Noch vor einigen Jahren war die Personalplanung beschränkt auf die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage an Mitarbeitenden. Heute ist es ein deutlich anspruchsvollerer Prozess, ähnlich wie Risk Management oder Supply Chain Management.

Die Strategische Personalplanung erzeugt mehrere, datengesteuerte Prognosen, die auf einer Vielzahl von Szenarien beruhen. Ausserdem ermöglicht eine solche Planung einer Organisation, sich rasch anzupassen und auf aktuelle und zukünftige Änderungen in den Geschäftsanforderungen zu reagieren.

Drei Fragen möchte ich in diesem Beitrag an Sie richten und jeweils mit einem Impuls anmoderieren:

  1. Welche Inhalte bilden den Kontext einer Strategischen Personalplanung?
  2. Warum ist es gerade für die Assekuranz so wichtig, sich mit diesem Thema zu befassen?
  3. Welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung?

Human.

Damit eine Personalplanung als „strategisch“ bezeichnet werden kann sind m.E. folgende Eigenschaften notwendig:

  • Verzahnung mit der Strategischen Unternehmensplanung,
  • Gezielte Ausrichtung auf jene Belegschaftssegmente, welche die grössten strategischen Auswirkungen erzielen (z.B. unternehmenskritische Positionen, Aufgaben, die schwer zu erfüllen sind, oder Fähigkeiten, die über eine lange Zeit hinweg aufgebaut wurden),
  • Einbindung eines Entscheidungswerkzeuges, das obere Führungsebenen dazu befähigt, Alternativen abzuwägen, Geschäftsentscheide herbeizuführen und bei der Strategischen Planung Fortschritte zu machen.

Im Ergebnis bedeutet dies: Eine Strategische Personalplanung muss – entlang mehrerer Reifegrade – eine höhere (Arbeits-)Produktivität zum Ziel haben und dadurch Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Rentabilität antreiben. Dies gelingt nur durch eine geschickte Balance aus operativer Exzellenz und Wachstum durch Innovation und IT. Hierzu gehören ein intensiver Dialog in/mit der Führungsmannschaft sowie ein Betrachtungszeitraum von wenigstens fünf Jahren.

Kontext der Strategischen Personalplanung

Neben sog. internen Faktoren, wie z.B. Personalbestand nach Qualifikation und Alter, Fehlzeiten und Fluktuation, sind darüber hinaus auch Inputs aus anderen Bereichen des Unternehmens, wie etwa der Produktions- und Absatzplanung sowie der Investitions- und Finanzplanung, zu berücksichtigen.

In einer VUCA world werden Entwicklungen ausserhalb eines Unternehmens, sog. externe Faktoren, zunehmend ausschlaggebend; so z.B. die gesamtwirtschaftliche Situation (in Europa, den Emerging Markets, den USA, in China, etc.), die Arbeitsmarktsituation, die Bildungssituation, sowie branchenspezifische Entwicklungen.

Lt. Studie von The Conference Board sind Unternehmen aus Südost-Asien hierbei schon recht weit fortgeschritten. Dagegen halten Unternehmen in UK und Europa die rote Laterne.

Bedeutung für die Assekuranz

Die Versicherungswirtschaft steht vor grossen Herausforderungen. Hierzu gehören die Umsetzung regulatorischer und gesetzlicher Vorgaben, die Entwicklung der Kapitalmärkte, die Gestaltung und Nutzung neuer technischer Vertriebswege im Zusammenhang mit einer hohen Wechselbereitschaft seitens der Kunden, sowie die Bindung von Talenten (vgl. Change Barometer 4, Strategische Personalplanung – was tun Versicherer?). „Vor allem der direkte Kundenzugang über Social Media und mobile Apps gilt als wichtiger Einflussfaktor für die künftige Geschäftsentwicklung und eine erfolgreiche Differenzierung in einem von nachlassendem Verbrauchervertrauen und zunehmendem Preisdruck geprägten Marktumfeld“ (Zitat aus der Lünendonk-Trendstudie „Versicherungen 2020 – Trends, Technologien, Geschäftsmodelle“).

McKinsey hat in seiner Assekuranz-Studie 2016 nun einen Forecast 2025 gewagt: „Our most probable outcome for insurers sees up to 25 percent of full-time positions consolidated or reduced as a net aggregate, occuring at different rates for different roles over a period of about a decade.“ Gleichzeitig werden neue Aufgaben noch wichtiger: „Insurers will need to source, develop, and retain workers with skills in areas such as advanced analytics and agile software development; experience in emerging and web-based technologies; and the ability to translate such capabilities into customer-minded and business-relevant conclusions and results.“ [mehr].

