Zusammenfassung:
Retention Management ist im Bewusstsein vieler Unternehmenslenker angekommen. Nun stellt sich die spannende Frage: What´s the Logic and the Business Impact of Retention Management?

Schlagwörter: Retention Management, Mitarbeiterbindung, Predictive Analytics, Unternehmenskultur, Führung, emotionale Bindung, affektives Commitment, Humankapital

Eine hohe Fluktuationsrate kann ein Indikator für Probleme innerhalb der Organisation sein. Sie kann auch symptomatisch sein für Unzufriedenheit der Mitarbeitenden oder das Vorhandensein von unsicheren und ungesunden Arbeitsbedingungen.

Hohe Fluktuationsraten können die Gesamtleistung eines Unternehmens negativ beeinflussen; dies kann zu direkten und indirekten Kosten für das Unternehmen führen, so beispielsweise Aufwendungen im Zusammenhang mit der Wiederbeschaffung von Mitarbeitenden sowie Kosten in Verbindung mit reduzierter Leistung und niedrige Arbeitsmoral.

Spielte die Fluktuationsrate bis vor kurzem noch besonders im Zusammenhang mit Leistungsträgern eine wichtige Rolle, so tragen die aktuellen Markttrends dazu bei, dass wir nun gemäss des 20:70:10-Ansatzes von bis zu 90 Prozent der Belegschaft sprechen, die es zu halten gilt, weil sie sich durch tiefes Fachwissen oder umfangreiche Praxiserfahrungen sowie möglicherweise auch exzellente Kontakte zu Kunden und Partnern auszeichnet!

Welche Faktoren sind bei der Mitarbeiterbindung besonders zu beachten?

Im Frühjahr dieses Jahres habe ich in mehreren Vorträgen und auch auf diesem Blog über zwei zentrale Frühwarnindikatoren berichtet, die in Bezug auf die Bindung von Mitarbeitenden hervorzuheben sind:

  • Führung – v.a. des direkten Vorgesetzten; und
  • emotionale Bindung (auch: affektives Commitment) der Mitarbeitenden.

Führung: Mitarbeitende beurteilen ihre Führungskräfte auch danach, nach welchen Werten diese agieren (Stichworte: wertebasierte Führung, Unternehmenskultur). Daneben spielen Führungsqualitäten – hierzu gehören regelmässige Gespräche/Information und organisierter Wissensaustausch – eine wichtige Rolle. Dies wird leider häufig durch Auswertungen von Exitinterviews bestätigt, in denen Mitarbeitende, die freiwillig gekündigt haben, angeben, dass sie dies aufgrund der mangelhaften Führungsqualität ihres direkten Vorgesetzten tun.

Emotionale Bindung: Das Gallup-Institut definiert eine solche Bindung als „die Begeisterung und das Engagement der Mitarbeitenden in ihre Arbeit; ein solcher Mitarbeiter ist begeisterungsfähig, emotional mit seiner Arbeit und seinem Arbeitgeber verbunden und produktiv“. Q12 steht in diesem Zusammenhang für 12 Fragen, mit denen diese emotionale Bindung evaluiert werden kann. Die folgenden vier halte ich für zentral:

  • Würden Sie einem Freund empfehlen, bei Ihrem Unternehmen zu arbeiten?
  • Haben Sie alles was Sie benötigen, um eine gute Arbeit zu leisten?
  • Bereitet Ihnen die Zusammenarbeit mit Ihren Kollegen Freude?
  • Ziehen Sie ernsthaft in Betracht, Ihr Unternehmen in den nächsten sechs Monaten zu verlassen?

Neben diese beiden Frühwarnindikatoren hebt Leigh Branham in seinem Buch „The 7 Hidden Reasons Employees Leave“ die folgenden Faktoren hervor:

  • Die Diskrepanz zwischen der gestellten Aufgabe und der ausführenden Person,
  • zu wenig Coaching und Feedback,
  • zu wenig Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten,
  • das Gefühl abgewertet zu werden und unerkannt zu bleiben,
  • Überlastung durch Überarbeitung und ein Ungleichgewicht der Lebensziele (Anmerkung: Ich umschreibe damit den häufig zu lesenden Begriff Work-Life-Balance, der mir nicht gefällt, weil damit die Begriffe Arbeit und Leben voneinander getrennt werden. Arbeit ist aber Teil des Lebens – ein sehr wichtiger sogar!)

Wie re-agieren Unternehmen nun auf diese Faktoren?

Im Mai 2011 hat die Personalwirtschaft im Beitrag „Eine Kultur zum Bleiben“ herausgestellt, dass sich das Bewusstsein für Bindung bei den Unternehmen bereits nach der letzten Rezession verbessert habe.

Der HR Report 2012/2013, den das Institut für Beschäftigung und Employability (IBE) jährlich mit dem Personaldienstleister Hays veröffentlicht, kommt zum Schluss, dass besonders Geschäftsführung und Fachbereiche die Bindung ihrer Mitarbeiter aktuell als Top-HR-Thema einstufen, jedoch bisher wenig dafür tun.

Die Studie der Leuphana Universität Lüneburg, die im letzten Jahr gemeinsam mit der MLP Finanzdienstleistungen AG als Partner aus der Wirtschaft durchgeführt wurde, lenkt den Blick auf Klein- und Mittelständische Unternehmen (KMU) und zeigt auf, wie Bindungsmassnahmen nach Geschlecht und Alter zu spezifizieren sind.

Um uns ein eigenes Bild zu machen haben wir in dieser Woche selbst eine Befragung in der D-A-CH-Region gestartet, die noch bis zum 20. September 2013 laufen wird. Wir untersuchen darin die derzeit in Unternehmen relevanten Bindungsmassnahmen und deren Umsetzungsgrad. Im Rahmen eines Workshops mit ORACLE am 2. Oktober 2013 in Baden (CH) diskutieren wir dann die Ergebnisse mit Unternehmensvertretern, vertiefen relevante Zielgruppen; dies auch unter den bereits oben geschilderten Diversity-Gesichtspunkten.

Fazit

Nach den bisherigen Erkenntnissen hat das Thema Retention Management (Bindungsmanagement) zwar an Bedeutung zugenommen, allerdings sind die Erfahrungsberichte rar. Mehr noch: Evidenz-basierte Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen sind die Ausnahme. Diese sind jedoch notwendig, um nicht – wie in HR leider zu häufig – ein Thema ohne nachweisbaren Beitrag zum Unternehmenserfolg auf die Agenda zu setzen und dafür Budget zu investieren.

Ein Positivbeispiel zum Schluss: Google hat eine Formel entwickelt, die für jeden Mitarbeiter die Wahrscheinlichkeit prognostiziert, dass er das Unternehmen verlassen wird. Das Wall Street Journal berichtete, dass Google´s Formel dem Unternehmen hilft, „get inside people´s heads even before they know they might leave“.

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