Am 7. Januar 2015 veröffentlichte The Conference Board den Research Report „The Conference Board CEO Challenge® 2015: Creating Opportunity out of Adversity—Building Innovative, People-Driven Organizations„. Im Kern geht es in diesem Jahr um die Suche nach Wachstumshebeln in einer sich abschwächenden Weltwirtschaft.
In diesem Beitrag gehe ich kurz auf wesentliche Wachstumshebel ein und vertiefe im Anschluss daran notwendige Fähigkeiten und Kompetenzen im Thema Innovation. Folgende Fragen spielen dabei eine Rolle:
- Welche Strategien und Wachstumshebel stehen für CEOs in diesem Jahr im Vordergrund?
- Warum ist die Rolle des Humankapitals im Thema (Wachstum durch) Innovation wichtiger als die Rolle der Technologie?
- Welche Fähigkeiten zeichnen erfolgreiche Innovatoren aus?
Strategien und Wachstumshebel
Damit CEOs ihre wesentlichen Herausforderungen meistern haben sie die folgenden Strategien ausgewählt:
- eine längerfristige Ausrichtung auf den Aufbau von (Leistungs-)Fähigkeiten,
- die Entwicklung einer starken Unternehmenskultur,
- eine höhere Rechenschaftspflicht und Verantwortlichkeit in der Belegschaft,
- einen starken Führungskader,
- eine engagierte Belegschaft,
- eine verbesserte organisatorische Agilität,
- einen hohen Kundenfokus, sowie
- den Auf- und Ausbau von Unternehmertum rund um Innovationsmöglichkeiten.
Ein wesentlicher Wachstumshebel ist damit Innovation. Die wichtigste Ressource für erfolgreiche Innovationen ist Humankapital; speziell das Verständnis der Kunden und Wissen um die eigenen Fähigkeiten. Fragen Sie sich in diesem Zusammenhang:
- Haben wir die notwendigen internen Kompetenzen für unsere Innovationsziele?
- Nutzen wir die internen als auch externen Wissensquellen zur Generierung innovativer Ansätze?
- Wie können wir die Ressourcenpotenziale unseres Unternehmens durch Partnerschaften erweitern?
Eine wichtige Kernaussage in „The Conference Board CEO Challenge® 2015“ ist denn auch: CEOs konzentrieren sich auf einen unternehmensweiten Ansatz in ihren Wachstumsstrategien, der Innovation und Kundenorientierung ebenso gewichtet wie eine ausgezeichnete (Strategie-)Umsetzung. Meine Überzeugung ist: Nur die Arbeitsplätze von Innovatoren mit hohem Unternehmertum werden in der neuen globalen Wissensgesellschaft immun sein gegen Outsourcing und Automatisierung.
Innovation und Humankapital
In vorherigen Beiträgen habe ich bereits etliche Facetten der Innovation beleuchtet; so z.B.
- Innovations-förderliche Organisationsgestaltung,
- Innovationsstrategien und Innovationskultur, und
- Unternehmenswachstum durch Innovation.
Für 2015 heben CEOs weltweit die folgenden Innovationsstrategien hervor:
- Erstellung einer Innovationskultur durch Förderung und Belohnung von Unternehmertum/-geist und Risikobereitschaft.
- Beteiligung an strategischen Allianzen mit Kunden, Lieferanten und/oder anderen Geschäftspartnern.
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Ansprache, Einstellung, Incentivierung und Bindung von Talenten mit Innovationskraft.
In Europa spielen nachgelagert auch die folgenden Strategien eine wichtige Rolle:
- Ermutigung produktspezifischer, inkrementeller Innovationen mit eher kurzfristiger Ausrichtung (Platz 4), sowie
- Verfolgung sog. „Open Innovation“ Konzepte (Platz 5).
Wichtig ist: Strategien für Investitionen in immaterielle Vermögenswerte sind im Zusammenhang mit Leistungssteigerungen durchweg höher zu bewerten als diejenigen, die mit Kosteneinsparungen verbunden werden!
