Zusammenfassung:

Wir müssen uns endlich entscheiden: Wollen wir über Facebook sprechen, oder über Bildung, notwendige Reife und Beziehungsebene?

Schlagwörter: Berufsorientierung, Ausbildungsreife, Praktika, Talent Management, Bildung, Facebook, Bewusstsein, Sozialkompetenzen, psychische Unreife, Leistungsfähigkeit, Praktikum

In Kürze gehen die neuen Auszubildenden (Lernenden/Lehrlinge) an den Start. Nach den Einführungswochen bleibt für Marketing- und Recruiting-Verantwortliche nur wenig Zeit zum Luft holen. Denn die Vorbereitungen für den Ausbildungsjahrgang 2014 sind bereits in vollem Gange.

Wieder stehen Fragen im Raum; beispielsweise die folgenden:

  • Wie erreiche ich geeignete Bewerber?
  • Welche Schultypen sollten hierbei im Vordergrund stehen?
  • In welchen Netzwerken sind diese aktiv?
  • Wie stelle ich diesen jungen Menschen mein Unternehmen als attraktiven Arbeitgeber vor?
  • Binde ich Eltern mit ein? Wenn ja, wie?

Vorab sollten wir uns einige Prämissen vergegenwärtigen:

  • Spätestens seit Richard David Precht im April dieses Jahres das Buch „Anna, die Schule und der liebe Gott“ veröffentlicht hat ist auch dem passivsten Beobachter klar: Solange das Bildungssystem nicht grundlegend reformiert wird werden Schulen ihren Auftrag nicht erfüllen, nämlich: die Persönlichkeit unserer Kinder zur Entfaltung zu bringen und sie für vielfältige weitere Lebenswege vorzubereiten. Daran ändert auch die Flut an empörten Stellungnahmen, u.a. von Jürgen Kaube im Feuilleton der Frankfurter Allgemeine vom 28. April 2013, nichts.
  • Jugendliche sind „durch Erwachsene, die sie zu selbstbewussten Menschen mit großem Verantwortungsgefühl erziehen wollten, zu psychisch unreifen und damit unfreien Individuen geworden, deren Verhalten oft tyrannisch wirkt“. Dieses Zitat stammt aus dem Buch „Persönlichkeiten statt Tyrannen“ von Michael Winterhoff und Isabel Thielen.

Eine optimale Ausgangssituation für Ausbildungsverantwortliche in Unternehmen sieht anders aus.
Sollte man jetzt den Kopf in den Sand stecken? Sicherlich nicht, denn am Ende geht es um nicht weniger als um die Zukunftsfähigkeit unserer Unternehmen und um junge, gut ausgebildete Fachkräfte, die wesentlich zum Unternehmenserfolg beitragen.

Wie sind diese Herausforderungen zu meistern?

Eigentlich ganz einfach. Die Kernfragen lauten:

  • Durch welche Eigenschaften zeichnen sich geeignete Bewerber aus?
  • Von welchen Schulen/-typen (Gymnasium, Realschule,etc.) kommen diese?
  • Welche (Zusatz-)Qualifikationen – speziell im künstlerischen, musischen und sportlichen Bereich – bringen sie mit?
  • Welchen Lebenswelten sind diese Bewerber zuordenbar?
  • Wie ist demzufolge die kulturelle Passung zum eigenen Unternehmen?
  • Welche Praktika – im Rahmen der Berufsorientierung – haben die Bewerber bereits absolviert? Mit welchen Eindrücken, v.a. hinsichtlich eigener Neigungen? Wie haben sich Berufswünsche dadurch bereits konkretisiert?
  • Wie könnten diese Neigungen in das Unternehmen eingebracht werden?

Durch solche Fragen werden Ausbildungsverantwortliche bei ihren grundsätzlichen Überlegungen „an die Hand genommen“. Fragen Sie sich bitte: Welche Bewerber kommen demzufolge für mein Unternehmen nicht in Frage? Welche Lebenswelten passen nicht zu unserer Unternehmenskultur?

