Konferenzen in New York, London, Amsterdam, Singapur, und anderen Städten gingen in diesem Jahr der o.g. Frage nach. In unserer Novembertagung in Deutschland standen folgende Fragen zur Diskussion: Wie gehen Betriebe dieses Thema an?  Wie kann die Vermarktung verbessert werden? Welche Vorgehensweise macht Sinn? Welche Kompetenzen sind notwendig?

Nachfolgend finden Sie ausgewählte Folien der Fachtagung vom 10. November 2016. Textuelle Erläuterungen habe ich weiter unten aufgeführt.

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In welchen Entwicklungsstufen befinden sich die Betriebe?

Zu Beginn der Tagung wurde der aktuelle Reifegrad im Thema Workforce Analytics abgefragt. Im Wesentlichen konnten vier Entwicklungsstufen unterschieden werden:

  1. Deskriptiv-operatives Personalberichtswesen (79 %),
  2. Pro-aktives Berichtswesen zur Entscheidungsunterstützung unter Einbindung von HR Scorecard, HR Dashboard, und/oder HR Benchmarking (17 %),
  3. Höherwertige Analysen unter Einbindung von Korrelationen und – statistisch fundierter – Kausalitäten (3 %),
  4. Hochwertige Analysen unter Einbindung von Simulationen, aus Daten abgeleiteter und logisch aufgebauter Modelle, sowie vorausschauender Analytik (1 %).

Die Systemeinbindung ist in den Betrieben noch sehr unterschiedlich. Die Einbindung von Data-Mining-Tools und statistischer Werkzeuge sind eher die Ausnahme.

Auch die Reifegrade im Thema Workforce Planning folgen vier Entwicklungsstufen:

  1. Personalkostenplanung und quantitative Personalplanung (81 %),
  2. Aufbau und Einbindung eines Kompetenzmodells, sowie mehrerer Belegschaftssegmente (12 %),
  3. Aufbau und Pilotierung einer qualitativen Personalplanung für erfolgskritische Belegschaftssegmente (6 %),
  4. Einbindung von Arbeitsmarktdaten und/oder Zuliefer- und/oder Kundendaten, sowie Einbindung einer „contingent workforce“ (1 %).

Hier ist die Systemeinbindung eher schwach ausgeprägt.

Welche Inhalte bewerteten die Betriebe als besonders relevant?

Zunächst einmal wurden die Charakteristika eines evidenz-basierten HR Managements als Grundlage für Analytics ausgiebig diskutiert. Jeffrey Pfeffer und Antoinette Weibel heben in diesem Zusammenhang den sog. SUMIT Manager hervor:

  • Strike new paths for the root-causes of problems – schlagen Sie bei der Ursachenanalyse von Problemen neue Wege ein.
  • Update yourself on management science – aktualisieren Sie Ihr Wissen über wissenschaftlich fundierte Führungs- und Management-Lehre.
  • Manage your reading habits – überprüfen Sie Ihre Lesegewohnheiten.
  • Invest in experimentation – investieren Sie in Experimente.
  • Top of stats – runden Sie Ihr Wissen durch Statistik ab.

Ein Schwerpunkt der Tagung waren die drei Schritte einer Analytics-Initiative, die im Blog bereits ausführlich dargelegt wurden:

Schritt 1: Wie schaffe ich die notwendigen Grundlagen?

  • HR Kennzahlen, Indikatoren und Metriken sind deutlich von HR KPIs zu unterscheiden. Ein sog. strategy mapping unterstützt dabei, die Personalstrategie an der Geschäftsstrategie auszurichten, und die Personalinitiativen/-massnahmen an der Personalstrategie.
  • Projektbeispiele von Deutsche Post DHL, Siemens, u.a. machten deutlich, dass zahlreiche – auch grosse – Unternehmen noch mit Schritt 1 beschäftigt sind. Der wahre Mehrwert durch Analytics wird damit noch nicht gehoben.
  • Wichtig sind unternehmensweit einheitliche Definitionen und transparente Prozesse der Datenerhebung und -kumulierung – nicht nur mit Blick auf HR Benchmarks! Idealerweise sind diese im Einklang mit bereits entwickelten ISO- bzw. DIN-Standards.
  • Besonders wichtig zu sein scheint, dass die Betriebe sich nicht zu lange mit Schritt 1 beschäftigen, sondern im Rahmen sog. „use case“ darlegen, welchen Nutzen sie durch Analytics im Schritt 2 erzielen können.
  • Aussagen wie „Aus Datenschutzgründen ist x oder y nicht auswertbar“ oder „Der Betriebsrat möchte nicht, dass …“ sind häufig vorgeschoben und schlussendlich nicht haltbar. Vieles ist machbar; auch und gerade mit dem Betriebsrat und ohne Verletzung des Datenschutzes bzw. der Privatsphäre. Voraussetzung: Der Nutzen der Datensammlung muss aufgezeigt und Vertrauen – ggf. mittels Richtlinien – aufgebaut werden.

