Mit „Innovation 4.0“ bekommt die Innovationskultur einen ungleich höheren Stellenwert als bisher und ist nicht mehr nur Subkultur innerhalb eines Unternehmens, sondern Leitkultur für den nachhaltigen Unternehmenserfolg. Was bedeutet das konkret?

Garn und Posselt formulierten es kürzlich in der F.A.Z. so: „Nachhaltiger Erfolg durch Innovation kann nur mit dem Wissen der Beschäftigten und deren Motivation für Veränderungen entstehen. Wichtig dabei ist die Entwicklung

  • der Mitarbeiter bzw. des Humankapitals (Kompetenzen, Motivation und Zusammenarbeit),
  • des Strukturkapitals (Strukturen und Prozesse), und
  • des Beziehungskapitals (Kunden, Lieferanten und Partner).

Jeff Seibert schreibt im Blog: “A culture of innovation should promote a safe, spirited atmosphere stimulating creative thought and offering ways to identify obstructions that severely suppress innovation. It may also challenge what we believe about our own ability to create.“

Zum Entstehen einer kreativen Innovationskultur müssen ferner die Bereitschaft zu Kommunikation, zu Fehlertoleranz und zu interdisziplinären Problemlösungen gestärkt werden. Ich leite daraus drei Kernaussagen ab:

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Aktuelle Publikationen, wie z.B. der DIHK-Innovationsreport 2015/2016 oder der ZEW-Report „Innovationsverhalten der deutschen Wirtschaft“, machen deutlich, dass hier v.a. im Mittelstand noch grosse Handlungsfelder existieren. Ich gehe deshalb auf die drei Kernaussagen des Kurzvideos im Nachfolgenden detaillierter ein.

Innovation gelingt mit Talenten

Rund 60 Prozent der Unternehmen sehen im Fachkräftemangel ein Hemmnis für ihre Innovationsaktivitäten – bei Akademikern und beruflich Qualifizierten. Aufgrund der demografischen Entwicklung haben die Unternehmen zunehmend Schwierigkeiten, geeignete Auszubildende und akademisch ausgebildeten Nachwuchs zu finden. 41 Prozent der Unternehmen werden durch den Mangel an Auszubildenden bereits in ihren Innovationsaktivitäten eingeschränkt.

Schliesslich verändert die Digitalisierung die Art der Arbeit rasant (Arbeiten 4.0). Neue Herstellungs- und Fertigungsverfahren entstehen und verlangen Mitarbeitenden neue Kompetenzen ab. Betriebe und Bildungseinrichtungen müssen „am Ball bleiben“ und Mitarbeitende an ein interdisziplinäres Arbeiten – IT, Mechanik, Maschinenbau und Datenverarbeitung – heranführen.

Die Zusammenhänge zwischen Humanvermögen und Innovationsaktivitäten sind signifikant.

Innovation beansprucht Kultur

Die aktuelle Forschung nennt v.a. fünf Handlungsfelder mit strategischer Relevanz: (1) Führungskräfte, die den Gedankenaustausch in Teams fördern, (2) das Einbringen in strategische Allianzen mit Kunden, Anbietern, weiteren Geschäftspartnern, sowie Forschungseinrichtungen, (3) das Sicherstellen von Vielfalt und Integration in Teams und Projekten zum Thema Innovation [mehr], (4) die Betonung von Kreativität und/oder Innovation als Unternehmenswert, sowie (5) die Schaffung einer Innovationskultur.

Woran lässt sich diese Kultur, diese Leitkultur, nun festmachen?

In der aktuellen Talents&Trends-Umfrage der Talent- und Karriereberatung von Rundstedt hebt Sophia von Rundstedt insbesondere eine konstruktive Fehlerkultur hervor: „In einem zunehmend komplexen wirtschaftlichen Umfeld, getrieben durch die Digitalisierung, müssen Mitarbeiter sich trauen, Neues auszuprobieren und zu experimentieren. Nur so gelingt es ihnen, aus ihren Erfahrungen zu lernen und schnell und flexibel auf Marktchancen und Risiken zu reagieren.“ Auch KMU haben hier Nachholbedarf. „Eine offene Fehlerkultur bildet eine wichtige Säule für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens. Sie stärkt die emotionale Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen, fördert die persönliche Entwicklung jedes Einzelnen und bringt Innovationen hervor.“

Im Austausch mit Innovationsnetzwerken kommt auch sehr häufig das Thema Feedback-Kultur auf. Speziell die jungere Generation fordert aktiv Feedback im Sinne konstruktiver Kritik ein. Die jährlichen Schülerstudien der STRIM belegen dies eindrucksvoll. Auch Stefan Lake merkte beim Vorstellen der aktuellen Universum-Studie zur GenZ an: „Sie sind an permanente Kommunikation und Feedback gewöhnt. Und diesen Anspruch übertragen sie auch in die Arbeitswelt. Deshalb überrascht es nicht, dass offene Kommunikation und Feedback die wichtigsten Eigenschaften sind, wenn man danach fragt, was inspirierendes Management für sie bedeutet.“

