Nicht nur der Druck der Märkte wächst. Auch innerhalb der Unternehmen steigt er an:

  • 90 % der Unternehmen geben zu, dass die Zeit bis zur Marktreife zu lange dauert und dass Budgets häufig nicht eingehalten werden,
  • 50 % der Ressourcen zur Produktentwicklung und Kommerzialisierung werden verschwendet,
  • 40 % der Unternehmen geben als Hindernis für den Innovationserfolg fehlende bzw. irreführende Performance-Ziele und Kennzahlen an, und
  • nur 20 % der CEOs sind mit der Rendite initiierter Innovation zufrieden.

In meinen letzten Beiträgen standen Innovationsstrategien und Innovationskultur, Innovationsfähigkeiten sowie Innovationsmanagement: Der Weg zur Umsetzung im Mittelpunkt. Heute stelle ich mich der Frage: Wie messen wir Erfolg im Thema Innovation Management?

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Während der letzten Monate habe ich mich intensiv mit bereits existierenden Controlling-Ansätzen im Thema Innovation Management auseinandergesetzt, denn es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen der Fähigkeit zur Evaluation und dem Innovationserfolg. Hier meine 10 Impulse:

  1. Gemäß Chris Penttila „Know your return on innovation“ sind die drei gängigsten Kennzahlen Kundenzufriedenheit, Umsatzanteil/EBIT-Anteil neuer Produkte und Dienstleistungen, sowie Gesamtumsatzwachstum.
  2. Robert F. Brands stellt in seinem Beitrag „Sustainable Innovation Metrics“ die folgenden Top-5-F&E-Kennzahlen in den Vordergrund: F&E-Aufwendungen im Verhältnis zum Umsatz, Anzahl eingereichte/ausstehende/ausgezeichnete/abgelehnte Patente, F&E-Gesamtmitarbeiterzahl, Umsatzanteil neuer Produkte im vergangenen Jahr/3 Jahre/5 Jahre, Anzahl neu auf den Markt gebrachter Produkte.
  3. Ergebnisse der 8. Arthur D. Little Global Innovation Excellence Study heben daneben auch die durchschnittliche Zeit bis zum Break-Even neuer Produkte und Dienstleistungen als wichtige Kennzahl hervor. James P. Andrew veranschaulicht dies m.E. eindrucksvoll anhand der cash curve.
  4. Laut der o.g. Arthur D. Little Studie unterscheiden sich Top-Innovatoren und durchschnittlich erfolgreiche Innovatoren in diesen Kennzahlen deutlich: So erreichen Top-Innovatoren beispielsweise einen um 13 %-Punkte höheren EBIT aus neuen Produkten und Dienstleistungen und eine um 30 % kürzere Zeit bis zum Break-Even. Branchenübergreifend neigen Top-Innovatoren mit führendem Innovationserfolg offensichtlich dazu, sich mehr auf radikale, disruptive Innovation zu konzentrieren als andere Innovatoren konzentrieren. Abhängig von der Innovationsform (OECD Oslo Manual: Produkte & Dienstleistungen, Prozesse, Marketing oder Geschäftsmodelle) variiert dieser Trend etwas.
  5. Je nach Innovationsart kann zwischen statischen Bewertungsverfahren, wie z.B. Kosten-, Gewinn- und Amortisationvergleichsrechnung, und dynamischen Bewertungsverfahren, wie z.B. Kapitalwertmethode, Interne Zinsfußmethode und dynamisierte Payback-Methode, unterschieden werden. Hartschen, Scherer und Brügger stellen in ihrem Buch Innovationsmanagement diese Verfahren einander gegenüber. Die wohl häufigste Bewertungsmethode ist die Kapitalwertmethode.
  6. Bereits vor zwei Jahren bin ich in meinem Blogbeitrag „Unternehmenswachstum durch Innovaton“ auf die Publikation „Metrics for innovation: guidelines for developing a customized suite of innovation metrics“ von Amy Muller, Liisa Välikangas und Paul Merlyn eingegangen. Deren Ansatz gefällt mir aus drei Gründen sehr gut: Erstens folgt er dem Leistungserstellungsprozess, zweitens bindet er Reifegrade mit ein – ein Wesensmerkmal von Analytics! – und drittens beinhaltet dieser Ansatz – im Gegensatz zu den weiter oben kurz vorgestellten – die Innovationsfähigkeit einer Organisation.
  7. Egils Milbergs und Nicholas Vonortas kritisieren in ihrem White Paper „Innovation Metrics: Measurement to Insight“ ein prozessorientiertes Vorgehen bei der Evaluierung von Innovation Management (Kennzahlen der 1. und 2. Generation) und plädieren für sog. „real-time“-Kennzahlen (Kennzahlen der 3. und v.a. 4. Generation). Hierbei spielen v.a. Wissensindikatoren, Netzwerke und Rahmenbedingungen seitens Wirtschaft, Politik und Unternehmen (Werte, Verhalten, Kultur, etc.) eine wichtige Rolle.
  8. Soren Kaplan kombiniert in seinem Beitrag „The Complete Guide to Innovation Metrics – How to Measure Innovation for Business Growth“ in gewisser Weise die Ansätze von Muller et al sowie von Milbergs und Vonortas und schlägt ein Rahmenwerk für Innovationskennzahlen mit drei Kategorien vor – RoI, organisatorische Fähigkeiten und Führung -, die jeweils Kennzahlen zu Input und Output beinhalten.
  9. Aufbauend auf dem Business Model Canvas stellt Michael Konter in seinem Buch Business Model Innovation: Entwicklung und Controlling innovativer Geschäftsmodelle“ einen Controllingansatz vor, der als kybernetischer Prozess ausgestaltet ist und zunächst Kennzahlen auf der Ebene der 9 Partialmodelle entwickelt, die anschließend in der BSC-Logik aggregiert werden.
  10. Das obige Bild stammt aus meiner DOAG-Präsentation vom Juni 2015 und fußt auf der Erkenntnis, dass Unternehmen eine breite Palette an Indikatoren benötigen, um die Innovationsleistung zu evaluieren (vgl. Kathryn Troy/The Conference Board: Making Innovation Work. From Strategy to Practice). Die abgebildeten vier Kategorien dienen dazu, die Auswirkungen initiierter Innovationsmaßnahmen zu messen.