Schritt 2: Wie verläuft eine evidenz-basierte Entscheidungsfindung?

  • Ausgangspunkt ist nicht die verfügbare Datenbasis, sondern die derzeitigen „pain points“ der Unternehmensleitung.
  • Orientierung bieten die sog. „7 Säulen des Erfolges“ – von Personalplanung, über Talentansprache und -gewinnung sowie Onboarding, bis hin zu Performance Management, Employee Engagement und betrieblichem Gesundheitsmanagement.
  • 5 häufige Fragestellungen im Jahr 2016 waren:
    • Wie steht es um unsere Führungsmannschaft und deren Weiterentwicklung?
    • Welchen Stellenwert hat die Aus- und Weiterbildung?
    • Wie gewinnen wir Talente und sind als Arbeitgeber attraktiv?
    • Mit welchen Anreizen binden wir Leistungsträger?
    • Wie identifizieren wir geeignete Nachwuchskräfte?
  • Jede sog. Säule bzw. Fragestellung „durchläuft“ mehrfach einen sog. IMPACT cycle:
    • Identify the business challenges – identifizieren Sie die geschäftlichen Herausforderungen,
    • Master the data – beherrschen Sie die Daten,
    • Provide the meaning – liefern Sie Erkenntnisse und Einsichten,
    • Act on the findings and recommendations – reagieren Sie auf diese Befunde und Empfehlungen,
    • Communicate – kommunizieren Sie (story telling),
    • Track the results – halten Sie die Ergebnisse nach und schreiben Sie diese fort.
  • HR Business Partner bisheriger Prägung erfüllen den in diesem Schritt formulierten Anspruch nur sehr eingeschränkt.

Schritt 3: Welche Kompetenzen sind hierfür notwendig?

  • Die Zukunft von HR hängt lt. Dave Ulrich von im Wesentlichen 10 Kriterien ab.
  • Interessante Erkenntnisse mit Blick auf Workforce Analytics liefert das diskutierte Capability Wheel. Am meisten Kopfzerbrechen machen demzufolge Wissensdefizite bzgl. Geschäft und Finanzen. Auch der Umgang mit Daten in Verbindung mit statistisch-mathematischen Verfahren gehört bisher nicht zur Kernkompetenz.
  • Von einigen Betrieben wurde eine strategische Personalplanung für HR selbst angeregt, um Fähigkeitslücken zu identifizieren und schnellstmöglich zu schliessen.
  • Ein „Weiter wie bisher“ wird nicht gelingen!

Hier finden Sie einige Highlights der 11th Annual Human Capital Analytics Conference vom 20.-21. Oktober 2016 in New York.

Fazit

Die Fachtagung in Deutschland hat mich darin bestätigt, dass viele Personaler resp. Personalcontroller die Themen dieses Blogbeitrages forcieren und entwickeln möchten. Im Vordergrund stehen derzeit m.E. folgende Fragen:

  • Wie beginne ich in diesem Thema?
  • Wie überzeuge ich die Unternehmensleitung von diesem Thema?
  • Wie baue ich notwendige Kompetenzen auf (Make-or-Buy-Entscheidung)?

Wie bereits mehrfach in diesem Corporate Blog diskutiert spielen bereits vorliegende Daten nicht die entscheidende Rolle. Vielmehr geht es um die Identifizierung sog. „pain points“: What keeps your CEO up at night?

Das Methodenfundament hat sich in den letzten Jahren immens entwickelt; wir haben folglich kein Methodenproblem.
Vielmehr benötigen wir sog. „use cases“, um daran den Nutzen zu skizzieren, Sparringspartner zu gewinnen, und dadurch das Thema auszurollen.