Drei Wochen vor der Tagung „NextGen Workforce Analytics“ auf Schloss Edesheim fand Ende Oktober 2017 in NYC eine Human Capital Analytics-Konferenz statt. Die Leitfragen waren identisch: Welche Grundlagen sind zu beachten? Wie gelingt der Einstieg in dieses Thema? Welche Fähigkeiten sind notwendig? Wie trägt die Kultur zum Gelingen bei?

Obwohl die Leitfragen und die diskutierten Themen in beiden Veranstaltungen sehr ähnlich waren, so sind die konkreten Ausgestaltungen doch recht unterschiedlich. Beispiel Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen: Unternehmen, die alle ihre Mitarbeiter-Daten auf einer einzigen Cloud-basierten Plattform konsolidieren, können mithilfe von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen

  • die Mitarbeiterbindung verbessern,
  • feststellen, welche Erfahrungen und Lern- und Entwicklungsprogramme zu mehr Leistung und mehr Beförderungen führen, und
  • lernen, wie die Mitarbeitererfahrung verbessert werden kann.

Eine interessante Infografik zur Reife im Thema Workforce / Human Capital Analytics hat Deloitte vor kurzem publiziert:

Grundlagen von Workforce Analytics

Lernen Sie zuerst die Grundlagen kennen, z. B. das Berichten und Konvertieren der Daten in Dashboards. Sobald Sie diese beherrschen, beginnen Sie mit Predictive Analytics beispielsweise mit Blick auf die Bindung von Leistungsträgern, da solche Analysen einen RoI bieten.

Folgen Sie einem datenwissenschaftlichen Prozess:

  • Frage: Stellen Sie eine interessante Frage.
  • Datensammlung: Überlegen Sie, wie gut das Datensample ist und wie relevant es ist.
  • Datenanalyse: Stellen Sie Ihre Ergebnisse ggf. grafisch dar und suchen Sie nach Anomalien und Mustern.
  • Datenmodellierung: Erstellen und validieren Sie das Modell.
  • Kommunizieren und Visualisieren Sie die Ergebnisse: Was haben wir gelernt? Erzählen Sie die Geschichte!

Beachten Sie, dass Daten Ihnen keine Antwort darauf geben, ob ein Befund gut oder schlecht ist. Das ist kontextabhängig. Zum Beispiel könnten fünf Prozent Fluktuation für Unternehmen, die Innovation wünschen, zu niedrig sein, weil sie neue Ideen brauchen; aber für Organisationen, die viel Ausbildung und qualifizierte Arbeitskräfte benötigen, könnte es zu hoch sein.

Statistische Signifikanz zu finden, kann schwierig sein, ist aber sehr wichtig. Wenn die Stichprobe zu klein ist, könnte etwas wie ein Problem erscheinen, obwohl es keines ist.

Hüten Sie sich vor bewusster und unbewusster Voreingenommenheit beim Schreiben von Algorithmen, da diese Verzerrungen automatisch im Algorithmus kodiert werden können. Achten Sie auf Bestätigungsfehler – Mitarbeiter und Führungskräfte werden Sie oft bitten, etwas zu recherchieren, das sie bestätigt haben möchten.

Stellenwert der Kultur

Respektieren Sie die Privatsphäre. Fühlt sich Ihre Datensammlung wie „Big Brother“ an? Wenn Sie zum Beispiel überlegen, wo Mitarbeiter in Bezug auf die Pendelzeiten wohnen, können Sie verfolgen, wo sich die Mitarbeiter aufhalten, indem Sie sehen, ob sich die Mobiltelefone mitten in der Nacht am selben Ort befinden. Dies könnte eine Linie überschreiten.

Gehen Sie nicht davon aus, dass die Personalabteilung über die rechtliche Seite der Dinge Bescheid weiss. Arbeiten Sie daher eng mit der Rechtsabteilung zusammen, insbesondere wenn es um den Datenschutz geht. Datenschutz-Verordnungen werden das grösste Hindernis für Analysen sein, insbesondere in der EU (DSGVO).

Einstieg in Workforce Analytics

Bevor Sie einen Datenanalysten bzw. -wissenschaftler einstellen, sollten Sie sich fragen, was Sie mit den Analysen machen möchten. Beginnen Sie damit, eine Geschäftsfrage zu stellen und darüber nachzudenken, was Sie ändern möchten. Danach brechen Sie die Frage ggf. in Unterfragen auf.

Etliche Unternehmen – insbesondere in UK, USA und Südost-Asien – nutzen bereits künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen, um die Erfahrung der Mitarbeiter und ihre Ergebnisse zu verbessern. Aber seien Sie nicht überrascht, wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie Probleme haben mitzuhalten – die Technologie, die mit KI und ML verbunden ist, verändert sich schneller, als die meisten Unternehmen nachziehen können.