Gerne stelle ich Ihnen hiermit eine Präsentation zur Verfügung, die ich vor einigen Vertretern der Versicherungswirtschaft halten durfte:

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Rolle der Digitalisierung

Eine interessante Bain & Company-Studie „Versicherungen: Die digitale Herausforderung“ kommt zum Ergebnis: „Die Kunden wollen beides: persönliche Betreuung und einen 24/7-Zugang über sämtliche digitale Kanäle.“ Denn: „Mit dem Vorstoss digitaler Plattformen steigt der Wunsch nach einer Individualisierung von Produkten und Dienstleistungen.“

Sechs Fragen stehen deshalb für Versicherer derzeit im Vordergrund:

  • Wo steht das eigene Geschäftsmodell derzeit am stärksten unter Druck?
  • Welche digitalen Trends beeinflussen das eigene Geschäftsmodell massgeblich – als Risiko oder Chance?
  • Wie lässt sich die kundensegmentspezifische Ansprache über digitale Kanäle verbessern und ausbauen?
  • Wie gross ist der mit einer Digitalisierung verbundene Aufwand, vor allem bei der Weiterentwicklung der eigenen ICT?
  • Welcher Betrag steht für Investitionen zur Verfügung, und welche Prioritäten sollten angesichts knapper Ressourcen gesetzt werden?
  • Wie lässt sich die Digitalisierung des Geschäftsmodells angesichts einer komplexen Struktur mit vielen Sparten und Gesellschaften vorantreiben?

Zwei Beiträge, die ich zum Thema Digitalisierung im April veröffentlicht habe, mögen für Sie gerade in Verbindung mit der Personalplanung interessant sein, nämlich:

In der vor wenigen Tagen publizierten Studie „Navigating the New Digital Economy“ räumen die Autoren ein, dass zahlreiche Unternehmen ihre digitalen Strategien gerade erst umsetzen und messbare Ergebnisse häufig noch nicht vorliegen. Gleichzeitig heben sie hervor, wie wichtig die Einbindung von Spezialisten auf Zeit (Zeitarbeitskräfte, hoch-qualifizierte Nomaden) und wie essenziell die kontinuierliche Weiterentwicklung v.a. mit Blick auf digitale, technische, mathematische und analytische Fähigkeiten in Zukunft sein werden.

Fazit

  • Die Herausforderungen einer Strategischen Personalplanung bestehen zunehmend darin, zukünftige Entwicklungen interner und externer Einflussfaktoren richtig einzuschätzen. Hierzu bedarf es definierter Methodiken, hinreichender Expertise, kommunikativer und analytischer Fähigkeiten, sowie Kenntnissen über die Unternehmensstrategie und -planung, die lt. Kienbaum, The Conference Board, McKinsey Global Institute, u.a. häufig nicht gegeben sind.
  • Die Versicherungswirtschaft hat die Wucht der digitalen Revolution anders als beispielsweise die Medien und der Versandhandel bislang nur gebremst zu spüren bekommen. Allein der Erfolg der Aggregatoren kündigte einen tief greifenden Wandel an. Die Zeiten ändern sich gerade.
  • Die Strategische Personalplanung bei Versicherern muss den richtigen Mix fest angestellter Mitarbeitender und Zeitarbeitskräften (contingent workforce) finden. Hier tun sich Versicherer derzeit noch sehr schwer! Auch beim Thema Diversity und hinsichtlich eines belastbaren Daten-Zahlen-Fakten-Fundamentes sind noch deutliche Verbesserungen möglich, und notwendig.
  • Die Digitalisierung erfordert von den Versicherern einen weitreichenden Umbau ihrer Geschäftsmodelle, denn die neuen technologischen Möglichkeiten verändern das Verhalten und die Anforderungen der Kunden von Grund auf. Dies umfasst v.a. eine konsequente Ausrichtung der gesamten Organisation auf die Kundenbedürfnisse und – in diesem Zusammenhang – die Aufhebung der Grenzen zwischen ihren analogen und digitalen Vertriebskanälen. Diese Neuausrichtung bedingt eine Anpassung der operativen Kernaktivitäten sowie eine Weiterentwicklung der IT und muss von einem umfassenden, kennzahlenunterlegten Change-Management-Prozess begleitet werden.
  • Eine tatsächlich strategisch ausgerichtete Personalarbeit muss noch viel deutlicher in den Vordergrund rücken.

Was meinen Sie?

  • Würden Sie die Personalplanung in Ihrem Unternehmen als „strategisch“ bezeichnen? Woran machen Sie das fest?
  • Planen Sie ausschliesslich quantitativ, oder auch qualitativ? Können Sie Ihr Kompetenzmodell kurz skizzieren, bspw. hinsichtlich ausgewählter, künftig notwendiger Schlüsselkompetenzen?
  • Welche Stolperfallen bei der Einführung einer Strategischen Personalplanung – wenn möglich bei Versicherern – möchten Sie hervorheben?