Beim Blick in die Top-20-Strategien der CEOs für 2015 (CEO Challenge Report 2015, The Conference Board) wimmelt es von Talent-Management-Strategien. Hier einige Beispiele:

  • Anbieten von Schulungen und Möglichkeiten zur Weiterentwicklung,
  • Anheben der emotionalen Bindung,
  • Finden, Einbinden und Belohnen von Innovationstalenten, sowie
  • Verbessern der organisatorischen Agilität und Flexibilität.

In dem gerade zitierten Report heißt es u.a.: „The strategies CEOs selected to meet their top challenges reveal a longer-term focus around capacity building and developing strong cultures around innovation, engagement, and accountability„.

  • Was können wir von Organisationen lernen, die dies bereits in die Tat umsetzen?
  • Welche Reifegrade haben sie zu einzelnen Talent-Management-Prozessen erreicht?
  • Welche Handlungsempfehlungen können an österreichische Unternehmen – v.a. KMU – weitergegeben werden?
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Der Grund, warum ich mich in diesem Beitrag mit Talent-Management in Österreich beschäftige, ist meinem Vortrag am 8. Juni in Wien zum Thema „Talent Management – mit differenzierter Behandlung zum Erfolg“ geschuldet. Die obige Präsentation dient dabei als Grundlage.

Volkswirtschaftliche Rahmendaten in Österreich

Lt. einem Beitrag im wirtschaftsblatt.at vom 22. April 2015 „scheitern sechs von zehn Mittelständler an der internen Talentsuche“. Weiter heißt es dort: „21 Prozent der mittelständischen Unternehmen brauchen bis zu einem Jahr, um vakante oder neu geschaffene Positionen im Top-Management zu besetzen“.

Ein häufiger Indikator, die erwerbsfähige Bevölkerung, kann für Europa insgesamt sicherlich ins Feld geführt werden, für Österreich im Speziellen weniger. Aufgrund der Zuwanderung wird laut Statistik ein nennenswerter Rückgang „erst“ nach 2020 erwartet. Für das Jahr 2060 geht man von 5,07 Mio. Erwerbstätigen aus, dies entspricht einem Bevölkerungsanteil in Höhe von 52,7 Prozent.

Hier haben Länder wie Deutschland, Holland und Frankreich – um nur einige zu nennen – zeitnah bereits mit deutlicheren Rückgängen umzugehen.

Problem in Österreich ist vielmehr ein weiterer Indikator, die Arbeitsproduktivität. Lt. DiePresse.com vom 7. Oktober 2014 ist diese nicht nur nicht mehr erstklassig, Österreich ist „20 Prozent weniger produktiv als USA“. Als mögliche Gründe für deren schwächelndes Wachstum werden vier Gründe genannt:

  1. zaghafe Einbindung der Informationstechnologie,
  2. risiko-averse Handlungsweisen,
  3. ungenügende Finanzierungsquellen für Unternehmensgründer, sowie
  4. überschüssige Regulierung und hohe Verwaltungskosten für Jungunternehmen.

Diese Mixtur ist nicht dazu geeignet, dringend benötigte Talentkapazitäten zu finden und aufzubauen sowie starke Unternehmenskulturen rund um Innovation, Engagement und Verantwortlichkeit zu entwickeln. Was also ist zu tun?

Integriertes Talentmanagement

Weltweit durchgeführte Studien (u.a. Integrated and Integrative Talent Management, The Conference BoardBRAVE NEWORLD, Recruiting Talent in the Digital Age, The Conference Board) haben entlang der Talent-Management-Prozesse untersucht, wie sich die Reifegrade in den Organisationen darstellen. Reifegrade setzen sich aus Anzahl Jahre, in denen sich das jeweilige Unternehmen mit dem Prozess beschäftigt, diversen Ausbaustufen, dem Integrationsgrad der Prozesse untereinander, der strategischen Anpassung sowie der Messbarkeit zusammen.

Demzufolge zeichnet sich beispielsweise der Prozess „Ansprache und Rekrutierung“ durch einen hohen Reifegrad aus, „Strategische Personalplanung“ durch einen niedrigen. Selbst beim Rekrutierungsprozess ist die Kandidatenansprache bei zahlreichen Unternehmen noch nicht im digitalen Zeitalter angekommen, weswegen ich hierauf in der Präsentation im Speziellen eingehen werde.

Eine Arbeitswelt „jenseits der Anstellung“

Je höher die Reifegrade, desto interessanter und relevanter werden die Rahmenbedingungen für Talente. Aufgrund der oben skizzierten Situation in Österreich besteht hierbei dringend Handlungsbedarf.

Denn für Österreich gehen unsere volkswirtschaftlichen Analysen davon aus, dass die Lücke zwischen gegenwärtiger und natürlicher Arbeitslosenquote bereits im Jahr 2017 negativ sein wird, d.h. die für Österreich weiter oben bereits genannten Zeiträume zur Schließung von strategisch relevanten Positionen wird dramatisch zunehmen – sollte nicht gegengesteuert werden!

Unsere Untersuchungen zur Strategischen Personalplanung (vgl. Five Years of Strategic Workforce Planning Research, The Conference Board, Buy, Build, Borrow, or None of the Above?, The Conference Board) und zum Total Workforce Management (vgl. Managing the Total Workforce, The Conference Board) weisen eindeutig darauf hin, dass unternehmensinterne Maßnahmen

zwar notwendig, jedoch nicht hinreichend sein werden. Stattdessen sind unternehmens-externe, d.h. nicht im Unternehmen angestellte, Talente entlang einer strategie-orientierten Segmentierung dringend hinzuzuziehen, um den notwendigen Geschäftserfolg nachhaltig sicherzustellen.

Hierzu – ich wiederhole mich – bedarf es

  • einer Kultur für Innovationen – unter Einbindung der IT, Mut zum kalkulierbaren Risiko und Fehlertoleranz,
  • einer Kultur zur emotionalen Bindung (interner und von extern hinzukommender) Talente – wo Unternehmensinteressen im Vordergrund stehen und Abteilungsegoismen bzw. Firmenpolitik keine Chance haben, sowie
  • einer Kultur der Verantwortlichkeit – wo überschüssige Regulierungen durch Eigenverantwortung und Entsscheidungsfreiräume abgelöst werden und wo hohe Allgemeinkostenanteile bzw. indirekte Kosten soweit als möglich zu direkten und damit direkt steuerbaren Kosten werden.

Ein solcher nicht an Unternehmensgrenzen Halt machender Kapazitätsaufbau sowie eine solche Kultur dürfen von Führungskräften nicht nur eingefordert, sondern müssen von ihnen vorgelebt werden. Ich freue mich auf eine intensive Diskussion in Wien sowie auf einen regen Dialog mit Ihnen hier im Blog.