Wichtig ist außerdem: Die Vorstellung, dass die Unternehmenskultur und eine engagierte Belegschaft die entscheidenden Erfolgsfaktoren für Innovation sind, plädiert für einen stärker integrierten Ansatz, der die Funktion des Humankapitals und die gesamte Steuerung immaterieller Vermögenswerte mit einbezieht – von Prozessverbesserungen bis hin zur Höher-Qualifizierung der Belegschaft.
Gutenberg und Zuckerberg
Bisher gibt es wenig gesicherte Fakten über den Zusammenhang von Humankapital und Innovationstätigkeit. Antworten auf die Frage: Welche konkrete Ausbildung und welche speziellen Kompetenzen sind für eine erfolgreiche Innovationstätigkeit am wichtigsten? sind rar.
Dreesmann definiert Innovationskompetenz als die „Fähigkeit, mit Veränderungs- und Neuerungssituationen konstruktiv umzugehen und sie zu bewältigen“. Weitere Aspekte – vgl. Fit für Innovation, Arbeitskreis 3 – sind:
- die Koordinierung heterogener Kompetenzen,
- den Einsatz von Promotoren,
- die Wissensteilung im Unternehmen,
- die Verknüpfung von Lösungs- und Kundenwissen,
- die Bewältigung der verschiedenen Aufgaben des Innovationsprozesses,
- die Bewältigung von Unsicherheiten, Informationslücken und Risiken,
- die konstruktive Nutzung von Zielkonflikten, und
- die kontinuierliche Reflektion, Bewertung und Optimierung von Lösungsschritten und Ergebnissen.
Was können wir zusätzlich an dieser Stelle von Gutenberg und Zuckerberg lernen?
- Gutenberg: Das besondere Verdienst Gutenbergs liegt darin, alle Komponenten zu einem effizienten Produktionsprozess zusammengeführt zu haben, der erstmals die maschinelle Massenproduktion von Büchern ermöglichte. Unter anderem gründete er eine Finanzierungsgesellschaft mit mehreren Teilhabern, nahm selbst Geld auf, um zahlreiche Experimente durchzuführen, gründete eine Druckerei und druckte die sog. Gutenberg-Bibel (abgekürzt B42). Bei all dem blieben Gutenberg auch einige Rückschläge und Neuanfänge nicht erspart.
- Zuckerberg: An der Harvard University studierte Zuckerberg Informatik und Psychologie und gründete mit drei Harvard-Kommilitonen Facebook. Davor versuchte er sich bereits an einigen anderen Internetprojekten. Im Jahr 2006 gab er sein Studium ohne Abschluss auf. Sein Motto lautet „Move fast and break things“.
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Beide Persönlichkeiten – m.E. Prototypen an Innovatoren – sind uns wohlbekannt. Welche wesentlichen Fähigkeiten verbinden wir mit Ihnen?
- Innovation hängt an Personen, sie ist damit humankapitalintensiv,
- kognitive Kompetenzen sind notwendig,
- Innovation besteht nicht allein in der Erfindung einer technischen oder organisatorischen Neuerung, sondern in der Durchsetzung und ökonomischen Verwertung dieser Neuerung,
- Rückschläge sind kein Hinderungsgrund,
- Innovatoren sind schöpferische Unternehmer, die unablässig auf der Suche nach neuen Aktionsfeldern sind,
- Innovationserfolg bedingt eine Kombination von Fachwissen und Kreativität.
Die CESifo Group Munich kommt in ihrer Untersuchung „Humankapital und Innovationstätigkeit von Unternehmen„ zu folgenden Ergebnissen:
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Deskriptive Auswertungen belegen signifikante Zusammenhänge zwischen dem Humankapital der Unternehmen und ihren Innovationsaktivitäten.
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Erfolgreich innovierende Unternehmen weisen einen höheren Anteil an Beschäftigten mit naturwissenschaftlich-technischen Hochschulabschlüssen und an Promovierten auf als nicht innovierende Unternehmen.
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Bei einer Betrachtung zahlreicher Kompetenzkategorien erweisen sich die beiden Kategorien technische Fähigkeiten und Kreativität in der Selbsteinschätzung der Unternehmen als die für die Innovationsaktivitäten mit Abstand bedeutendsten Kompetenzen.
