Die Versuchung, Struktur-Diskussionen mit „Kästchen-malen“ zu beginnen, ist nach wie vor groß.

Das hat allerdings nichts mit dem Ziel zu tun, personalrelevante Tätigkeiten so zu strukturieren, dass eine optimale Strategieumsetzung erzielt werden kann.

Die Struktur einer Personalorganisation sollte als Ergebnis einer systematischen Analyse entstehen. Neben der Unternehmensstruktur sind der Grad der (De-)Zentralisierung und der Digitalisierung wichtige Konsistenzfaktoren. Beide sind im guten Fall bereits im Rahmen der Festlegung der HR-Kernstrategie mit eingeflossen. Deshalb ist die schlussendlich relevante HR-Kernstrategie nicht nur Ausgangspunkt für die Entwicklung eines strategischen HR-Portfolios, sondern auch für die Ausarbeitung eines HR Target Operating Model (TOM).

Allgemein versteht man hierunter eine Ansicht auf die logischen Zusammenhänge, wie eine Organisation Mehrwert für Kunden erzeugt und einen Ertrag erwirtschaftet.

Warum braucht es ein HR TOM?

Zahlreiche HR-Funktionen passen aktuell ihre Geschäftsmodelle an, um sich besser auf die sich ändernden Geschäftsanforderungen einzustellen, das Geschäft positiv zu beeinflussen und die Leistung und Reaktion für ihre internen Stakeholder zu verbessern.

Die McKinsey-Autoren Durth, Gandhi, Komm und Pollner heben in ihrem Beitrag „HR´s new operating model“ acht sog. Innovationsschübe hervor, welche die neuen Geschäftsmodelle der Personalabteilung vorantreiben: Einführung agiler Prinzipien, herausragende Leistungen entlang der Employee Experience Journey, verstärkte Einbindung von Führungskräften im Unternehmen, Angebot individualisierter HR-Dienstleistungen, Skalierbarkeit von HR-Dienstleistungen, Integration von Gestaltung und Lieferung von Leistungen mit End-to-End-Verantwortung, Übergang von Prozess-Exzellenz zu Daten-Exzellenz, sowie Automatisierung von HR-Lösungen.

Was sind die Bestandteile eines HR TOM?

Zahlreiche aktuelle Publikationen zu diesem Thema, z.B. von AIHR, Deloitte, Gartner, Kienbaum, Mercer und PwC, arbeiten sich im Wesentlichen an dem mehrfach weiterentwickelten „3-Säulen-Modell“ von Dave Ulrich ab und adaptieren dieses Modell entlang oben genannter Konsistenzfaktoren.

Bruederlin weist zurecht auf die Bedeutung einer Demarkationslinie hin. Diese legt fest, welche HR-Leistungen zentral für das gesamte Unternehmen zu erbringen sind und welche spezifisch und dezentral für einen Geschäftsbereich oder eine Region erbracht werden. Wo diese Linie verläuft, wird im Rahmen der HR-Kernstrategie mit den relevanten Stakeholdern vereinbart.

Abhängig davon wird erarbeitet,

  • wie die Rolle der HR Business Partner, der Geschäftspartner, ausgestaltet werden sollte,
  • welche administrativen HR-Leistungen in einem oder regional mehreren HR Service Centern gebündelt werden können, und
  • wie HR-Experten in sogenannten Center of Expertise organisiert werden.

Grundsätzlich verkörpert der HR Business Partner das dezentrale Prinzip. Die HR Service Center stehen für einen standardisierten und hoch automatisierten Ansatz und folgen damit einem zentralen Prinzip. In der Praxis sind unternehmensweite, regionale und divisionale HR Service Center anzutreffen. Für das Center of Expertise können sowohl das zentrale wie das dezentrale Prinzip zur Anwendung kommen; je nachdem, ob die Kundenorientierung und damit die Effektivität oder die Prozessorientierung und damit die Effizienz im Vordergrund stehen.

Wie wird ein HR TOM ausgestaltet?

