Vor gut drei Monaten, Ende Juli, habe ich im Beitrag Talent Relationship Management: “4×4″ statt “8×4″ über die Ergebnisse der diesjährigen Fachtagungen zum Thema „Talent Acquisition“ – mit Fokus auf Berufsausbildung versus Studium – berichtet. Im Detail ging es um Kernaussagen, um Handlungsfelder, und um sog. „dicke Bretter“.

  • Was davon wird jetzt umgesetzt?
  • Wie ernst ist es den Verantwortlichen damit, dass Worten nun Taten folgen?
  • Was gelingt weniger gut?
  • Welche Schlussfolgerungen drängen sich auf?

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Die Frage „Können Personaler umsetzen?“ könnte man sehr weit fassen und beispielsweise über die Rolle von Personal bei der Umsetzung operativer Exzellenz diskutieren. Ich möchte in diesem Beitrag bewusst und einmal mehr auf die Ansprache, die Gewinnung und die Bindung junger Menschen für einen Beruf eingehen. Hierin drückt sich – so habe ich das in meinem Juli-Beitrag zusammengefasst – eine Werthaltung der Betriebe aus, die von Personal- und Bildungsverantwortlichen in besonderer Weise vorgelebt werden kann. Diese Werthaltung geht im günstigen Fall mit einer pro-aktiven Einstellung und einem auch nach außen, zum Markt hin gerichteten Vorgehen einher.

Wissend, dass es viele Grauschattierungen im betrieblichen Alltag gibt, wage ich eine Einschätzung der gegenwärtigen Situation mit Blick auf die Inhalte der o.g. Fachtagungen zum Thema „Talent Acquisition“ – mit Fokus auf Berufsausbildung versus Studium -, die im Mai und im Juni 2015 in Deutschland, in Österreich und in der Schweiz stattfanden.

Was wird umgesetzt?

  • Ausgelöst durch einen Praxis-Vortrag zum Thema „Rolle der Eltern im Berufsorientierungsprozess – was man tun, aber auch lassen sollte!“ wurden vielfältige Aktionen in Betrieben – teilweise unter Einbindung von Verbänden (Unternehmerverbände, Bildungswerke, etc.), dem Arbeitskreis SCHULEWIRTSCHAFT und Schulelternbeiräten – gestartet. Einige Schweizer Betriebe binden Eltern nun noch intensiver in den Zukunftstag Schweiz mit ein.
  • Einige Betriebe initiierten gegen den Widerstand von Schulen eine Passerelle, eine Ergänzungsprüfung, zu ausgewählten Fächern – darunter Mathematik -, um frühzeitig an Wissenslücken von Schülerinnen und Schülern zu arbeiten.
  • Wenn auch zögerlich; ein Umdenken der Betriebe hin zu persönlichen Neigungen und Lebenswelten Jugendlicher ist erkennbar.
  • Bei der Einbindung von Online-Recruiting-Plattformen macht sich Ernüchterung breit. Etliche Betriebe haben ihre Präsenz auf einigen Plattformen konsequent gestoppt und/oder Budgets in beispielsweise Homepage, Karriere-Website, Blog o.ä. reinvestiert.

Folgen auf Worte nun Taten?

  • Grundsätzlich möchte ich niemandem absprechen, dass er oder dass sie gewillt ist, Taten für sich sprechen zu lassen.
  • Proaktivität, das Erkennen von Trends, sowie das Eingehen von Risiken gehören jedoch m.E. nicht zu den vordersten Wesensmerkmalen von Personalern und Bildungsverantwortlichen.
  • „Man sollte“ oder „man müsste“ betrifft häufig andere, nicht die eigene Person mit eigenem Handlungsrahmen und eigenem Verantwortungsbereich.
  • Die höchste Umsetzungswahrscheinlichkeit ist dort festzustellen, wo Personal- und Bildungsverantwortliche sich in Netzwerken austauschen, authentisch über Handlungsfelder diskutieren und Ergebnisse ihrer Arbeit nüchtern evaluieren.

Was gelingt weniger gut?

  • Überlegungen, die grundsätzlich-strategischer Natur sind und sich mit der Anpassung von Geschäftsmodellen beschäftigen, fallen Personal- und Bildungsverantwortlichen schwer.
  • An der mangelhaften Transparenz – beginnend mit simpler Kostentransparenz – wird nicht konsequent gearbeitet.
  • Auch auf Fragen wie: Aus welchen Schulen kommen für welche Berufe geeignete Schüler/-innen? Wie setzt sich das während der Ausbildung und nach der Übernahme fort? kommen keine bzw. nur vereinzelt vage Antworten zurück.
  • Bereits einfache, deskriptive Analysen liegen häufig nicht vor; steuerungsrelevante Erkenntnisse sind die Ausnahme.

Schlussfolgerungen

  • Die Betriebe stoßen mit ihren Ressourcen und ihren Möglichkeiten auch an Grenzen. Die Veränderung des Gesamtsystems, des Ecosystems, ist nur unter Einbindung der Politik und der Verbände möglich. Diese reagieren leider erst sehr spät. Einige Betriebe organisieren sich deshalb selbst und suchen eigenständig nach Problemlösungen.
  • Mit Themen wie Industrie 4.0, Arbeiten 4.0, Qualifizierung 4.0 stehen neue Herausforderungen bereits „vor der Haustüre“. Eine abwartende Haltung kann für Betriebe existenzbedrohlich sein.

Was ist nun Ihre Meinung?

  • Finden Sie sich in den obigen Ausführungen wieder? Wo möchten Sie widersprechen?
  • Welche zusätzlichen Beobachtungen und Erfahrungen möchten Sie ergänzen und damit mit in die Diskussion einbringen?

Ich freue mich auf Ihre Kommentare und Anregungen zum Thema sowie auf einen regen Dialog!