Im neuen 3-Teiler zum Thema Workforce Analytics reflektiere ich den aktuellen Stand und inhaltliche Schwerpunkte. Statt erwarteter Effektivitätssteigerungen scheinen die Erfolgsraten in den letzten drei Jahren für jede Art von Belegschaftsanalyse zurückgegangen zu sein. Trügt der Eindruck, oder treten zahlreiche Unternehmen tatsächlich den geordneten Rückzug an? Was sind mögliche Gründe?

Entlang des „Masterplanes“, der bereits in unseren Tagungen im Jahr 2017 – Edesheim/DE, NYC/US – Anwendung fand, beschäftige ich mich im ersten Teil dieser Reihe mit den Grundlagen von Workforce Analytics (kurz: WFA), im zweiten Teil mit dem Stellenwert der Kultur und einem sinnvollen Einstieg in Workforce Analytics, und im dritten Teil mit notwendigen Fähigkeiten und Kompetenzen eines WFA-Teams sowie den Schwerpunkten unserer Fachtagung am 15. November 2018 im Hotel Schloss Edesheim (DE/Rheinland-Pfalz).

Einleitung

In einer weltweiten Befragung bei über 2.500 Unternehmen wurde festgestellt, dass die Erfolgsraten in den letzten drei Jahren für jede Art von Belegschaftsanalyse zurückgegangen sind. Obwohl Unternehmen häufiger Analysen durchführten als 2014, waren diese Bemühungen eher zum Scheitern verurteilt, als dass sie erfolgreich verlaufen wären.
Diese Schwierigkeiten traten einerseits bei eher traditionellen Analysen auf (wie z.B. interne Benchmarks, Effizienzsteigerungen, lagging indicators). Noch düsterer war das Bild andererseits bei neuen Formen von Analytics, wie z.B. wachstumsorientierten Modellen, der Verwendung von „Was-wäre-wenn“-Szenarien zur Vorhersage zukünftiger Talentbedürfnisse sowie der Datenvisualisierung und Storytelling. Im Durchschnitt sind hier nur 18 Prozent der Unternehmen erfolgreich.
Um diese Rückgänge in einen Zusammenhang zu stellen, ist es wichtig zu beurteilen, ob dies ein echter Rückschritt in der Effektivität ist oder ob der Standard für Erfolg kontinuierlich ansteigt. Daten zeigen, dass es wahrscheinlich ist, dass die Workforce-Analytics-Latte schneller steigt, als HR darüber springen kann. Trotz niedriger Erfolgsraten gaben 70 Prozent der HR-Experten an, ihre Analysefähigkeiten und datengesteuerten Entscheidungen zu verbessern. Dies reicht jedoch offensichtlich nicht aus, um Schritt zu halten.

WFA-Experten versuchen, durch die Verwendung von Daten und Analysen bessere, schnellere und genauere Geschäftsentscheidungen zu treffen. Die Anzahl an Unternehmen, die WFA einführen, steigt nur langsam an. Warum? Dies liegt zum Teil daran, dass viele Personalverantwortliche über WFA verwirrt sind und nicht wissen, wo sie anfangen sollen. Viele der Fähigkeiten, die für Analytics benötigt werden, waren in der Personalabteilung historisch nicht vorhanden. Ausserdem: Ein grosser Teil der Literatur, die zu WFA verfügbar ist, ist zu theoretisch und kann HR-Fachleute, die Beratung suchen, eher verwirren als helfen.

WFA ist ein faktenbasierter Ansatz für das Management von Mitarbeitenden. WFA ist eine Kombination aus HR-Management, Finanzen und Datenanalyse. HR ist per heute überwiegend noch nicht in der Lage, fortschrittlichere Analysen, wie z.B. Regressionsanalysen, Ursachenanalysen und Prognosen, durchzuführen.

Grundlagen von Workforce Analytics

Der datengetriebene HR-Ansatz hat mehrere Vorteile:

  1. evidenz-basiertes HR-Management,
  2. Verringerung der menschlichen Voreingenommenheit und Subjektivität,
  3. eine strategischere Rolle,
  4. ein Wettbewerbsvorteil, sowie
  5. Mitarbeiterorientierung und –regulierung.

Der Erfolg steckt in der Kombination von Erfahrungswissen, Intuition und soliden Informationen.

Einen zentralen Wegbereiter für WFA finden wir nicht in Unternehmen, sondern im Spitzensport: Die Kunst zu gewinnen – Moneyball.

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Moneyball ist ein Beleg dafür, dass es nicht reicht, die passende statistische Methode zu finden, WFA-Projekte sind häufig eher Herausforderungen für die Organisationsentwicklung als für die Analytiker.