Das hängt nun wesentlich von der entwickelten HR-Kernstrategie, sowie daran ausgerichteten Rollen und Verantwortlichkeiten ab. Eine HR-Investment-Strategie  – hohe Qualität bei hoher Dezentralität und Stabilität – hat beispielsweise folgende strukturelle Ausprägungen:

  • Divisionale oder Matrix-Struktur, welche auf Differenzierung und Effektivität ausgerichtet ist,
  • dezentrale Erbringung der HR-Dienstleistungen, weshalb der Anteil an HR-Business-Partnern mit ca. 40 % verhältnismäßig hoch ist und nur nicht strategische, administrative Tätigkeiten in Shared Services zentralisiert werden; dies mit einem Anteil von ca. 30 %.
  • Der Anteil an ausgelagerten „Commodities“ ist mit ca. 10 % klein.
  • HR-Spezialisten machen ca. 20 % der HR-Ressourcen aus.
  • Was die Digitalisierung betrifft, so überwiegen differenzierende Innovationen gegenüber rationalisierenden Automatisierungen und Standardisierungen. Ein hoher Businessfokus kann zu unterschiedlichen Vorgehensweisen in einzelnen Geschäftsbereichen führen. All dies begünstigt wiederum ausgeprägt dezentrale Organisationsformen.

Ergebnis dieser strukturrelevanten Ausrichtungen ist eine HR-Organisation mit hohen Entscheidungsbefugnissen, die auf Augenhöhe mit den Geschäftsbereichen operiert. HR übernimmt die Rolle eines gleichberechtigten Entscheiders und wird als Mitglied des Leitungsgremiums im Unternehmen etabliert. Als Steuerungsprinzip kommt sowohl ein Service-, als auch ein Profit-Center infrage.

Eine HR-Transformation ist anspruchsvoll! Um den Transformationsprozess zu untersuchen, hat der Conference Board ein Rahmenwerk entwickelt, das Unternehmen dabei hilft, zunächst zu beurteilen, wo sie sich in ihrem Transformationsprozess befinden, um danach notwendige Schritte zur Erreichung des Zielbildes festzulegen. Vor fünf Jahren habe ich hierzu einen Beitrag publiziert.

Forschungsergebnisse von McKinsey zeigen auf: Von den 12 Elementen eines Geschäftsmodells haben drei einen besonders großen Einfluss auf die Effektivität des Unternehmens:

  • Führung: Die Struktur, die Befugnisse und die Zusammensetzung der Gremien, die wichtige Entscheidungen über die Richtung der Organisation und ihre Führung treffen.
  • Kultur: Die Gesundheit der Organisation, insbesondere ihre Fähigkeit, sich schneller als ihre Konkurrenten auszurichten, umzusetzen und zu erneuern.
  • Personalplanung: Die Art und Weise, wie das Unternehmen sicherstellt, dass es über die erforderlichen Ressourcen, Fähigkeiten und Kapazitäten verfügt, um Mehrwert zu schaffen.

Unternehmen, die in diesen Bereichen effektive Praktiken anwenden, werden mit zwei- bis dreimal höherer Wahrscheinlichkeit als effektiv wahrgenommen als Unternehmen, die in diesen Bereichen keine klaren Stärken aufweisen.

Fazit

Ein HR-Geschäftsmodell bzw. Target Operating Model stellt die Verbindung zwischen Vision & Strategie und der Organisationsstruktur dar. Es ist die Art und Weise, wie die HR-Funktion organisiert ist, um für seine internen Kunden und Stakeholder einen Mehrwert zu schaffen. Effektive HR-Geschäftsmodelle helfen der Personalabteilung, ihren Kunden ihre Dienstleistungen und ihr Leistungsversprechen auf effiziente Weise anzubieten.

Unter den heutigen unbeständigen Geschäftsbedingungen erfordert ein effektives HR-Geschäftsmodell ein höheres Maß an Klarheit, Automatisierung, Flexibilität und Zusammenarbeit als in der Vergangenheit, um sicherzustellen, dass die Rollen gemeinsam strategische Auswirkungen und operative Exzellenz fördern.
Aus HR-Kernstrategie-Perspektive bedeutet dies, dass künftig die HR-Flex-Value-Strategie und die HR-Balance-Strategie an Bedeutung gewinnen werden – abhängig von der strategischen Ausrichtung des Unternehmens.

Dem allgemeinen Grundsatz, dass die Struktur der Strategie folgt, wird in der Praxis bisher leider nur ungenügend gefolgt. Die Konsistenz zwischen HR-Strategie und HR-Struktur ist ein wesentlicher Garant für eine leistungsstarke HR-Funktion.

Eine Ausdifferenzierung der Bestandteile eines HR-Geschäftsmodells hätte den Umfang dieses Beitrages gesprengt.