Fazit

Aus diesen 10 Impulsen leite ich folgende Schlussfolgerungen ab:

  • Wie in dem Ansatz von Amy Muller, Liisa Välikangas und Paul Merlyn (Impuls 6) dargelegt, empfehle ich eine Vorgehensweise entlang von Reifegraden.
  • Für eine deskriptive Analyse (descriptive analytics) sind die Kennzahlen der Impulse 1-3 und 5 sicherlich nützlich.
  • Für eine vorausschauende Analyse (predictive analytics), wie sie auch Konter (Impuls 9) vertritt, ist eine Operationalisierung von Unternehmenszielen und eine Untersuchung von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen (mit Blick auf den Geschäftserfolg) notwendig. Dies unterstreichen auch Silverstein, Samuel, DeCarlo in ihrem Buch The Innovator´s Toolkit: „You can use a cause & effect matrix at any stage of your innovation prozess when you need to understand the relationship between process inputs and outputs, or figure out which factor has critical influence.“ Hierbei sind die in den Impulsen 7 und 8 erwähnten Kategorien „organisatorische Fähigkeiten“ und „Führung“ unter Berücksichtigung der Innovationskultur besonders wichtig.
  • Der Business Model Canvas von Alexander Osterwalder stellt ein nützliches Designkonzept dar, das ich auch im Thema Talent Analytics verwende (siehe: Neues Geschäftsmodell für die Berufsausbildung, Talent Sourcing Canvas). Übrigens: Ein interessanter Leitfaden, wie die Attraktivität von Start-ups für Venture Capital Investoren mit dem Business Model Canvas gesteigert werden kann, finden Sie hier.

Was ist Ihre Meinung?

  • Wie gehen Sie bei der Evaluierung von Innovationsmaßnahmen vor?
  • Welche Kennzahlen setzen Sie ein?
  • Woran machen Sie Erfolg im Thema Innovationsmanagement fest?
  • Welche zusätzlichen Impulse (zu den zehn o.g.) sind Ihnen wichtig?

Ich freue mich auf Ihre Kommentare und Anregungen zum Thema sowie auf einen regen Dialog!