Häufige HR-Kennzahlen nach Gestaltungsfeldern: In der Praxis – im dritten Teil dieser Reihe gehe ich auf einige Praxisbeispiele ein – stellt sich dies derzeit wie folgt dar:

  • Personal- und Managemententwicklung; z.B.: Kompetenzanalysen, Anzahl Trainingstage (differenziert nach technical training und developmental training), Kosten der Weiterentwicklung, Anteil des Aufwandes für Personalentwicklung am Personalgesamtaufwand/am Umsatz, Anteil der Besetzungen von Führungskräften durch interne Personen, Evaluierung der Führungsqualität und Anteil der Auszubildenden im letzten Ausbildungsjahr, die übernommen werden, von allen Auszubildenden im letzten Ausbildungsjahr.
  • Personalbetreuung und Mitarbeiterbindung; z.B.: Employee Engagement, Mitarbeiterzufriedenheit, Fehlzeitenquote, Erfolg von Massnahmen des BGM und Betreuungsquote.
  • Personalmarketing und -auswahl; z.B.: Time-to-Hire, Quality-of-Hire, Time-to-Productivity und Skill-Gap.
  • Leistungsmanagement und Vergütung; z.B.: Führen mit Zielvereinbarungen, Anteil der leistungsorientierten Vergütung an der Gesamtvergütung und Zielerreichungsgrad.
  • Personalfreisetzung; z.B. Fluktuationsquote nach Unternehmensbereich und Belegschaftssegment, Frühfluktuation und Fluktuationskosten.
  • Wertschöpfungsmanagement; z.B. Personalaufwand (Anteil des Personalgesamtaufwands am Umsatz), durchschnittliche Personalkosten je Arbeitsstunde, Mitarbeiterproduktivität (Umsatz je Arbeitnehmer in Euro) – differenziert nach Arbeitnehmergruppen und/oder Organisationseinheiten.

Übergreifend sind die Belegschaftssegmente – auch mit Blick auf die Strategische Personalplanung – von hoher Bedeutung. Darüber hinaus

  • der Bekanntheitsgrad der Unternehmenswerte bzw. Leitlinien,
  • die Identifikation der Mitarbeiter mit den Unternehmenswerten, sowie
  • der Anteil erfolgreich abgeschlossener Change-/Transformations-Projekte.

Von zentraler Bedeutung sind hypothesengetriebene Ansätze zur Erforschung von Ursache-Wirkungs-Beziehungen (vgl. Eight-Step-Model, Phase 2). Nicht umsonst stehen bei WFA-Initiativen häufig die Kultur, die Kommunikation (Storytelling) sowie die Qualität der Führung im Mittelpunkt.

Die EU-Datenschutzgrundverordnung (kurz: EU-DSGVO) – gültig ab 25. Mai 2018 – bringt für WFA-Initiativen relevante Neuerungen (vgl. People Analytics in der Praxis):

  • Erleichterter Umgang mit Daten innerhalb des Unternehmens.
  • Datenschutz-Folgenabwägung.
  • Datenschutzmanagement durch Dokumentation.
  • Datenübertragbarkeit und Recht auf Löschung.
  • Bußgelder und Sanktionen.

Wichtig: Zu Beginn einer WFA-Initiative sollte eine erste Datenschutzdokumentation als Bestandsaufnahme der Datenflüsse und Verarbeitungsvorgänge im Unternehmen erstellt werden.

Beim Thema Vorgehensmodell gilt m.E.: Wenngleich es Alternativen zum bereits vorgestellten Eight-Step-Model gibt kann ich aus der Praxis berichten, dass dieses sich sehr gut für WFA-Initiativen eignet und leicht verständlich ist. Zudem unterscheiden sich andere Vorgehensmodelle nur marginal.

Hilfreich finde ich die von Cornelia Reindl und Stefanie Krügl vorgeschlagene Bündelung in drei Phasen:

  • Phase 1: qualitative Phase; die Vorarbeit für die Datenanalyse. Diese Phase beinhaltet die Schritte 1 und 2 des Eight-Step-Model.
  • Phase 2: quantitative Phase; die Datenanalyse selbst und alle damit einhergehenden Arbeiten. Diese Phase beinhaltet die Schritte 3 bis 6 des Eight-Step-Model
  • Phase 3: Umsetzungsphase. Diese beinhaltet die Schritte 7 und 8 des Eight-Step-Model.

