Aufsetzend auf dem Blogbeitrag vom 25. März 2017, in dem ich sieben aktuelle Kernthemen der Geschäftsführungen und sieben Strategien zur Herausforderung Innovation und Digitalisierung vorgestellt habe, vertiefe ich nun im 4. und letzten Beitrag dieser Reihe die Strategie „Bei Innovation geht es eher um Haltung, Kultur und Menschen als nur um Technologie“.

CEOs verschieben ihren Fokus allmählich weg von der Technologie hin zu einem integrierteren Innovationsansatz; dieser stellt eine untrennbare Verbindung zwischen Kultur, Talent und Innovation in den Mittelpunkt.

Die zahlreichen Links zum Thema Innovationskultur in Teil 1/4 machen bereits deutlich, für wie wichtig, ja geradezu essentiell, ich das Thema Innovationskultur halte, um neuen Ideen zum Durchbruch zu verhelfen. Ich fokussiere mich deshalb im Folgenden auf einige, wenige Punkte und setze auf Ihre Kommentare und Rückmeldungen.

Prozesse und Technik sind weniger wichtig als der Kulturaufbau

Als die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel im Februar 2017 die „Digitale Fabrik“ von Siemens besichtigte titelte XING noch: Transformation bleibt meist auf der Technikebene stecken.

Weltweit gesehen scheint es bereits etwas besser auszusehen: Acht der Top 10 Strategien, die von den Geschäftsführungen im Jahr 2017 ausgewählt wurden, um die Herausforderung von Innovation und Digitalisierung zu bewältigen, handeln von Humankapital und Kultur. Kumulativ setzen diese Strategien die Bedingungen für Innovation in Gang: Ideenteilung durch Führungskräfte, Kooperation, Kreativität als Unternehmenswert, lohnendes Unternehmertum, sowie Investitionen in Aus- und Weiterbildung. Neben dem Aufbau einer starken Kultur ist es wichtig, klare Ziele für Innovationen zu setzen und den Leistungsbeurteilungsprozess zu nutzen, um eine unternehmerische Denkweise zu stärken. Hierbei muss akzeptiert werden, dass Misserfolge zu einem Innovationsprozess dazugehören – schliesslich können Unternehmen keine innovative Kultur haben, wenn Mitarbeitende Angst davor haben, Fehler zu machen.

Forcieren Sie den Wissenstransfer

In der aktuellen CEO-Befragung von TCB rangiert die Strategie „Nutzen Sie Social Media Tools für den internen Wissensaustausch“ nur auf dem 19. Platz auf der Liste der Innovations- und Digitalisierungsstrategien. Hierbei kann man ggf. einen der Bausteine einer innovativen Kultur im digitalen Zeitalter ignorieren, denn: Organisationen müssen sich besser auf die Kommunikation und den Aufbau virtueller Netzwerke konzentrieren, um Innovation und digitale Transformation zu fördern. Social Media Tools sind dabei förderlich. Selbstverständlich erfordert der Erfolg mehr als die Einführung digitaler Werkzeuge. Technologie ist nicht das Problem; Menschen und Kultur sind es. Solche digitalen Wissensaustauschsysteme jedoch sind nicht nur eine Veränderung in einer Technologieplattform – sie können eine Plattform für den kulturellen Wandel werden und neue Arten des Denkens, des Arbeitens und des Führens ermöglichen. Das Ziel ist, eine wissensbasierte Innovationskultur zu schaffen.

The Coca-Cola Story

David Allard, VP für integrierte Marketingkommunikation bei Coca-Cola in Kanada, beantwortete im Interview mit Hilton Barbour einige interessante Fragen zur Innovationskultur, die ich nachfolgend auszugsweise widergebe:

Digitale Transformation ist fast ein Klischee für jedes Projekt, das eine digitale Komponente hat. Wie definierst du es?
Die grosse Möglichkeit Digitaler Transformation ist, wie wir uns die Lösung von Problemen unserer Kunden und unserer Verbraucher anschauen. In realer Hinsicht bedeutet das, historisch separierte Aspekte des Unternehmens zu betrachten und in einer wirklich gemeinschaftlichen Weise daran zu arbeiten, diese aufzubrechen; Silos, die früher zwischen IT, Vertrieb, Betrieb etc. existiert haben.

