Anstatt Führende in bestimmte Rollen hinein zu entwickeln, sollten Mitarbeiter eher darauf vorbereitet werden, widerstandsfähig zu werden gegenüber ständigen Veränderungen, unentwegter technologischer Stimulation, und Uneindeutigkeit. Unternehmen gelingt dies dadurch, dass sie Lernen und Entwickeln für ihre Zwecke miteinander verbinden, und dass sie lehren, wie Führung in Zeiten des Wandels gelingen kann.

Daneben ist es wichtig, dass die Unternehmen Achtsamkeit in Programme zur Führungskräfteentwicklung mit einbetten, dass sie eine Coaching-Kultur schaffen, und dass sie fortwährende Lernerfahrungen bieten.

LeadershipVom Management-Vordenker Peter F. Drucker stammt die Aussage: „Wenn Sie mit etwas Neuem beginnen wollen, müssen Sie aufhören, etwas Altes zu tun.“ Dies trifft in besonderer Weise auf das Thema Führung /-skräfteentwicklung zu; deshalb auch meine Beiträge:

Führung: Was macht den Unterschied?,
HCM-Leitfaden für Führungskräfte, und
Entwicklung der Führungskräfte: Was geht wirklich?

Vier Kernsätze möchte ich nun gerne in diesem Beitrag in Anlehnung an die 22. Führungskräftekonferenz vom Mai dieses Jahres in New York in den Mittelpunkt stellen und mit Ihnen diskutieren:

Stellen Sie den Sinn ins Zentrum

Das Schaffen einer von Sinn und Zweck geleiteten Organisation benötigt ein Vorleben seitens der Unternehmensführung und die Rekrutierung Mitarbeitender, die ebenfalls sinn-geleitet sind und entsprechend agieren.

Bereits bei der Rekrutierung ist auf diese Stimmigkeit zu achten. Dies war eines der Ergebnisse unserer 2014-er Talentstudie mit dem Titel „SINN-volles Recruiting 2.0 – Strategie statt Likes!“. Organisationen, die Werten wie Menschlichkeit und sozialer Verantwortung zum Durchbruch verhelfen und dies auch öffentlich vorleben, haben v.a. deshalb engagiertere Mitarbeiter, weil diese mehr wollen als ein regelmässiges Gehalt.

Eine zunehmende Anzahl an Unternehmen binden diesen Sinn-Aspekt in ihre Weiterentwicklungsprogramme mit ein. Hierdurch werden wichtige Fähigkeiten der Mitarbeitenden gefördert, so z.B. Zweideutigkeit auszuhalten, sich auf unbekannte Einstellungen und Situationen anzupassen, Belastbarkeit, Teamarbeit, Beratung, Problemlösung, ein Denken „über den Tellerrand“, kulturelles Bewusstsein, Kommunikation und Führen ohne formale Hierarchie.

Neben dem bereits angesprochenen Engagement der Mitarbeitenden stellen wir fest, dass Mitarbeitende in einem solchen sinn-geleiteten Umfeld dem Unternehmen länger erhalten bleiben, höhere Problemlösungskompetenzen aufweisen, ein umfassenderes Verständnis für Unternehmensführung und der Rolle des Unternehmens in der Gesellschaft mitbringen, sowie im Unternehmen selbst besser vernetzt sind.

Sie benötigen Führende, die wissen, wie man den Wandel bewältigt

Führungskräfte richten ihre Aufmerksamkeit hauptsächlich auf die Auswirkungen des Wandels in der Organisation; selten denken sie dagegen über die Auswirkungen des Wandels bei den Mitarbeitenden selbst nach. Dies ist auch deswegen wichtig, weil der Wandel nicht alle Mitarbeitenden zur selben Zeit „trifft“. In der Regel beschäftigt sich die Unternehmensleitung als erstes damit, wägt mehrere Szenarien gegeneinander ab, etc; nimmt sich also Zeit, um mögliche Auswirkungen des Wandels zu verstehen und die richtigen Massnahmen zu initiieren. Die Mitarbeitenden – häufig die „Frontkämpfer“ – erfahren als letzte davon. Von ihnen wird erwartet, dass sie die Auswirkungen des Wandels rasch verstehen, akzeptieren und ihr Handeln sofort daran ausrichten. Führungskräfte sind in einer solchen Phase gebeten, grundlegende Fragen zu erläutern; so z.B.: Warum tun wir das? Was bedeutet dies für mich/für die Mitarbeitenden? Für meine Abteilung? Meine Rolle? Welche neuen Fähigkeiten muss ich lernen?

Für alle gilt die Frage: Was kann ich selbst beeinflussen? Kann ich meinen Einflussbereich erweitern?