Kreativität, analytisches Denken und Neugierde sind auch die Fähigkeiten, die im Handelsblatt-Beitrag „Innovationsmanagement: Mehr Platz für Querdenker“ hervorgehoben werden. Alle dort genannten Innovationsmanager betonen, dass Ideen nur mit einer Unternehmenskultur kommen, die Mut belohnt und in der man offen ist für Neues.
Weitere interessante Hinweise zu notwendigen Fähigkeiten finden Sie in „Creating Innovators: The Making of Young People Who Will Change the World“ von Tony Wagner [Book Trailer].
Was ist Ihre Meinung?
- Welche Wachstumsstrategien bzw. Wachstumshebel stehen für Sie in diesem Jahr im Vordergrund?
- Wie beurteilen Sie hierbei den Zusammenhang von Innovation und Humankapital? Welche Initiativen haben Sie diesbzgl. konkret am Laufen bzw. geplant?
- Welche Innovationsfähigkeiten stehen für Sie im Vordergrund? Was tun Sie konkret, um diese in der Breite zu fördern?
Ich freue mich auf Ihre Kommentare und Anregungen zum Thema sowie auf einen regen Dialog!
[…] meinen letzten Beiträgen standen Innovationsstrategien und Innovationskultur, Innovationsfähigkeiten sowie Innovationsmanagement: Der Weg zur Umsetzung im Mittelpunkt. Heute stelle ich mich der Frage: […]
[…] Beitrag vom 26. Januar 2015: Innovationsfähigkeiten: von Gutenberg bis Zuckerberg, […]
Lieber Volker
Danke für diesen vollgepackten und interessanten Beitrag. Ich glaube wie du auch, dass interne Innovation von dem Humankapital der Firma abhängt.
Aber grosse Unternehmen kaufen sich oft auch innovative Produkte, indem sie einfach kleinere Firmen übernehmen.
Z.B. macht dies Facebook schon seit einigen Jahren. Eine der berühmten Uebernahmen war Instagram.
In 2014 bezahlte die Firma einige Milliarden um Instagram übernehmen zu können.
In 2014 war es WhatsApp.
Ebenfalls kaufen Pharmaunternehmen vermehrt kleine innovative Firmen.
Roche kaufte alleine in 2014 10 innovative Firmen um an deren Produkte zu kommen.
Für mich zeigt dies, dass man bis zu einem gewissen Grad innovativ sein kann. Doch desto grösser die Firma, desto schwieriger wird es – siehe „Ist Roche selber zu wenig innovativ? Nein sagt Schwan…“ (Sek. 31 in diesem kurzen Video – News, Interview mit Schwan CEO von Roche)
===> http://www.srf.ch/news/wirtschaft/roche-praesentiert-durchzogene-jahreszahlen
Was denkst du?
Freundlichst
Urs
Lieber Urs,
danke dir herzlich dafür, dass du dir die Zeit für einen Kommentar genommen hast.
In der Tat verläuft die Innovation in Großunternehmen nicht über „make“, sondern über „buy“.
Ich meine, dass v.a. zwei Problemstellungen in Großunternehmen zu bewältigen sind (neben einigen anderen):
1. Die Balance zwischen Operativer Exzellenz und Investitionen für Wachstum wird noch zu selten gelebt. Viele sind zu schmalspurig und zu risikoscheu unterwegs, mitunter fehlen auch strategische Grundlagen und externe Evidenz über Marktentwicklungen und Kundenbedarfe.
2. Die Innovationskultur ist v.a. in Großunternehmen nicht stimmig. Das liegt sowohl an den Führungsebenen (Fokus auf Kontrolle, etc.) als auch an den Mitarbeitenden (welcher Typ Mitarbeiter präferiert im Allgemeinen ein Großunternehmen?).