Nun – nach Beantwortung der o.g. Fragen – werden Sie gezielt einzelne, grundsätzlich zur verbleibenden Zielgruppe gehörenden Bewerber unterstützen, sei es durch Nachhilfeunterricht beispielsweise in Mathematik, durch ein mehrwöchiges Praktikum oder durch eine EQ-Maßnahme, um die notwendige Ausbildungsreife sicherzustellen.

Wann schlachten wir endlich die „heiligen Kühe“?

Ausbildungsverantwortliche sind keine Personalentwickler zweiter Güte, die es für die Entwicklung von Hochschulabsolventen und Führungskräften (noch) nicht geschafft haben. Sie haben es immer häufiger mit psychisch unreifen, jungen Menschen zu tun – hierfür gibt es zahlreiche Gründe -, die sie an vereinbarte Regeln, an einen notwendigen Arbeitsrhythmus und an ein ergebnisorientiertes Arbeiten heranführen. Die besten Ausbilder und Personalentwickler sind dafür gut genug!

Junge Menschen leiden an „sozialen, wirtschaftlichen, technischen und politischen Überforderungsphänomenen“ (Winterhoff/Thielen). Diese sind ursächlich für die Zunahme an Beziehungsstörungen (Das Phänomen: Immer mehr Kinder zeigen Auffälligkeiten). Da hilft es nichts, wenn wir das Marketing und noch mehr Eignungstests auf den PC oder auf das Smartphone verlagern. Jugendliche brauchen vielmehr in erster Linie einen Menschen, der zu ihnen eine professionelle Beziehung aufbaut, ihnen Orientierung gibt ohne Bevormundung, der Optionen bietet ohne einzuengen und der Konsequenzen aufzeigt ohne zu befehlen. Lassen wir also Nähe zu, stellen wir uns diesen Jugendlichen persönlich vor, stellen wir Motivation und Sinnvermittlung sowie praktisches Üben in den Mittelpunkt und lassen wir Facebook in der „Privatschatulle“. Soziale Netzwerke können unterstützend wirken, niemals jedoch den notwendigen Beziehungsaufbau ersetzen!

Eine professionellere Berufsausbildung bedeutet nicht, dass man Budgets jährlich herauf- oder heruntersetzen kann. Auch das Ungleichgewicht im Vergleich mit Hochschulabsolventen ist meiner Meinung nach nicht länger hinnehmbar und zudem völlig unbegründet. Bildungselite ist nicht zwingend mit einem Doktortitel verbunden, Kreativität und Innovation nicht zwingend mit einem Masterabschluss. Wenn wir endlich einmal damit beginnen würden, konsequent in Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen und in Mitarbeiter-Lebenszyklen zu denken und zu handeln, dann würden wir finanzielle und personelle Ressourcen anders im Unternehmen allokieren. Die Berufsausbildung muss deshalb eine feste Größe in der strategischen Personalplanung sein und somit unabhängig von der aktuellen wirtschaftlichen Lage im Unternehmen etabliert und vorangetrieben werden.

 

Infografik: Studie von STRIMgroup und CyTRAP Labs. Berufsausbildung: Wie nutzen Deutsche Schueler Facebook, Google und Firmenblogs bei der Suche nach einer Lehrstelle? http://info.cytrap.eu/?p=5774 http://info.cytrap.eu/articles/2013-ratgeber-personalsuche-4

Von: Infografik von CyTRAP Labs und STRIMgroup: Studie – Ausbildungsplatzsuche Deutschland

 

Fazit

Es macht mich betroffen, dass wir trotz zunehmend schwieriger werdender Rahmenbedingungen mehr über Facebook sprechen als über die wahren Herausforderungen, die uns schneller einholen, als uns lieb ist.

Auf einen einfachen Nenner gebracht suchen Ausbildungsverantwortliche junge Menschen, die eine gewisse Persönlichkeit ausstrahlen, d.h. sich durch eine ihrem Alter angemessene psychische Reife auszeichnen, und für das Unternehmen interessante Neigungen und Begabungen mitbringen.

Benötigen wir dafür Facebook?

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