Notwendige Fähigkeiten für Workforce Analytics

Unternehmen benötigen eine Balance aus Fähigkeiten, Technologien und Prozessen:

Sie benötigen diese Fähigkeiten:

  • Statistik, Datentechnik, Mathematik und Quantifizierung für die Modellierung.
  • Technologie-Know-how, Datenarchitektur und Datenmanagement zum Erstellen von Dashboards (Vorsicht: niedriger Reifegrad!).
  • Geschäftssinn, um ein Problem anzusprechen, stellen Sie Warum-Fragen, sprechen Sie mit Führungskräften, und beraten Sie sich mit Kunden.
  • Fachexperten für Arbeits- und Organisationspsychologie, Rekrutierung und Storytelling.

Berichtswesen und Analytics erfüllen unterschiedliche Anforderungen, so dass separate Analyse- und Reportingteams zur Verfügung stehen sollten – Ausnahmen bestätigen die Regel. Das Berichtswesen bezieht sich auf einzelne Datenpunkte und macht Aussagen zu Vergangenheit und Gegenwart. Analytics verbindet mehrere Datenpunkte, um Muster und Trends zu visualisieren, kann Aussagen in die Zukunft hinein tätigen sowie die Vergangenheit und Gegenwart darstellen.

Künstliche Intelligenz kann dabei helfen, Leistung und mitarbeiterseitige Kündigungen vorherzusagen, personalisierte Erfahrungen bereitzustellen und automatisierte Empfehlungen zu erstellen. Um KI und maschinelles Lernen zu nutzen, benötigen Sie ein einziges Datenerfassungs- und Speichersystem mit Daten, die den gesamten Beschäftigungslebenszyklus umfassen; dies ist bei meinen aktuellen Projekten leider die Ausnahme!

Cloud-basierte Datensysteme ermöglichen jedem dazu berechtigten Mitarbeiter Zugriff auf Analysen von mobilen Geräten und Desktops aus.

Achten Sie auf Vorbehalte, die mit maschinellem Lernen einhergehen. Zum Beispiel kann KI eine Korrelation finden, aber Menschen müssen immer noch Kausalität feststellen.

Fazit

Die Kernaussagen und Aha-Momente der „NextGen Workforce Analytics“-Tagung 2017 sowie das im Beitrag gezogene Fazit sind auch für die Tagung in NYC relevant.

Ohne an dieser Stelle auf die Analytics-Reifegrade im Detail einzugehen ist doch offensichtlich, dass es hierbei länderspezifische und kulturelle Unterschiede zu geben scheint. So standen beispielsweise folgende Stossrichtungen v.a. in New York im Fokus:

Predictive Analytics verwenden, um Kündigungstreiber zu finden. Wenn es schwieriger wird, Positionen zu besetzen, wollen Unternehmen so viele Mitarbeiter wie möglich halten. Wenn Sie feststellen können, welche Faktoren – Länge des Arbeitsweges, Arbeitsbeginn, Zeitdauer bis zur nächsten Beförderung, etc. – die Mitarbeiter am ehesten dazu veranlassen, aufzuhören, können Sie Massnahmen ergreifen, um mit denjenigen zu interagieren, die ein Kündigungsrisiko darstellen könnten.

Verwenden von Analysen, um die Leistung nachzuhalten und Aus- und Weiterbildungsprogramme zu rechtfertigen. Mitarbeiter mit bestimmten Eigenschaften oder die an einem bestimmten Kurs teilgenommen haben, können mit höherer Wahrscheinlichkeit eine gute Leistung erbringen. Sobald Unternehmen nachweisen konnten, dass bestimmte Weiterbildungsprogramme zu Beförderungen oder Leistungsverbesserungen geführt haben, erhielten sie zusätzliche Mittel, um diese fortzuführen.

Verwendung von Daten zur Verbesserung der Mitarbeitererfahrung. Während des Onboardings messen einige Unternehmen beispielsweise, wie lange es dauert, bis neue Mitarbeiter einen Laptop und einen Betriebsausweis erhalten. Sie möchten nicht, dass neue Mitarbeiter am ersten Tag nach Hause gehen und sich fragen, ob sie die richtige Entscheidung getroffen haben. Im Privatleben erwarten die Menschen personalisierte digitale Erfahrungen, Empfehlungen, Medien und Communities. Dies erwarten sie auch am Arbeitsplatz.

Im April 2018 werde ich in einem weiteren Beitrag zum Thema Workforce Analytics quasi den Startschuss für das WFA-Forum 2018 geben. Seien Sie gespannt!