, denn Sie haben die meisten schon ausprobiert. HR spielt eine wichtige Rolle in der strategischen Entscheidungsfindung des Unternehmens; es ist sich der Auswirkungen von Personalpolitik und Belegschaftsgrundsätzen bewusst und nutzt aktiv präskriptive, d.h. strategie-implementierende und -festschreibende Modelle. Tatsächlich ist HR durchaus in der Lage, eine vollständig strategische Rolle innerhalb des Unternehmens zu spielen. Unternehmen in diesem Reifegrad haben daher eher ein Chief HR Officer in ihrem Vorstand / ihrer Geschäftsführung oder ein Workforce Analytics-Kompetenzzentrum, das direkt an den CEO berichtet.

Der Anteil an Unternehmen, die Cognitive Analytics – eine quasi (selbst) erkennende Analytik mittels maschinellem Lernen und Entscheidungsautomation – bereits anwenden und damit Reifegrad 5 anstreben, ist quantitativ noch nicht messbar.

Diese und weitere Erkenntnisse werden wir heute in einer Woche – Donnerstag, den 15. November 2018 – im Hotel Schloss Edesheim u.a. mit Personalleitern, Personalcontrollern und Führungskräften austauschen und diskutieren. Auch Kurzentschlossene sind herzlich willkommen!