Bereits in der Zusammenfassung der NYC-Konferenz 2017 habe ich geschrieben: Statistische Signifikanz zu finden, kann schwierig sein, ist aber sehr wichtig. Sie kommen um die Anwendung statistischer Verfahren m.E. nicht drum herum:

  • Das Ziel der Korrelationsanalyse ist, die Strenge des Zusammenhanges zwischen den einzelnen Variablen zu ermitteln. Bestimmt wird allerdings nicht der Grad der Abhängigkeit schlechthin, sondern lediglich der Grad des linearen Zusammenhanges. Betrachtet man die Verteilung zweier Variabler, so stellt man häufig fest, dass die Veränderung der einen Variablen einen Einfluss auf die Veränderung der anderen Variablen besitzt. Das Maß für den Grad der Beeinflussung ist der sog. Korrelationskoeffizient. Dieser variiert von 1. 0 bis + 1. 0, womit nicht nur die Stärke des Zusammenhanges, sondern auch die Richtung angezeigt wird. Die Korrelationsanalyse ist in der Regel nur eine Zwischenstufe für andere Verfahren wie zum Beispiel der Faktorenanalyse oder der Regressionsanalyse. Je nach dem Messniveau der einbezogenen Variablen unterscheidet man nach verschiedenen Korrelationskoeffizienten. Die gebräuchlichsten davon sind der KK nach BravaisPearson und der Spearmansche KK.
  • Regressionsanalysen sind statistische Analyseverfahren, die zum Ziel haben, Beziehungen zwischen einer abhängigen und einer oder mehreren unabhängigen Variablen zu modellieren. Sie werden insbesondere verwendet, wenn Zusammenhänge quantitativ zu beschreiben oder Werte der abhängigen Variablen zu prognostizieren sind.
  • Es ist wichtig, Analyseergebnisse statistisch mit den Themen Führung und Geschäftsergebnisse zu verbinden. Auf diese Weise kann man zeigen, welche Formen effektiver Analytik die anderen übertreffen. Im Durchschnitt haben Unternehmen, die sich mit solchen Analysen auszeichnen, mit 3 mal höherer Wahrscheinlichkeit finanziell deutlich bessere Ergebnisse als die Vergleichsgruppe.

Wie oben im Beitrag bereits skizziert scheinen die Erfolgsraten von WFA-Initiativen rückläufig zu sein. Woran liegt das? Was sind mögliche Gründe für das Scheitern? Fünf Gründe sind besonders auffällig:

  1. Die Initiative ist zu ehrgeizig; alle aktuellen Probleme in Verbindung mit der Belegschaft werden in die WFA-Initiative hineinprojiziert.
  2. Die Initiative ist für das Geschäft nicht relevant; d.h. klipp und klar: Die Schritte 1 und 2 des Eight-Step-Model wurden nicht sorgfältig durchlaufen.
  3. Compliance wurde nicht von Anfang an mit in das Projekt eingebunden.
  4. Mangelhafte Datenqualität trotz teurer IT-Pakete aufgrund schlechter Datensammlung, häufig fehlender Definitionen, sowie unklarer Prozesse und Prozess- resp. Datenverantwortlichkeiten.
  5. Keine Ableitung der Erkenntnisse, die aus Daten gewonnen wurden, in umsetzbare Einsichten und Massnahmen.

Weitere häufig wiederholte Fehler sind u.a.:

  • Es fehlt eine überzeugende Vision; zudem sind die Ziele der Initiative unklar.
  • Die Kommunikation ist unzureichend; Storytelling existiert nicht.
  • Kein ausreichender „buy-in“ des (Senior-)Managements. Auch die Geschäftsführung/der Vorstand klinken sich aus, wenn die Ergebnisse der WFA-Initiative nicht zu ihrer „Agenda“ passen.
  • Es fehlen Treiber und Promotoren im Unternehmen.
  • Die Unternehmenskultur ist nicht „reif“ für derartige Initiativen.
  • Die für eine WFA-Initiative notwendige Kompetenzen sind nicht vorhanden, externe Ressourcen werden nicht genehmigt bzw. zielführend eingebunden.

Der zweite Teil dieser 3-er Reihe thematisiert den Stellenwert der Kultur und skizziert den sinnvollen Einstieg in eine WFA-Initiative. Hier passieren leider die meisten Fehler! Diesen Teil werde ich am 28. Mai publizieren. Am 4. Juni 2018 erscheint dann der dritte Teil; dieser wird im Schwerpunkt notwendige Fähigkeiten und Kompetenzen eines WFA-Teams beinhalten. Ausserdem werde ich die Schwerpunkte unserer Fachtagung am 15. November 2018 im Hotel Schloss Edesheim (DE/Rheinland-Pfalz) kurz skizzieren; die zugehörigen FAQ können Sie bereits einsehen.