Betrachtet man die unterschiedlichen Weltsichten – aktuell werden vier diskutiert -, so kann man in einer groben Verallgemeinerung folgendes festhalten (vgl. Laloux: Reinventing Organizations): Tribale impulsive Organisationen (Rot) existieren nur noch vereinzelt. „Traditionelle konformistische Organisationen (Bernstein) sind in Regierungsbehörden, dem Militär, in religiösen Organisationen und im öffentlichen Schulsystem immer noch sehr verbreitet. Das moderne leistungsorientierte Paradigma (Orange) ist eindeutig die vorherrschende Perspektive der Wirtschaftsunternehmen (…). Postmoderne pluralistische Unternehmen (Grün) sind zunehmend auf dem Vormarsch.

Mehrere der nachfolgend abgebildeten Megatrends sind hierbei zu berücksichtigen:

Megatrends und ihre Auswirkungen auf Individuen und Organisationen

Jedes der o.g. Organisationsmodelle hat wichtige Durchbrüche hervorgebracht. Wenn mehr Menschen aus einer integralen evolutionären Perspektive leben, wird es auch evolutionäre Organisationen geben. Diese zeichnen sich m.E. vor allem durch folgende Merkmale aus:

  • Eigenantrieb, Selbstführung: Das Wachsen in eine neue Form des Bewusstseins ist immer ein sehr persönlicher, einzigartiger und geheimnisvoller Prozess. Man kann ihn niemandem aufzwingen. Mit zunehmender Prozessreife wird Hierarchie unbedeutender. An deren Stelle treten komplexe adaptive Systeme, wie man sie in der Natur kennt.
  • Führung: Eine Organisation kann sich nicht weiter entwickeln, als auf die Entwicklungsebene, auf der sich die Führung befindet. Für die Zukunft wird ein fürsorglicher, dienender Führungsstil angestrebt.
  • Leitbild: Leitbild und insbes. Werte, als ein Bestandteil eines Leitbildes, erschöpfen sich nicht in Lippenbekenntnissen und Glanzbroschüren, sondern dienen als Konstante und Handlungsmaxime.
  • Vertrauen: An die Stelle von Angst, die durch das Ego bestimmt wird, tritt die Fähigkeit, der Fülle des Lebens zu vertrauen. Das Bedürfnis, Menschen und Ereignisse zu kontrollieren, tritt in den Hintergrund.
  • Lernen: Mitarbeitende folgen einer inneren Haltung, derzufolge wenn etwas Unerwartetes geschieht oder Fehler passieren, die Situation gut ausgehen wird – und wenn nicht, dann hat uns das Leben eine Möglichkeit zum Lernen und Wachsen gegeben. Aus der kollektiven Intelligenz der selbstführenden Mitarbeiter entsteht organisch die Strategie.
  • Innere Stimmigkeit: Die Entscheidungsfindung wird von inneren Maßstäben bestimmt; analytische Ansätze werden in ihrer Bedeutung relativiert. Ziel ist es, ein gutes Leben zu leben, d.h. der wahrhaftigste Ausdruck unseres tiefsten Selbst – Schönheit, Potenzial – zu werden. Die Folge davon können Anerkennung, Erfolg, Wohlstand und Liebe sein.
  • Loslassen: Die Lebensziele bestimmen nicht länger die Richtung, in die man geht. Stattdessen lernen wir, loszulassen und auf das Leben zu hören, das durch uns gelebt werden will.
  • Demut: Niemand kann die Welt kontrollieren. Verlieren gehört zum Leben dazu. Es erfolgt ein angemessener Umgang mit Widrigkeiten oder Leiden.
  • Komplexität und Widersprüchlichkeit: Es herrscht die Fähigkeit vor, in Paradoxien zu denken, und damit das einfache Entweder-oder-Denken durch das komplexere Sowohl-als-auch-Denken zu transzendieren.
  • Sinn: Da die Berufung im Leben im Vordergrund steht ist eine klare und noble Sinnausrichtung notwendig. Sinn ist mehr als Profitabilität, Wachstum oder Marktanteile.

Zahlreiche Jugendliche der Generationen Y und Z leben diese Perspektive bereits (vgl. STRIM Schülerstudien 2014 und 2015). Sie gelten u.a. als „schwierig“ und „wenig integrativ“. Vielleicht leben sie uns aber auch bereits eine authentische Lebensart vor, die wir nicht nur akzeptieren, sondern selbst annehmen sollten.

Folgende Fragen schlage ich deshalb zum Start in die Diskussion vor:

  • Welchen Prozess benutzen Sie, um den Sinn und die Strategie zu definieren? Wer ist beteiligt? Wer spürt, wann es Zeit ist, den Sinn und die Strategie zu überdenken?
  • Welche Praktiken und Prozesse nutzen Sie, um Innovationen zu fördern? Wer ist beteiligt? Wer filtert und entscheidet, was Aufmerksamkeit bekommt und finanziert wird?
  • Wie homogen ist die Kultur innerhalb Ihrer Organisation? Welches sind Ihrer Ansicht nach die vorherrschenden Emotionen und Stimmungen in Ihrer Organisation?
  • Welcher Weltsicht würden Sie Ihr Unternehmen zuordnen? Warum? Wo sehen Sie Ihre Organisation in fünf Jahren?

Ich freue mich auf Ihre Kommentare und auf eine anregende Diskussion!