Frau Prof. Dr. Antoinette Weibel von der Universität St. Gallen hält in einem Persorama-Interview besonders die Vertrauenskultur hervor: „HR sollte darauf achten, dass keine Narzissten befördert werden, sondern Persönlichkeiten, die mit anderen Menschen gut umgehen können und sich durch hohe Vertrauensneigung und Sozialkompetenz auszeichnen.“

Herr Prof. Dr. Daniel R. A. Schallmo, der am Institut für Technologie- und Prozessmanagement der Universität Ulm tätig ist, hebt insbesondere die Start-Up-Kultur resp. -Mentalität hervor.

Meines Erachtens ist eine evidenzbasierte Analyse- und Steuerungskultur ebenso erfolgskritisch für das Gelingen von Innovationen (Innovation Analytics). Leistung lässt sich in einer solchen Kultur nicht nur (einmal jährlich) am erzielten Output festmachen, sondern berücksichtigt auch Faktoren wie selbstgesteuerte Eigenentwicklung, Zusammenarbeit in Teams, Risikobereitschaft und Resilienz.

Innovation braucht Strategie

Grundsätzlich gilt: Die Balance aus operativer Exzellenz und Wachstum durch Innovation gelingt vielen Unternehmen nur ansatzweise. Wichtige Indikatoren in puncto Strategie sind daher u.a.:

  • Wachstum durch Innovation ist ein ebenso wichtiges Ziel wie Kostenreduktion,
  • Orientierung hin zu den Zukunftsmärkten,
  • Bereitschaft, existierende Produkte durch neue zu ersetzen, sowie
  • Fähigkeit des organisatorischen Lernens.

Mithilfe strategischer Analysen und im Rahmen der oben skizzierten Innovationskultur werden potenzielle Wachstumsfelder identifiziert und Budgets auf erfolgversprechende Produkt-Markt-Kombinationen gelegt.

Dafür notwendige Kompetenzen und Fähigkeiten werden in der Personalstrategie (v.a. Rekrutierung, Entwicklung, Bindung, Vergütung) verankert.

Aufgrund der Tatsache, dass Unternehmen im Ausland mitunter bessere Bedingungen vorfinden als vor Ort, stellt sich zudem die Frage der Standortstrategie. Das kann eine bessere Verfügbarkeit von Forschern und Fachkräften beinhalten, eine geringere Regulierungsintensität oder darin begründet liegen, dass die Forschung der Produktion folgt, die bereits aus Kostengründen verlagert oder zur Markterschliessung errichtet worden ist.

Zur Umsetzung dieser sowie ggf. weiterer Strategien haben sich bestimmte Vorgehensweisen (siehe auch: Innovationsmodell von M. Tagwerker-Sturm), Ausprägungen der Organisationsgestaltung (siehe auch: „richtige“ Verantwortung von M. Tagwerker-Sturm) und Führungsstile als vorteilhaft erwiesen.

Auch die Politik ist gefordert

Hohe bürokratische Anforderungen im Innovationsprozess, aber auch regulatorische Anforderungen machen rund 80 Prozent der Unternehmen zu schaffen. Insbesondere KMU leiden darunter.

Nach wie vor ist die Breitbandversorgung ungenügend. Dies stellt ein Hindernis für mehr Innovationen, insbesondere auch mit Blick auf die Digitalisierung, dar.

Speziell von KMU werden die fehlende Passgenauigkeit, die zu geringe Bekannheit sowie die komplizierte Antragstellung von EU-, Bundes-, und/oder Landes-Förderprogrammen als besonders gravierend wahrgenommen.

Fazit

Die bereits zitierten Herren Garn und Posselt heben daher zu Recht eine integrierte Innovationskultur hervor. Integriert in Strategie und Methoden, in Prozesse und Strukturen, sowie in Technologie und Produkte. Im Mittelpunkt stehen Mitarbeitende, die einzige wertschöpfende Ressource in Unternehmen.

Allein die Vernetzung dieser Innovationsfelder wird künftig die Innovationsführerschaft und somit einen Vorsprung sichern. Sie ist zudem nachhaltig, da Unternehmenskultur und Systemwissen nicht einfach nachzuahmen sind.

Was meinen Sie?

  • Was macht für Sie Innovationskultur aus?
  • Wo sehen Sie in diesem Zusammenhang die grössten Handlungsfelder?
  • Welche konkreten Erfahrungen können Sie in den Dialog mit einbringen?