Erzähle uns mehr über die Dynamik der Zusammenarbeit.
Die Dynamik ist besonders an zwei Fronten erlebbar. Eine davon schaut danach, wie Digitalisierung uns hilft, unseren Kundenbeziehungen mit den WalMarts etc. einen Mehrwert zu verleihen. Deren „Digitalisierung-Teams“ kümmern sind ebenfalls sehr intensiv darum, wie sie ihre eigene digitale Transformation ausführen; es gibt also eine unmittelbare Möglichkeit, gemeinsam Wert zu schaffen. Die zweite Front ist, wie wir gemeinsam für unsere Kunden einen Mehrwert schaffen. Diese sinnvollen Verbrauchererlebnisse gilt es zusammenbringen.

Coca-Cola ist eine erfolgreiche, 130-jährige Organisation. Ist das eine Kultur, in der die Geschwindigkeit des Wandels, die mittels Digitaler Transformation erzeugt wird, gefördert wird oder gibt es Elemente, die aus kultureller Sicht sinnvoller sind?
Um so lange zu existieren und für unsere Marken das Format zu haben, die sie ausmachen, ist Veränderung Teil unserer DNA. Aber es geht v.a. um Agilität. Weltweit legen wir verstärkt einen Akzent darauf, eine Lernorganisation zu werden. Einer unserer Kernwerte lautet: „Handeln wie ein Eigentümer“. Wir interpretieren diesen Wert vor allem derart, wie wir uns das Versagen anschauen; dies v.a. deshalb, um schneller zu lernen.

Kultureller Wandel braucht Buy-In, Unterstützung und Executive Sponsoring, um tatsächlich erfolgreich zu sein. Was meinst du dazu?
Die sichtbarste Bestätigung dieser Kulturveränderung ist im Bereich des Talents. Es gibt eine tiefe Überzeugung auf Seiten unserer Führungskräfte: Wenn wir morgen anders sein wollen, dann müssen wir anders rekrutieren und einstellen, als wir das in der Vergangenheit getan haben. Wir alle müssen zur Kenntnis nehmen, dass die künftig benötigten Talente sich im Vergleich zu heute deutlich unterscheiden werden. Da interessanterweise keine Vorlagen für diese Arten von Rollen existieren, habe ich die grössten Erkenntnisse aus Gesprächen über das ganze Unternehmen hinweg gewonnen, als wir zu definieren versuchten: um was für eine Ressource handelt es sich, was beinhaltet das neue Set an Fähigkeiten, was macht diesen sich unterscheidenden Mitarbeitertyp aus, den wir gerne beschäftigen möchten.

Mussten die Werte von Coca-Cola verändert oder neu definiert werden, um diese Digitale Transformation in die Organisation einzupassen?
Unsere Werte der Zusammenarbeit, Handeln wie ein Eigentümer, Inspirieren Anderer haben uns dorthin geführt, wo wir heute sind. Es geht also nicht darum, diese Werte an sich zu ändern, sondern darum, wie jeder von uns diese Werte individuell interpretiert; das macht den Unterschied für die Zukunft.

Was machst du als Führungskraft, als Kulturträger, um deinen Worten Taten folgen zu lassen? Was machst du, um diese neuen Verhaltensweisen zu manifestieren?
Aktives Zuhören ist für mich persönlich das wichtigste Verhalten. Daneben ist es die Idee, wie ein Eigentümer zu handeln; ich selbst bin verantwortlich dafür, konsequent zu hinterfragen, warum wir bestimmte Dinge tun. Hierzu gehört Mut – auch neue Wege zu gehen. Wenn wir sinnvolle Erfahrungen für unsere Konsumenten und Kunden anstreben, dann dürfen wir keine Angst haben, Fragen zu stellen und den Status quo herauszufordern.

Welchen Rat würdest du Kollegen geben, die eine ähnliche Situation durchmachen?
Zuhören, zuhören, zuhören ist der erste Teil. Der andere ist daran zu erinnern, die Firmenwerte als Anleitung dafür zu benutzen, nicht als Handschellen, wie wir handeln und Entscheidungen treffen.