Führungskräfte, ja alle Mitarbeitende, müssen den Sinn der notwendigen Veränderung verstehen. Erstere müssen deshalb gute Gründe für die Veränderung nennen, begründen, warum es jetzt geschehen muss, und was passieren würde, wenn sie nichts tun (sog. Nullalternative). Politisches Taktieren und/oder Halbwahrheiten helfen an dieser Stelle gar nichts. Vielmehr geht es darum, die ganze Wahrheit „auf den Tisch zu legen“ und den Sinn der Aktion deutlich herauszustellen.

Lehren Sie Führende, ihre Energie durch Achtsamkeit richtig einzusetzen

Habe acht auf dich selbst und auf die Lehre“ schrieb bereits Paulus seinem Freund Timotheus (1. Tim. 4.16). Lehre, also Vermittlung von Sinn, ist die eine Dimension; Achtsamkeit sich selbst gegenüber, die zweite. Erfahrene Führungskräfte betrachten sich selbst sowie ihre Mitarbeitenden und deren Lebensumstände mit Achtsamkeit. Hierzu gehört auch: Internet und Emails stimulieren unsere Nervenbahnen genauso wie Suchtmittel! Im Ergebnis werden Menschen durch Technologie und ständige Reize süchtig; sie beginnen, sich überlastet zu fühlen. Durch Achtsamkeit kann man dieser Gefahr entgegenwirken und technische Hilfsmittel mit Mass und Ziel nutzen.

Untersuchungen zufolge verlängert Achtsamkeit die Lebenserwartung, erhöht die Kreativität und ermöglicht ein besseres Hör- und Einfühlungsvermögen. Dies sind wichtige Grundlagen für den Aufbau besserer Beziehungen.

Behandeln Sie die Entwicklung von Führungskräften wie eine Reise

Eine solche Entwicklungs-Reise kann mehrere Wochen und Monate andauern. Coaching und Selbstreflexion sind wichtige Elemente dabei.

Unternehmen haben festgestellt, dass, wenn Mitarbeitende einen einzigen Teil eines Ganzen lernen und diesen zuerst auf ihre Arbeit anwenden, bevor sie neues hinzu lernen, die Informationen eine höhere Halbwertszeit aufweisen. Dies hat mit der Struktur unseres Gehirns zu tun.

Lernen wird künftig viel selbst gerichteter ablaufen. Jeder kann jederzeit beginnen, und die Lernenden werden die Designer ihrer eigenen Entwicklung. Sie wählen, was sie lernen wollen, und wählen aus, welche Materialien sie hierzu heranziehen und nutzen wollen. Selbstgesteuert Lernende werden  zu selbstgesteuerten Mitarbeitern und Führungskräften.

Die Unternehmen binden hierzu Webcasts und Live-Frage- und Antwort-Sitzungen mit ein, die aufgezeichnet werden und von jedem beliebigen Ort und Zeitzone jederzeit auf Abruf zur Verfügung stehen. Neben der Verbreitung von Technologie in der Entwicklung, bleibt Face-to-Face-Lernen wichtig. Coaching – in der Vergangenheit häufig dazu eingesetzt, um einen Mangel zu beheben – wird zu einer Investition zur Entwicklung zukünftiger Führungskräfte.

 

Fazit

Die vier Kernsätze zur Führungskräfteentwicklung möchte ich wie folgt zusammenfassen:

  • Unternehmen, die Sinn ins Zentrum stellen, „machen den Unterschied“. Sie machen deutlich, dass es um Dinge geht, die über das reine Geldverdienen hinausgehen. Hierzu gehört auch, anderen Menschen dabei zu helfen, ein besseres Leben zu führen.
  • Zuerst geht es einmal darum, dass Führungskräfte selbst lernen, Wandel anzunehmen und damit umzugehen. Danach können sie die Mitarbeitenden anleiten und beim Wandel zur Seite stehen.
  • Heutzutage, wo Arbeit, Familie und Freizeit nahtlos ineinander übergehen, ist die Gefahr des Burn-out besonders gross. Es bedarf deshalb einer Kultur, in der Mitarbeitende lernen, wie sie physisch und psychisch belastbarer und achtsamer werden.
  • Statt isolierter „Druckbetankungen“ geht es künftig um einen ganzheitlicheren Ansatz im Thema Weiterentwicklung, in dem Mitarbeitende und Führende voneinander lernen und das Gelernte zeitnah in ihr reales Arbeitsumfeld einbinden.

Was meinen Sie zu meinen Ausführungen bzgl. Führungskräfteentwicklung?

  • Wie stehen Sie persönlich zu den vier Kernsätzen?
  • Welchen Ergänzung möchten Sie gerne in die Diskussion mit einbringen?
  • Wagen Sie einen Tipp: Wieviel Prozent der Führenden, mit denen Sie täglich Umgang haben, erfüllen die vorgestellten Kernsätze?