Laut des im Januar 2015 erschienenen CEO Challenge Report von The Conference Board ist deshalb v.a. eine Kultur notwendig, die Unternehmertum und Risikobereitschaft fördert und belohnt (nicht sanktioniert!). Auch die Förderung strategischer Allianzen mit Kunden, Zulieferern und/oder weiteren Geschäftspartnern ist noch deutlich ausbaufähig. Schließlich ist bereits bei der Rekrutierung junger Talente darauf zu achten, welche Grundmotive und Einstellungen diese verkörpern. Dies ist ja auch ein wesentliches Element unserer gemeinsamen Studien zu Schülern und Studierenden, die im Juni 2015 in ihrer Neuauflage erscheinen werden.
Also: Innovation Management und Human Capital Management gehören untrennbar zusammen!.
Lieber Volker
Danke für die Antwort. Da stimme ich natürlich voll mit Dir überein
„Innovation Management und Human Capital Management gehören untrennbar zusammen“
Doch auch wenn fast jeder Manager mit dieser Aussage übereinstimmt, es zu leben ist sicherlich nicht sehr einfach. Und je nach Industrie haben wir dann noch das Problem wieviele Versuche es braucht. Bei Pharma wissen wir, es kostet viel, dauert lange und die Erfolgsrate ist klein. Deshalb denkt Roche sicherlich ohne Zukäufe geht es wohl kaum.
Auch wenn junge Leute in Umfragen vielleicht Angeben das interessante Arbeit, gutes Arbeitsklima usw. wichtig sind, das Geld spielt immer eine Rolle. Man ist dann auch oft bereit vieles zu akzeptieren wenn die Kohle stimmt.
Die neuerlichen Daten zur Geldwäscherei bei der HSBC Bank 2006 bis ca. 2008 spricht Bände.
Und das unter der Aufsicht / Compliance eines CEO der zum Thema Business Ethics sogar was sehr gutes Buch geschrieben hat (siehe Image unten). Er predigt darin auch man soll nicht alles tun was man könnte aber wenn schon denn schon, das richtige!
Aber eben, innovativ sein, die dazu nötige Kultur zu pflegen und eine gewisse Risikobereitschaft an den Tag legen zeigt wo es hingehen soll. Dies aber dann mit Erfolg in der Praxis richtig machen ist nicht einfach. Das Beispiel von Stephen Green (dear 2010 zum Minister für Handel in Grossbritannien gemacht wurde) zeigt, alles unter einen Hut bringen ist schwierig.
Danke Volker.
Lieber Urs,
du sprichst in deinem Kommentar gleich mehrere interessante Punkte an:
zu Roche Pharma: Speziell hierzu kann ich sagen, dass diese Unternehmungen derzeit sehr viel Geld in eigene Innovationsprozesse investieren – dies mit Blick auf den RoI on Innovation – und dass sie sehr wohl – teilweise in staatlich geförderten Kooperationen zum Thema Gesundheitsprävention – am „make“ und weniger am „buy“ arbeiten.
zu Erwartungshaltungen junger Leute: Klar haben diese Menschen unterschiedliche Präferenzen. Du weisst selbst, dass die Zielgruppenanalysen deutliche Unterschiede aufzeigen – z.B. nach Berufsprofil, oder nach persönlicher Neigung. Kreative Querdenker kommen selten in Nadelstreifen daher. Grundsätzlich sagt unsere Evidenz, dass der „Hang zur Kohle“ rückläufig ist. Aktuelle Praxisbeispiele zeigen, dass beispielsweise Performance Management Systeme, die zu sehr auf „Kohle“ ausgelegt waren, angepasst werden, weil dadurch mitunter falsche Anreize gesetzt wurden.
zu Stephen Green et al: Ausnahmen bestätigen die Regel. Die Tatsache, dass Fehlentwicklungen aufgedeckt und nicht toleriert werden, ist entscheidend. Die kulturelle Ausrichtung ist ein Entwicklungsprozess, der sicherlich von Positivbeispielen lebt. Davon gibt es leider noch zu wenige. Aber wir arbeiten daran …
Liebe Grüsse, Volker
[…] Fähigkeiten und Kompetenzen der Zukunft, oder: Von Gutenberg bis Zuckerberg. Nur die Arbeitsplätze von Innovatoren und Unternehmern werden in der neuen globalen Wissensgesellschaft immun sein gegen Outsourcing und Automatisierung (Februar 2015). […]